Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hat kürzlich ihren Verbraucherhinweis zu Umtauschangeboten erneuert. Hintergrund dieses Hinweises sind die teilweise fragwürdigen Angebote zum Aktienumtausch, die entsprechenden Anteilseignern immer wieder unterbreitet werden. Es lassen sich teilweise durchaus dubiose Machenschaften hinter den Angeboten vermuten, daher ist eine gewisse Aufmerksamkeit gefordert, wenn Sie als Anleger ein solches Angebot erreichen sollte.

 

Aktientausch in der Theorie

Ein Aktientausch oder Aktienumtausch ist ein legitimes Mittel des deutschen Rechts, um seitens einer Kapitalgesellschaft Anteile eines anderen Unternehmens zu erwerben, wobei eigene Aktien als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Dies ist in der Regel bei Übernahmen der Fall, wo die Aktien eines Unternehmens im Falle ganz im Vermögen der übernehmenden Gesellschaft aufgehen. Es ist dabei auch nicht unüblich, dass die zum Tausch eingesetzten Aktien aus einer Kapitalerhöhung stammen. Ein prominentes Beispiel eines Aktientauschs aus der jüngeren Zeit ist die Fusion der beiden Börsenbetreiber NYSE Euronext und Deutsche Börse AG. Hier hat das Gros der Anteilseigner dem Tausch zugestimmt und es wird zudem eine Sonderdividende von 2 Euro je Aktie per Fusionsabschluss zugesichert. 1)

 

Lücke für fragwürdige Aktivitäten

In der Regel können börsennotierte Unternehmen solche Umtauschangebote stellen. Diese werden dann als „freiwilliges öffentliches Umtauschangebot” publiziert. Für die Verbreitung solcher Nachrichten ist beispielsweise der elektronische Bundesanzeiger (www.ebundesanzeiger.de) zuständig. Nach den Vorschriften des Wertpapier- und Übernahmegesetzes (WpÜG) muss die BaFin eine solche Veröffentlichung erst gestatten, außer bei Unternehmen, deren Aktien lediglich im Freiverkehr an deutschen Börsenplätzen gehandelt werden. Umtauschangebote in diesem Bereich unterlägen zumindest noch der so genannten Prospektpflicht laut Wertpapierprospektgesetz (WpPG), doch selbst diese entfällt, sollte das Volumen der Umtauschaktion über den Zeitraum von zwölf Monaten unter 100.000 Euro liegen. 2)

 

Umtauschangebot aus Anlegersicht

In der Praxis sähe ein Umtauschangebot für Aktionäre generell so aus, wie das Angebot der iEnergy AG mit Sitz in Zug an die Aktionäre der Solar Millenium AG, deutsche Gesellschaft mit Sitz in Erlangen. Die entsprechende Veröffentlichung ist per 3. November 2010 im elektronischen Bundesanzeiger zu finden. 3) Aber auch sonst bestätigen sich die Damen und Herren aus Zug sehr rege mit Umtauschangeboten. Insgesamt möchte besagte iEnergy AG konkret nun für je eine Solar-Millenium-Aktie je 2,5 Aktien der Smart Grids AG tauschen. Der Bestand umfasst dabei insgesamt 1.500.000 Aktien von Smart Grids.

Genau hier sollten Sie als Anleger aufmerksam sein und zunächst eine Recherche anstellen. Die Smart Grids AG (WKN: A0CBDT) wird zwar in Frankfurt gehandelt, jedoch unter geringem Volumen von wenigen Tausend Stück pro Tag. Bei solch illiquiden Werten ist die Veräußerung großer Positionen am Markt schwierig. Man wird keine Käufer finden, ohne den Kurs merklich zu drücken. Die Marktkapitalisierung beträgt aktuell 20,68 Millionen Euro, dabei sind insgesamt 2.800.000 Aktien im Umlauf. Schon hier fällt auf, dass über das Tauschangebot also mehr als die Hälfte der Smart-Grids-Aktien den Besitzer wechseln sollen. Zu aktuellen Geschäftszahlen beziehungsweise Fundamentaldaten lässt sich wenig erfahren. Es lässt zudem aufhorchen, dass die Smart Grids AG vormals unter dem Namen BRG Vermögensverwaltung AG firmierte. 4)

 

Wachsamkeit ist gefragt

Transparenz ist etwas anderes. Als Anleger gilt es, sich zu fragen, ob man eine solche Aktie bei all der Auswahl aktuell kaufen beziehungsweise generell besitzen möchte. Es gibt durchaus Alternativen. Im Falle dieses Angebotes ließen sich die Zweifel auch extern bestätigen. So mutmaßen Experten von SdK Aktionärsnews: „Die wenig fungiblen Smart Grid-Aktien könnten in leicht veräußerbare Solar Millenium-Aktien getauscht werden und dann schnellstmöglich verkauft werden” und am Ende heißt es deutlich „Finger weg von diesem Angebot”. Dem kann man sich nur anschließen. 5)

Tatsächlich ist auch die Solar Millenium AG (WKN: 721840) mit knapp 200 Millionen Euro fast zehnmal so hoch kapitalisiert, von einer geplanten Übernahme kann hier keine Rede sein. Zuletzt ist auffällig, dass die Aktie von Smart Grids kurz nach besagter Veröffentlichung im Bundesanzeiger ihr Allzeit-Hoch von 10,69 Euro erreichte, um bis heute auf 7,00 Euro abzustürzen. Ein Rückgang von immerhin knapp 35 Prozent.

 

Tiefer in die Trickkiste

Die Motivation der BaFin, die hinter dem erneuten Hinweis liegt, speist sich jedoch aus richtig dubiosen Meldungen. Diese sind zwar soweit legal, aus Anlegersicht jedoch höchst bedenklich. Konkret weist die BaFin darauf hin, dass „derzeit vor allem Inhaber von Fondsanteilen aus vorübergehend geschlossenen Immobilienfonds” Empfänger dubioser Angebote seien und „vor einer Anlageentscheidung auf die Vorlage von Unterlagen wie etwa - von Wirtschaftsprüfern geprüften - Jahresabschlüsse” bestehen sollten. Hintergrund seien die Bedenken der BaFin bei den zum Tausch angebotenen Aktien, da „deren Werthaltigkeit fraglich” sei. 6) Übersetzt in alltägliches Deutsch: Da werden Leute über’s Ohr gehauen.

Eine dieser Meldungen im elektronischen Bundesanzeiger wird die der Sarchem AG aus Baar, Schweiz, sein, die am 23. Mai ein freiwilliges Umtauschangebot an die Fondsinhaber des DEGI EUROPA (WKN: 980780) erließ. Zum Tausch werden Aktien einer GRÜEZI Real Estate AG (WKN: A0LR42) angeboten. Deren Chartverlauf spricht bereits Bände. Seit der Unterbreitung des Angebots im Mai hat der Kurs etwa zwei Drittel verloren. Die Aktie steht bei 41 Cent. Da wird sich wohl auch sonst niemand mehr finden lassen, der gewillt ist, einen DEGI-Fondsanteil von aktuell 35,09 Euro für 30 GRÜZI-Aktien zu tauschen, denn diese wären momentan lediglich noch 12,30 Euro wert. Anleger, die jedoch im Mai auf das Angebot eingingen, wurden böse überrascht. Kurioserweise sitzt auch die GRÜEZI Real Estate AG in Berlin und außerdem wird in der Publikation darauf hingewiesen, dass sie „für einen Verkaufspreis von weniger als 100.000 Euro” veräußert wird. 7)

Sogar die Fonds-Gesellschaft Aberdeen Asset Management distanziert sich auf ihrer Homepage von den Angeboten und führt an, dass sie „mit den Umtauschangeboten in keiner Weise in Verbindung steht und dieses Angebot auch in keiner Weise unterstützt”. 8) Spätestens hier wäre wohl die vorsichtige Frage erlaubt, ob der Gesetzgeber hier nicht die Verbraucher bzw. Kleinanleger ein wenig besser schützen könnte. Diese beinahe schon grotesken Machenschaften dienen offensichtlich nur dem Verscherbeln quasi wertloser Aktien an ahnungslose Kleinanleger, da dies bei großen Mengen direkt über die Börse schlicht keine Abnehmer finden würde. Was stattfindet ist eine Umverteilung.

 

Die Quintessenz

Der Hinweis der BaFin erfolgte zu Recht. Nach eingehender Recherche ließen sich die dargestellten Fälle belegen und die Warnungen der Aufsichtsbehörde bestätigen. Es gibt jedoch einen finalen Fall, der alledem die Krone aufsetzt. Am 4. Juli erreichte den Bundesanzeiger ein „Freiwilliges öffentliches Umtauschangebot an die Inhaber von Fondsanteilen des DEGI International”, also einem nahen Verwandten des behandelten DEGI Europe. Das Angebot brachte eine gewisse iEnergy AG aus Zug ein und zum Tausch stehen, Sie ahnen es bereits, Aktien einer Smart Grid AG aus Berlin. 9)

Hier schließt sich der Kreis, hier zeigt sich eindeutig, dass den finsteren Herrschaften hinter all diesen dubiosen Firmen und Gebaren alle Mittel Recht sind. Ob die BaFin letzteren Fall kennt und sich den Verstrickungen bewusst ist? Schlussendlich kann nur erneut betont werden, dass Sie als Anleger stets auf der Hut sein und einen kühlen Kopf bewahren sollten.

 

Redaktion cashkurs, Felix Albus

 

 

Einzelnachweise:

 

1)  Aktientausch - Deutsche Börse darf mit NYSE fusionieren, manager magazin, 18.07.11, http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/0,2828,774962,00.html

 

2)  Hinweis der BaFin zum vermehrten Auftauchen von Umtauschangeboten an Inhaber von Aktien, Zertifikaten und Fondsanteilen, 19.12.08, http://www.BaFin.de/nn_722758/SharedDocs/Mitteilungen/DE/Verbraucher/VM__Weitere/vm__081219__umtauschangebote.html

 

3)  Freiwilliges öffentliches Umtauschangebot an die Aktionäre der Solar Millenium AG, elektronischer Bundesanzeiger, 3.11.10, https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet?session.sessionid=089dafeb5a4cbdd12baa26b081434e10&page.navid=detailsearchlisttodetailsearchdetail&fts_search_list.selected=40ea27874f605781&fts_search_list.destHistoryId=66586

4)  OnVista Detailansicht Smart Grids AG, http://www.onvista.de/aktien/snapshot.html?ID_OSI=11132350&SEARCH_VALUE=A0CBDT

 

5)  Solar Millenium fragwürdiges Übernahmeangebot, aktiencheck.de, 9.11.10, http://aktiencheck.de/analysen/Artikel-Solar_Millennium_fragwuerdiges_Uebernahmeangebot-3577577?secu=746169

 

6)  BaFin erneuert Verbraucherhinweis zu Umtauschangeboten, http://www.bafin.de/cln_171/nn_722564/SharedDocs/Artikel/DE/Service/Meldungen/2011/meldung__110513__umtauschangebote.html?__nnn=true

 

7)  Freiwilliges öffentliches Umtauschangebot an die Fondsinhaber des DEGI EUROPA, 23.5.11, elektronischer Bundesanzeiger, https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet?session.sessionid=089dafeb5a4cbdd12baa26b081434e10&page.navid=detailsearchlisttodetailsearchdetail&fts_search_list.selected=8336b0c64644deb8&fts_search_list.destHistoryId=75501

 

8)  Wichtiger Hinweis zu Umtauschangeboten, Website Aberdeen Immobilien, http://www.aberdeen-immobilien.de/aam.nsf/germanyImmobilien/international

 

9)  Freiwilliges öffentliches Umtauschangebot an die Inhaber von Fondsanteilen des DEGI International, elektronischer Bundesanzeiger, 23.5.11, https://www.ebundesanzeiger.de/ebanzwww/wexsservlet?session.sessionid=089dafeb5a4cbdd12baa26b081434e10&page.navid=detailsearchlisttodetailsearchdetail&fts_search_list.selected=47cf33fe3d799b81&fts_search_list.destHistoryId=75501

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