Liebe Leserinnen und Leser,

in China fällt ein Fahrrad um – so sprach ich noch bis vor kurzem, wenn ich kommentieren wollte, dass mich ein Thema überhaupt nicht kümmert. Ich selbst war nun gerade für eine Woche auf einem Wirtschaftsforum in Shanghai eingeladen und muss sagen, dass es mich ab sofort sehr wohl interessiert, was dort vor sich geht. Bei einem einzelnen Fahrrad passiert sicherlich noch nichts, aber wir reden hier von etwa 1,3 Milliarden (!) potentiellen Fahrradfahrern. Und das hat gravierende Auswirkungen, auch für uns.

Genug von der Metapher mit den Zweirädern. Hier ein kurzer Überblick:

China ist derzeit weltweit

-Nr. 1 nach Bevölkerung

-Nr. 4 nach Fläche

-Nr. 2 nach Wirtschaftskraft

-Nr. 1 nach Automobilmarkt (und vielen anderen Marktsegmenten)

-Nr. 1 nach Devisenreserven

-Nr. 1 nach Goldnachfrage und -angebot

Über China kann man sicherlich streiten, sei es wegen der Staatsform, der Menschenrechte, der eingeschränkten Meinungsfreiheit, der unübersehbaren Immobilienblase oder vielen anderen Aspekten. Wir reden wirtschaftlich gesehen aber von einem Megazyklus und der neuen Supermacht, die aus meiner Sicht das Weltgeschehen für mindestens die nächsten 50 Jahre bestimmen wird.

China zieht seine Politik gnadenlos durch. Während hier viele Politiker oftmals lethargisch agieren und wichtige Entscheidungen über Jahrzehnte vor sich her schieben (Strukturwandel, Demographie, Infrastruktur, etc.) oder sprunghaft 180-Grad-Wendungen vollziehen (Aussage Schäuble 2010: „Deutschland wird nicht für Griechenlands Schulden haften“ – na klar…), setzt Chinas Ein-Parteien-System die so genannten 5-Jahres-Programme ohne Rücksicht auf Verluste durch.

Das erst vor kurzem beschlossene neue 5-Jahres-Programm für 2011-2015 weist dabei einige wesentliche Ziele aus:

-Inflationsbekämpfung und Wachstumsbremse (7% des BIP)

-Verstärktes Wachstum über Binnennachfrage

-Bekämpfung Korruption und Amtsmissbrauch

-36 Mio. neue Sozialwohnungen

-Weiterentwicklung der Sozialversicherung

-Anhebung der Mindestlöhne

-Fokussierung auf Umwelt und neue Technologien

Es ist anzunehmen, dass diese Ziele auch erreicht werden. Zur Not werden hierfür auch Teile der gigantischen Devisenreserven herhalten müssen. China braucht Wirtschaftswachstum um die Bevölkerung bei Laune zu halten und den Zustrom der Landbevölkerung in die Städte (Urbanisierung) zu bewerkstelligen. Bisher beruht das Wirtschaftswachstum vorwiegend auf dem starken und zu billigen Export. Durch Infrastrukturinvestitionen und den Ausbau des Steuer- und Sozialversicherungssystems soll die Ankurbelung der Binnenkonjunktur sichergestellt werden. So hat China mittlerweile eigene international bekannte Marken wie Haier (Haushaltsgeräte) oder Lenovo (ehemals IBM Computer), gehört aber mittlerweile auch für viele internationale Unternehmen wie Adidas oder VW zu den wichtigsten Wachstumsmärkten. Zudem schlummern gerade  im effizienten Technologie- und Energiebereich sowie im Umweltschutz noch hohe Potentiale. Alleine der Rohstoff- und Energieverbrauch wächst immens und sorgt bekanntlich für stetig steigende Preise, wovon derzeit insbesondere viele australische Rohstoffgesellschaften profitieren.

 

Fazit:

China ist in den letzten Jahren sehr gut durch die verschiedenen Wirtschaftskrisen gekommen. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch in China Probleme wie die Immobilienblase hoch kochen können. Aktuell liegt das Hauptaugenmerk der Volksrepublik darauf, ein sogenanntes „Hard Landing“ der Wirtschaft um jeden Preis zu vermeiden. Will man als Investor aber wachstumsorientierte Ideen in seinem Portfolio, so kommt man kaum um Unternehmen und Anlagen herum, die von China und dem 5-Jahres-Programm profitieren. Wir werden daher das Thema auf cashkurs.com und schwerpunktmäßig in einer der nächsten Ausgaben von Cashkurs*Gold immer wieder aufgreifen und entsprechende Investmentideen vorstellen.

 

Herzlichst,

Ihre

Georg Neubauer und Björn Paffrath

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