Kein Beinbruch für Aktionäre – Funktionieren Dividendenstrategien nicht mehr? – Oder müssen nachhaltige Qualitätsaspekte berücksichtigt werden?

Bruno Hidding

 

Alle Jahre wieder, jedenfalls seit der Kiellegung des Index im Jahre 2005, nimmt die Deutsche Börse im September ihre Anpassungen im Dividenden-DAX, genannt DivDAX vor. Die Meldung war auch dieses Mal lapidar: Die Aktien von Merck KGaA, Linde, Volkswagen und Beiersdorf scheiden aus dem DivDAX aus. Was ist da los? Haben letztere Unternehmen die Dividende gesenkt? Geht es denen schlecht? Muss man diese Aktien verkaufen? Nichts von alledem.

Ein Blick auf die Renditen der genannten Papiere zeigt schnell, dass die neuen DivDAX-Titel sämtlich besser abschneiden als die Ausscheidenden. Lufthansa 5,45%, Daimler 5,12%, MAN 3,49% und BMW 2,30%. Demgegenüber: Merck 2,09%, Linde 2,15%, VW 2,04% und Beiersdorf 1,69%. Soweit wurde also nur der Definition des DivDAX Genüge getan. Doch interessiert Anleger stellen sofort die Frage, was das für ihre Anlagedisposition bedeutet. Sollen sie, gerade wenn man ein Dividenden-Fan ist, nun auch die schwächer rentierenden Werte aus dem Depot werfen und in die höher rentierenden tauschen?

Anliegen des DivDAX war, gerade für konservative, defensiv ausgerichtete Anleger solche dividendenstarke und damit meist weniger schwankungsanfällige Aktien zu bündeln, um deren Vorteile zu optimieren. „Durch die Auswahl der Konstituenten nach Dividendenrendite bildet der DivDAX wirtschaftlich besonders starke und solide Unternehmen ab und erreichte auf diese Weise in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche Outperformance gegenüber anderen Vergleichsindices“, formuliert die Deutsche Börse.

 

Es geht um die nachhaltig gezahlte Dividende

Im Prinzip, memento Radio Eriwan, ist das richtig. Eine der Schwächen ist nur, dass es für denn aufgeklärten Anleger natürlich auf die Qualität der Dividende und ihre Nachhaltigkeit ankommt. Ein Blick auf die von der Börse zu ihrem Stichtag genannten aktuellen Werte im Index weckt Nachdenklichkeit: Telekom mit einer Rendite von 8,28%, Eon mit 9,64% und dann RWE mit sage und schreibe 13,59%. Das sind Renditen, die auf historischen Dividenden gründen und jeder weiß, dass diese Dividenden nicht noch einmal gezahlt werden (können)., jedenfalls bei Eon und RWE nicht; und bei Telekom steht nur der hohe cash flow für die Dividende, aber nicht der Gewinn.

Nun zu Schwachpunkt No.2. Die zugrunde gelegten historischen Dividendenrenditen sind zuletzt so toll gestiegen, weil die Kurse der jeweiligen so stark gepurzelt sind. Und je stärker eine Aktie verlor, desto stärker – Adam Riese! -  hat sich ihre Dividendenrendite nach oben entwickelt. Ganz deutlich zu sehen vor allem bei RWE und Eon. Reziproke Überlegung dazu: Hätte also zum Beispiel der Kurs der Merck-Aktie deutlich stärker nachgegeben, vielleicht so wie RWE und Eon, wäre entsprechend auch die Dividendenrendite der Merck–Aktie in den Himmel gestiegen, und die Aktie wäre im DivDAX geblieben. Dumm für die Merck-Aktie eben ,dass sie sich in den letzten eher schwachen DAX-Monaten wesentlich besser geschlagen hat. Was zeigt, dass Anleger sich in Bezug auf das Ausscheiden aus dem DivDAX keine grauen Haare wachsen lassen sollten.

Der DivDAX ist ganz schön volatil

Wären noch zwei andere, für Anleger ausgesprochen wichtige Punkte anzumerken. Merck hat in diesem Jahr die Dividendenausschüttung von 1 auf 1,25 Euro erhöht! Zum anderen hat der DivDAX sich in den letzten Jahren eigentlich gar nicht ruhiger und stetiger präsentiert als der DAX, was immer in Bezug auf Dividendenstrategien als Argument angeführt wird und was auch 2005 der Grund für die Schaffung dieses DivDAX gewesen war. Wer sich einmal für die letzten Jahre ein Chart mit DAX und DivDAX, beide natürlich als Performance-Indices, auf den Bildschirm holt, staunt ganz schön. Von Anfang 2002 bis Ende 2007 ist der (zurückgerechnete) DivDAX dem DAX deutlich davon gelaufen. Dann, bis Anfang 2009, war der Kursabfall aber deutlich steiler und ging der gesamte, vorher geschaffene Vorsprung wieder verloren. Anschließend das gleiche Spiel. Bis etwa Mitte 2011 dem DAX wieder deutlich weggelaufen, um in den letzten Wochen deutlich stärker als der DAX einzubrechen. Das gesamte Verlaufsbild ist also wesentlich volatiler als beim DAX 30, nicht stetiger. Offensichtlich entwickeln also die Dividendenjäger in Krisenphasen große Ängste, dass ihre schönen Dividenden in Gefahr geraten könnten. Das lässt den perversen Gedanken aufkommen, „gut dass Merck nicht mehr im DivDAX ist“.- Und mit der „kontinuierlichen Outperformance“ wie die Deutsche Börse formuliert, ist es auch nicht weit her. Und die besonders starken Kursausschläge dürften die Stetigkeit suchenden Anleger verschrecken und zur Unzeit zum Aussteigen veranlassen.

 

Dividende ist nicht gleich Dividende

Bleibt zu fragen, ob damit also die schöne alte Dividenden-Strategie nicht mehr funktioniert? Kann es etwa daran liegen, dass diese Theorie inzwischen zu bekannt ist und von zu vielen Anlegern verfolgt wird, was dann ihr Versagen zur Folge hat? Oder liegt es daran, dass der DivDAX ganz unreflektiert und mathematisch arbeitet, also keine Qualitätsaspekte in Bezug auf die gezahlten Dividenden mit ins Kalkül zieht? Eine Überlegung, die einen zweiten Blick auf Dividendenstrategien, auf den Verlauf anderer Dividenden-Indices mit dem Einbau von Qualitätskriterien, auf Dividenden-Fonds und auf international bekannte Dividenden-Werte rechtfertigt. Denn eigentlich sollten doch gerade in solchen Niedrigzinsphasen wie derzeit dauerhaft gute und nachhaltig hohe Dividenden von Anlegern besonders geschätzt werden mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kursentwicklung. (wird fortgesetzt)

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