Scheußliches Jahrzehnt, verlorene Dekade, Schuss in den Ofen – so wird in verschiedenen Artikeln der Finanzmarkt der letzten zehn Jahre abgerechnet. Zu den besten Anlageklassen gehörten neben Rohstoffen und Anleihen die Edelmetalle. Mist! dache ich, das Zeug ist inzwischen verdammt teuer geworden, so teuer, dass mancher  Experte jetzt von einer Blase spricht. Für eine nicht „vershoppte“ Geldeinheit bekommt man immer weniger von diesen Stoffen. Eine Umfrage der London Bullion Market Association (LBMA) geht von einem Silber-Durchschnittskurs von 19.02 USD aus, nach 14.67 USD im letzten Jahr. Wieso rechnet man den Preis in diesen komischen US-Dollars? Moment! Silber stieg von 3.51 USD im Jahr 1991 auf jetzt 18.50 USD - eine wichtige Nachricht für alle US-Amerikaner. Anders gerechnet verlor Bargeld gegenüber Silber pro Jahr 9,1 Prozent an Kaufkraft, zumindest statistisch gesehen.

Gold sollte in diesem Jahr bei durchschnittlich 1.199 USD notieren, 23 Prozent höher als 2009, besagt diese Umfrage unter 25 Händlern und Analysten der LBMA. Nein, es wurde nicht explizit ausgewiesen, was die Damen und Herren vor der Befragung zu sich genommen haben, was aber auch keine Rolle spielen dürfte, denn was sagt uns diese Umfrage? Nichts. Es ist der Mittelkurs aus Erfahrung, Hoffnung, Positionierung und Wunsch. Es wäre gleichzeitig das neunte Jahr mit einem Zuwachs beim Goldpreis, heißt es. Man könnte hier an der Stelle noch weitere 235 Umfragen auswerten, was ich Ihnen und mir hiermit erspare.

Wenn die Verbraucherzentralen eines Tages einen Pro-Gold-Kurs einschlagen oder physisch Silber empfehlen würden, erst dann schrillten bei mir die Alarmglocken. Aber davon ist heute nicht wirklich auszugehen. Vielleicht später. Wir wissen nicht, was kommt, aber so einiges ahnen kann man schon. Wertet unser Bargeld und das auf den Konten auf? Was passiert mit dem Euro? Es stellt sich letztlich die Frage, in welcher Form man zumindest einen Teil seiner Ersparnisse parkt, wenn die Geldmenge immer weiter verdünnt wird. Bargeld? Anleihen? Aktien? Immobilien? Rohstoffe? Ravioli-Büchsen? Edelmetalle? Vielleicht von allem etwas? Apropos parken...

Mein Schreibtisch steht an einem Fenster mit Blick zur Straße. Nicht dass der Blick hübsch wäre oder von Interesse für die Allgemeinheit, es ist aber eine Form von Unterhaltung so zwischendurch, den Leuten beim Ein – und Ausparken zuzusehen. Wie vorsichtig man hierbei doch sein kann. Wenn es ums eigene Geld geht, müssten alle Autofahrer blond sein, zumindest statistisch gesehen. Doch das Geld parkt man heute meist nicht mehr selbst ein, sondern überlässt das den Entscheidungen der Anlageberater. Diese Einparkhilfen versagten meist ihren Dienst, denn Befehle von oben verhinderten oft eine sinnvolle Positionierung. Und so haben fast alle die Verdopplung der Edelmetallpreise in den letzten fünf Jahren verpasst. Der Trend der steigenden Kurse setzte sich auch in den ersten acht Handelstagen des neuen Jahres fort, mit einem Plus bei Silber von zehn Prozent, bzw. einem Minus beim Bargeld in der gleichen Höhe...

 

Anziehende Nachfrage

Erste Zahlen der Abrechnung gibt es aus Amerika, wo die Silbermünze „American Eagle“ geprägt wird. Die 2009er Münze ist inzwischen vergriffen, weshalb die Preise auf dem physischen Markt auf nun 16 Euro pro Unze angestiegen sind. Die Konkurrenzmünzen „Philharmoniker“ und „Maple Leaf gibt es um die 15,50 Euro pro Stück, Kilomünzen (Koala, Kookaburra, Libertad) kosten ca. 500 Euro. Mist! 400 Euro wären mir lieber.

Die US-Mint hat im letzten Jahr 29 Millionen Silber-Eagles verkauft, neun Millionen Mehr als im Jahr 2008.

 

 

In Österreich wurden 1,6 Millionen Gold-Philharmoniker geprägt, 600.000 mehr als im Jahr 2008. Bei Silber sieht es noch interessanter aus. Der seit Februar 2008 geprägte Silber-Philharmoniker wurde neun Millionen mal verkauft, allein im Dezember ging eine Million Münzen aus der Presse, wovon 75 Prozent ins Ausland verkauft wurden. Rechnet man beide Münzarten zusammen und verteilte diese auf alle Deutschen, hätte jeder nicht mal eine halbe Unze im Gegenwert von 9 Euro abbekommen. Hmmmm.....

Neun Euro sind im Vergleich zu dem Finanzmaterial, das weltweit herumgeistert, eigentlich nicht viel. Um eine Unze Silber müssen sich jetzt sechs Erdenbürger streiten, denn oberirdisch gibt es nur handelbare Bestände von ca. einer Milliarde Unzen. Dagegen stehen nach neuen Berechnungen für jeden Bürger 818 USD in Gold zur Verfügung, ein Fliegenschiss im Vergleich zu den Bergen an festverzinslichen Wertpapieren. Hier muss man sich nicht anstellen, denn jeder Erdenbürger könnte prompt für 13.000 USD solche Papiere kaufen und gleichzeitig noch für 6.650 USD Aktien.

Ach, wissen Sie, es war noch nie einfach in diesen Finanzmärkten. Man sollte das Meiste auf die eigenen wirklichen Bedürfnisse anpassen und sich in Bescheidenheit üben. Schaue ich mich um, höre ich jetzt von einer neuen Modewelle: „Entschulden durch Verschulden“, was nichts anderes bedeutet, dass, wenn der Staat Schulden macht, das Wachstum gedeiht und mehr Steuereinnahmen zurück fließen. Das ist in etwa so als ob man mehr trinken muss, um nüchtern zu werden, ein Rezept aus irgendeiner keynesianischen Finanzküche. Darauf eine Unze!

In Zeitungen wird von möglichen Staatsbankrotten geschrieben. Vor zwei Jahren war die Welt noch in bester Ordnung, auch in Griechenland, Island, Irland, Portugal, Spanien und Italien. In den USA, Großbritannien und Japan sowieso. Niemand weiß, wann es passiert und was dann passiert. Auch von Inflation und ihrer Hyper-Form wird geschrieben, vom Beginn einer „Katastrophen-Hausse“,  gleichzusetzen mit einem Crack-Up-Boom. Ich weiß nicht, was ich davon zu halten habe, aber mein Bauchgefühl sagt, dass es 2010 so weiter geht wie 2009, mit der gleichen Herausforderung, sein Gespartes in einer Form zu parken, die eintreffende Schwierigkeiten zumindest geldlich umschiffen vermag. Das mit den Ravioli oder dem Zentner Nudeln ist nicht wirklich die beste Form, wenn diese später verderben. Obwohl - unser Bargeld steht Nudeln auf der Zeitachse nicht viel nach.

Charttechniker sind sich sicher, dass Silber später irgendwann weit höher notieren wird als heute (und Bargeld tiefer). Auch da bin ich mir nicht sicher, weiß aber, dass eine Unze eine Unze bleiben wird, egal, wie man das Metermaß oder das Ur-Kilo malträtieren wird, wenn es die Umstände erfordern.

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