Die Zeiten sind wahrlich interessant und spannend. Es gibt viel scheinbar Neues zu sehen und Ungewohntes zu bestaunen. Tritt man allerdings einen Schritt in der Geschichte zurück, so wird deutlich, dass vieles doch nur „alter Wein in neuen Schläuchen ist“.
Ein Zitat von Albert Einstein angesichts der Wirtschaftskrise 1929 trifft den aktuellen Sachverhalt sehr gut: „Die Probleme, die es in der Welt gibt, sind nicht mit der gleichen Denkweise zu lösen, die sie erzeugt hat“.
Die aktuellen Diskussionen und Aktivitäten verkennen ein wesentliches Problem: Der technische Fortschritt vernichtet in der westlichen Welt mehr Stellen als er schafft. E-mails sorgen dafür, dass weniger per Post verschickt wird, daher muss die Post in den USA ca. 220.000 Arbeitsplätze abbauen. Amazon sorgt dafür, dass viele Büchereien nicht mehr überlebensfähig sind. Betrachten Sie Ihr tägliches Leben und Sie werden an vielen Stellen feststellen, dass der Mensch durch Technik ersetzt wurde. In der deutschen Ärztelandschaft geht man davon aus, dass ca. 50 Prozent aller durchgeführten Operationen nicht notwendig sind. Schätzungen gehen davon aus, dass in Europa 30 Prozent der Lebensmittel weggeworfen werden. Bei Medikamenten schätzt man die Quote noch höher. Das Problem ist also klar ersichtlich:
Wir erschaffen mehr Angebot, als Nachfrage da ist. Dieses Überangebot ist allerdings für unsere Arbeitsplätze relevant.
Das ist übrigens auch in China so. Dort gab es im Rahmen der Krise 2008 das (gemessen am BIP) größte Konjunkturpaket. Es waren ca. 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Seitdem hat das Bruttoinlandsprodukt in China großzügig gerechnet um rund 30 Prozent zugelegt.
Sie geben also 25 Prozent aus, um 30 Prozent zu wachsen? Linke Tasche, rechte Tasche.
Das Ergebnis sind geschätzte 60 Millionen leer stehende Eigentumswohnungen. Zur Vermeidung von sozialen Spannungen wird China in der nächsten Konjunkturabkühlung wieder groß investieren. Noch mehr Straßen, Häfen, Flughäfen usw. Noch mehr Angebotskapazität. Wer soll das alles kaufen? Wo sollen die Rohstoffe dafür langfristig herkommen ohne die Umwelt noch stärker zu beeinflussen?
Das Problem liegt schon lange auf der Nachfrage- und nicht der Angebotsseite. Auf der Zeitschiene konnte man dies in den westlichen Industrienationen mit unterschiedlichen Instrumenten lange im Hintergrund halten. In der EU-Peripherie wurden die Zinsvorteile durch die Euroeinführung dazu genutzt, die fehlende Nachfrage durch Aufblähung des Beamtenapparats zu kompensieren, in den USA gab es den Kreditboom usw. Gleicher Inhalt, nur andere Verpackung.
Dieses System funktioniert, weil wir ein ungedecktes und kreditbasiertes Tauschmittel, sprich Geld haben. Ohne Guthaben gibt es keine Schulden. Wenn die Schulden wachsen, dann muss deren Preis (Zins) eben sinken, um das System am Leben zu halten. Irgendwann funktioniert auch das nicht mehr.
An diesem Punkt kommt das ungedeckte Vermögen auf seinen realen Boden zurück. Kann der Schuldner nicht zahlen, dann hat nicht er, sondern der Gläubiger das Problem. Aus meiner persönlichen Perspektive sieht es nun so aus, dass dieser Prozess spürbar beginnt.
Vergessen Sie den Unsinn von globaler Kreditkrise: Wir haben eine individuelle Guthabenkrise. Der Schuldner hat nichts zu verlieren, der Gläubiger schon.
Daher gehe ich von einem Megatrend Entschuldung aus. Was das für den einzelnen bedeutet werden wir am Mittwoch diskutieren.
http://www.ypos-consulting.de/event/events/Megatrend_Entschuldung.html
Kommentare
eigentlich müsste der Staat doch die Vermögensbesitzer dazu auffordern,
auf Vermögensteile zu verzichten.
Was ändert sich denn wenn Frau Klatten 2 Mrd. weniger Spielgeld besitzt.
So könnte aber das Spiel am laufen gehalten werden, dass der Großteil der
Bevölkerung sich täglich krumm macht um sich wenigstens ernähren zu können
und ein kleiner Teil nicht Müde wird den Mehrwert abzuschöpfen um seine Macht
zu erhalten.
Das müsste doch auch bei den "Bilderbergern" auf nährhaften Boden fallen.
mfg
tatijilli
MfG
der Staat (das sind ja wir alle) wird auffordern. Allerdings ist es sicher clever verpackt. Alterseinkünftegesetz, Abgeltungsteuer usw. lassen grüßen.
Hallo and,
ob Technologien Arbeitsplätze schaffen ist immer von dem jeweiligen Punkt der Zeitachse abhängig. Sonst stimme ich voll zu.
im Großen und Ganzen stimme ich Ihnen zu, nicht jedoch, was die Arbeismarktpolitik anbelangt. Sicher sind viele Stellen durch den Fortschritt weg gefallen, es wurden aber andere geschaffen. Im wesentlichen sind die Stellen minimiert worden, die mit ungelernten Arbeitskräften besetzt waren. Fortschritt bedeutet auch, dass der Anspruch an die Bildung bzw. Ausbildung wächst. Da hat die Politik und die Wirtschaft geschlafen. Uns fehlen tausende Fachkräfte.
Schöne Grüße
Motte
ich hätte mal eine Frage: Ist die Überproduktion notwendig, um wachsende Wirtschaft zu generieren?
Wir produzieren tatsächlich zu viel. Wir konsumieren auch nicht soviel, wie wir produzieren. Das fällt nur deshalb nicht auf, da wir sowieso fast nie selber kaufen, was wir produzieren. Aber als Gesamtwirtschaft kann man nicht mehr produzieren wie konsumieren.
Warum haben wir denn täglich Stress, wenn es von allem zu viel hat? Es ist nicht vorgesehen, dass die Wirtschaft ohne Krise schrumpfen kann. Und dank der Globalisierung und billigem Transport ist der hinterste Chinese unser Mitbewerber. Jede Firma will, ja muss mit einem neuen Produkt die erste sein. Ob wir dieses neue Produkt schon jetzt benötigen, interessiert niemanden. Höchstens die Werbung redet uns ein, dass wir es unbedingt benötigen. Wir könnten ein Handy oder Auto doch locker doppelt solange nutzen. Wir müssten dann nur noch halb soviel arbeiten! Mit halb soviel Ressourcenverschleiss...
für Deutschland sieht das sicher anders aus als für die USA. Aber auch die Fachkräfte hängen von der Nachfrage ab und die ist immer volatiler.
Durch den Euro sind auch viel Billigjobs nicht mehr in Euroland, sondern den Emerging Markets. Der Wohlstand verschiebt sich in gewissen Bereichen.
Im wesentlichen ging es mir in der Aussage darum, dass wir auch mal auf die Nachfrage und nicht immer nur das Angebot schauen müssen.
Wir sind an die Grenzen des Wachstums gestoßen. Und unser Wirtschaftssystem funktioniert leider ohne Wachstum nicht. Es ist Zeit für einen Systemwechsel, denn sonst machen wir Erde und Menschheit kaputt. Auch Ich habe mehr Zeug als Zeit damit was anzufangen, trotzdem bekommt man eingeflüstert man brauche noch mehr.
Wir kommen jetzt in die Phase wo nur noch altes durch besseres ersetzt wird. Das ist auch gut so denn China und andere wollen auch was vom Kuchen (kWh) abhaben den zur Zeit hauptsächlich Amerika und Europa aufessen. Der Kuchen ist aber begrenzt, vor allem wenn die Öl-Förderate einbricht wird man das hart merken.
schreiben Sie mir mal eine e-mail (christoph.leichtweiss@lcp-finance.de) mit Stichwort Etappenstrategie. Dann schicke ich Ihnen einen Artikel dazu. Die Rechte liegen bei einem Verlag und daher muß ich diesen erst neu schreiben, aber Zeit ist gerade eng.
Das ist auf Dauer eine Fehlkalkulationen. Geld, Arbeit und Waren sind zum Fetisch einer degenerierten Wirtschafts- und Daseins-Ideologie geworden. Wir befinden uns längst in einer Phase der Simulation. Das Geld, das ursprünglich Tauschmittel für reale Waren und Dienstleistungen war, ist zu einer eigenständigen Industrie geworden, die sich von der Realwirtschaft weitgehend abgekoppelt hat, weil sie an global elektronisch vernetzten Börsen in Sekunden synthetische Gewinne generieren kann, die realwirtschaftlich unmöglich wären. Ebenso wie sich die industrielle Warenproduktion zunehmend vom realen Bedarf der Menschen abkoppelt. ARBEIT wird immer mehr zum sinnentleerten Selbstzweck in einer postindustriellen Gesellschaft, der die real sinnvolle Tätigkeit ausgeht, weil sie nicht mehr erforderlich ist – oder weil für sie kein Geld verfügbar gemacht wird, weil sie sich "nicht rechnet". Es werden heute bereits mehr kosmetische Operationen durchgeführt als medizinisch notwendige, auf die Patienten lange warten oder gar verzichten müssen. Aus Ärzten werden Kosmetiker.
In den Investment-Zentren der Banken betreiben zigtausende
Mitarbeiter die wundersame Geldvermehrung, während der Kundenservice reduziert wird auf den Push-Verkauf dubioser Finanzprodukte.
Bauern geben ihre Höfe auf, weil sie für gute Lebensmittel kaum noch Geld bekommen, da auch diese zunehmend zu synthetisiert werden.
Am perversesten ist jedoch die Super-Arbeitsbeschaffungs-maschine 'AGENTUR FÜR ARBEIT', die mit absurdesten Massnahmen Arbeit simuliert, wo real keine mehr gebraucht wird und mit Milliarden Beiträgen der Versicherten das Lohndumping zugunsten der Unternehmer und Aktionäre organisiert wird, indem man real entlassene Arbeitskräfte zu Kanonenfutter für die neue Wachstums-Industrie LEIHARBEIT macht. Ja, geht doch prima mit den neuen Arbeitswelt. Und das Geld arbeitet derweil an der Börse, ganz von selbst.
Warum das mit den vielen neuen Ersatz-Arbeitsplätzen für ALLE dennoch nicht klappen kann und klappen wird und welche Konsequenzen das für Europa und die Welt hat, kann man unter dem Begriff "Manifest Arbeit" googeln. Das leuchtet ein. Langsam, ganz langsam... scheinen das immer mehr Menschen zu begreifen.
Das wissen unsere lebensfrohen europäischen Nachbarn und erwarten so ganz selbstverständlich, dass die vor jeder Stechuhr hackenknallenden, diensteifrigen Preussen geradezu besessen sind, ihre Schuldenprasserei abarbeiten zu dürfen. Alle Länder freuen sich, dass ihnen Deutschland die Arbeit wegnimmt mit seinen Dumpinglöhnen... und nun auch noch die Schulden. – Und die Politiker wissen, mit welchem Zauberwort man hier die Wahlen gewinnt: nicht mit '10 Euro Mindestlohn', sondern mit 'Hauptsache Arbeit' ! Das klappt immer.
Aber, wer führt endlich die Deutschen aus dem 19.Jahrhundert
in die Realität des angehenden 21sten? – Das wagt noch kein Politiker. Und das ist auch das Problem: Lieber verhungern als keine Arbeit? – Oder am besten beides gleichzeitig. Das bringen ihnen unsere Krisenmanager in Berlin bald auch noch bei. Das Aufstocken klappt ja schon ganz gut.
Was hat man mit diesem Volk in seiner Geschichte nur gemacht?