"An der Börse wird Zukunft gehandelt!". Diese Erkenntnis ist im gleichen Maße eine Börsenweisheit, wie sie eine Binsenweisheit ist. Doch was die Zukunft bringt, ist die große Frage. Welche Zukunftsmärkte sind attraktiv? Welche Technologien werden sich durchsetzen? Welche Aktien werden von den Zukunftstrends profitieren können? Ist es überhaupt ratsam, in solch wirtschaftlich unsicheren Zeiten, in Zukunftsmärkte zu investieren? Im Folgenden werden wir uns damit beschäftigen, welche Zukunftsbranchen interessant sind bzw. ob gegenwärtig ein günstiger Einstiegszeitpunkt ist, um in sie zu investieren.

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„Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus 2 Schriftzeichen zusammen - das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“, lautet ein berühmtes Zitat von John F. Kennedy. (Eine kleine Anmerkung am Rande: Zwar ist diese Aussage sprachwissenschaftlich gesehen nicht einwandfrei, aber ohnehin geht es um die enthaltene Botschaft…) Und in der Tat: Die Börsengeschichte hat gezeigt, dass sich Krisenzeiten auch als sehr gute Kaufgelegenheiten herausgestellt haben. Der Anleger, der in Rezessionsphasen oder während panischer Marktstimmung in Aktien eingestiegen ist, wurde in Vergangenheit für seinen Mut meist mit kräftigen Kurssteigerungen belohnt.

 

Überlebensstrategien

Werfen wir einen Blick darauf, wie Unternehmen in Krisenzeiten reagieren, und mit welchen Maßnahmen sie versuchen, ihre Existenz zu sichern. Wie in der aktuellen Krise auch wieder, ist dann das große Kostensparen angesagt. Zumeist besteht der erste Schritt darin, Personal zu entlassen. Die Unternehmen versuchen sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Derjenigen Geschäftsfelder, die eher als "nicht-prioritär" eingestuft werden, versucht man abzustoßen.

Die besten Karten haben diejenigen Betriebe, die solide finanziert sind. Eine niedrige Fremdkapitalquote und eine gute Liquiditäts-Struktur verschaffen ihnen wichtige Wettbewerbsvorteile. Sie können dadurch die Durststrecken besser überstehen. Ein wichtiger Grund, warum Value-Investing - vor allem während Krisenzeiten - eine so erfolgreiche Strategie darstellt.

Die teils drakonischen Sparmaßnahmen, die in schwierigen Zeiten durchgeboxt werden, sind jedoch eher kurzsichtiger Natur. Das gleiche Vorgehen hat auch in den 30er Jahren, während der Großen Depression, stattgefunden. Doch die Unternehmen, die schon weiter gedacht haben, haben den Innovationsfaktor nicht außer Acht gelassen. Beispielsweise haben sich IBM und Ford stärker auf ihre Fähigkeiten, innovative Produkte zu schaffen und die Forschung voranzutreiben, konzentriert als ihre Konkurrenten. Nachdem die Depression ausgestanden war, befanden sie sich damit in einer deutlich gestärkten Wettbewerbsposition.

Anhänger der Fundamentalanalyse, die in Krisenzeiten „value-strategisch“ vorgehen, und Ausschau nach Aktien unterbewerteter und solide finanzierter Unternehmen halten, sollten nicht nur quantitative Faktoren des Unternehmens einer sorgfältigen Prüfung unterziehen. Die qualitativen Faktoren wie Innovationsfähigkeit oder Know-How werden bei der Analyse nicht selten unterschätzt.

 

Die langen Konjunkturwellen

Insbesondere, wenn eine Krise vor oder am Anfang eines so genannten Kondratieff-Zyklus einsetzt, bieten sich sehr gute Möglichkeiten, um von dem Siegeszug neuartiger Schlüsseltechnologien zu profitieren. Die nach dem russischen Wissenschaftler Nikolai D. Kondratieff benannten Zyklen sind quasi die langen Wellen der Konjunktur. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts haben sich alle 40 bis 60 Jahre neue Schlüsseltechnologien entwickelt, die das gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leben der Menschen grundlegend verändert haben. Bis jetzt hat es fünf große Wellen gegeben. Die erste hat um 1800 mit der Dampfmaschine die „industrielle Revolution“ eingeleitet. Ca. 40 Jahre später setzte mit der Eisenbahn ein umfassender Wandel im Transportwesen ein. Um 1900 hat die Elektrifizierung, ein paar Jahrzehnte später das Automobil und vor gut 20 Jahren die Informationstechnologie für sozio-ökonomisch bedeutende Technologieschübe gesorgt. Für den geduldigen Anleger, der die Zeichen der Zeit erkannt, und seine Aktienengagements als langfristige Investitionen in Zukunftsbranchen betrachtet hat, hat sich das Warten oft ausgezahlt. Und wann kommt die nächste Welle? Wenn eine einfache lineare Extrapolation angewandt wird, gegen 2030… Voraussichtlich werden wir jedoch nicht so lange warten müssen. Denn die Innovationszyklen werden immer kürzer. Die sechste Welle kündigt sich schon an.

 

Auf der sechsten Welle reiten

Der sechste Kondratieff-Zyklus wird gemeinhin mit der Überschrift „Gesundheit“ tituliert. Branchen wie die Biotechnologie, die Pharmazeutik, die Medizintechnik, Krankendienstleistungen oder auch Wellness gelten als die Megatrends der Zukunft. In den Medien begegnen uns zudem auch permanent weitere Zukunftsmärkte wie z.B. die Bereiche Alternative Energien, Multimedia, Telekommunikation oder Nanotechnologie. Mit derartigen Zukunftsthemen ist sehr viel Phantasie verbunden, wäre da nur nicht… die Finanzkrise! Zugegebenermaßen bin ich sehr skeptisch und besorgt, was die Zukunft der Weltwirtschaft angeht. Ein möglicher deflationärer Schock, auf den eine zweistellige Inflationsrate folgt, ist meines Erachtens nicht ausgeschlossen. Doch gleichzeitig sind einige Zukunftsbranchen bzw. Hochtechnologien trotz Krise auf dem Vormarsch. Zudem ist noch einige Liquidität im Markt, die investiert werden will. Solange die Musik auf der „Aktien“- bzw. „Aufschwung-Party“ weiterläuft, lässt sich mitfeiern. Und wer sich bewusst ist, dass die Feier einem Tanz auf dem Vulkan gleicht, und die nötigen Vorbereitungen für den Fall eines Ausbruchs getroffen hat, kann das Tanzbein viel gelassener schwingen. Die Vorsichtsmaßnahmen sollten in einer sicherheitsorientierten Portfolio-Aufteilung (Stichwort physisches Gold / Value-Aktien) sowie in einem konsequenten Money- und Risiko-Management (Substanz erhalten / Verluste begrenzen) liegen. Wer sich mit Derivaten auskennt (!), und beispielsweise die Anwendung von Optionsscheinen beherrscht, kann diese auch zur Depotabsicherung nutzen.

 

Defensive Anlagen 2.0

Dieser Begriff drückt aus, dass zu den klassischen defensiven Titeln der Lebensmittel-, Energie- und Pharma-Branche auch solche dazugekommen sind, die der digitalen Technologie bzw. der Telekommunikation zuzuordnen sind. Denn das Internet oder das Handy sind zu einem fundamentalen Bestandteil unserer modernen Gesellschaft geworden. Es ist in nicht zwingend notwendig, sich zu entscheiden, ob man in Value-Titel investiert oder in Zukunftstechnologien. Der Anleger kann sich auch für die Schnittmenge aus beidem entscheiden. Also gezielt nach Aktien aus Geschäftsfeldern suchen, die auf dem Markt einer Wachstumsbranche gut aufgestellt sind, eine gesunde Bilanzstruktur aufweisen und sich weitgehend konjunkturabhängig entwickeln. Zum Beispiel kann sich ein Blick auf Aktien aus den Sparten der Internetsicherheit, Internet-Kommunikation (inklusive VoIP und Video-Konferenzen) und der Unterhaltungselektronik als lohnenswert erweisen. Dem einen oder anderen mögen die Kopfzeile oder die angeführten Branchen bekannt vorkommen. Ich hatte sie in meinem Artikel „Agenda 2020“ bereits angeschnitten. Weitere Beispiele für Geschäftszweige, welche für die nächste Zeit bzw. die nächsten Jahre Erfolg versprechen, sind die Biometrie, E-Mobilität oder das Thema elektronische Signaturen.

In der Vergangenheit haben die Unternehmen in Rezessionsphasen zumeist nicht die nötigen Mittel gehabt, um Innovationen weiter effektiv voranzutreiben. Prinzipiell hat sich daran nichts geändert. Bis auf die Tatsache, dass  technologischen Innovationen heutzutage vermehrt auch auf das gestiegene Bewusstsein in punkto Sparsamkeit und Nachhaltigkeit Rücksicht nehmen. Naturgemäß gilt das auch insbesondere für wirtschaftlich schwierige Zeiten. Im Vergleich zu früheren Konjunkturabschwüngen sind manche Technologien zwar bewusst auf Wachstum und Fortschritt, aber gleichermaßen auch auf den Sparsamkeitswunsch der Kunden bzw. eine „krisenaffine“ Produktstrategie, ausgerichtet. Beispielshalber seien folgende genannt: Umwelttechnologische Innovationen sparen Energie ein; anstatt über das Festnetz ins Ausland zu telefonieren, wird die kostenlose Internet-Telephonie genutzt oder neuartige Auto-Motoren schränken den Spritverbrauch ein.

 

Fazit

Die Frage, ob heute schon Zukunft gehandelt werden kann, lässt sich nicht mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Die Antwort beinhaltet viele Elemente, die differenziert und sorgfältig betrachtet werden müssen. Zusammenfassend sollten folgende Punkte Berücksichtigung finden:

  • Die Wachstumsbranchen sollten weitgehend konjunkturunabhängig sein.
  • Das Unternehmen sollte eine gesunde Finanzstruktur aufweisen und eine gute Wettbewerbsposition einnehmen.
  • Der Aktienkurs sollte günstig, oder zumindest „fair“, bewertet sein.
  • Bei der Portfolio-Aufteilung sollte der Sicherheitsgedanke im Vordergrund stehen. Zudem sollte das Money- und Risiko-Management diszipliniert umgesetzt werden.

 

Wer in Aktien von Zukunftsbranchen investiert, sollte die Tugend der Geduld mitbringen. Der Anleger sollte sich als langfristig orientierter Anteilseigner eines Unternehmens betrachten, wie es ein traditionelles Leitmotiv des Aktien-Investments besagt.

(Demjenigen Leser, der sich ausführlicher mit der Thematik beschäftigen möchte, kann unter folgendem Link einen 14-seitigen Artikel dazu lesen: http://www.scieport.com/Artikel/Zukunftsmaerkte.pdf)

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