In Dubai geht die Sonne schneller auf und auch schneller unter. Das liegt an der Nähe zum Äquator, 5000 Kilometer von Frankfurt entfernt im mittleren Osten. Dort ist es gerade Winter, bei 30 Grad am Mittag mitten in der Wüste. Das ist völlig normal für die "kalte Jahreszeit". Den Autor dieser Zeilen hat es in den letzten Tagen mit zwei seiner Kollegen hierher verschlagen, um einen Film über Gold in dieser Region zu drehen. Dieser wird bei n-tv im Januar ausgestrahlt. Es gibt viel zu berichten... Hier schon mal eine Kleinigkeit...

Augenfällig ist, wie "locker" man im arabischen Raum mit dem Thema Gold umgeht. Gold gehört zum alltäglichen Leben, wie in Deutschland das Bier oder die Zeitung mit den vier Buchstaben. Gold ist Sicherheit, Werterhalt, Tradition und Geld. Das ist seit tausenden Jahren so. Auch wenn die Währung Dirham ebenso wie der Euro oder der Dollar mit nichts als Vertrauen unterlegt ist, Gold ist aus dem Leben der Araber nicht wegzudenken. In Dubai kennt man die in Deutschland gängigen Argumente, dass man Gold nicht essen kann und es keine Zinsen trägt nicht. Im Islam sind Zinsen verboten. Und zum Essen gibt es genügend andere Dinge als Goldunzen.

Gekauft wird vor allem Schmuck, der in Gramm und Karat ausgewiesen wird. Der aktuelle Goldpreis bestimmt letztlich den Kaufpreis. Schmuck kostet etwas mehr als normale Barren, denn darin enthalten sind die Kosten für die Produktion der Armreifen, Ketten, Ringen oder anderem Geschmeide. Da die Schmuckschmiede im Monat nur 400 USD verdienen, sind die Aufgelder auf Schmuck von 2-10% gering. Diejenigen, die in Indien oder Pakistan aus Golddraht filigrane Schmuckstücke herstellen, verdienen noch weniger als in Dubai. Deshalb lassen deutsche Juweliere ihre Stücke auch oft in Dubai oder Asien fertigen. Von 333er oder 585er Gold, das in Deutschland Standard ist, hält man in arabischen Ländern nichts. Hier geht vor allem Schmuck mit der Reinheit von 22 Karat über die Tische.

Dubai spielt im internationalen physischen Goldhandel seit Jahrhunderten eine dominante Rolle, die in den letzten Jahren weiter angewachsen ist. Im Gegensatz zu deutschen Anlegern gibt es in Dubai kaum einen, der von Gold nichts hält. Viele haben ihre Ersparnisse in Gold. Da weiß man, was man hat. Dieser Markt wird vor allem von der indischen Nachfrage getrieben. Diese ist zur Zeit enorm und schwankt jahreszeitlich. Emirates Gold, die bedeutendste Goldraffinerie im arabischen Raum, verarbeitet an Spitzentagen bis zu vier Tonnen des gelben Metalls. Selbst in Spitzenzeiten hat das nicht ausgereicht. Die Goldschmiede versorgt nicht nur den arabischen und asiatischen Raum, sie verschickt ihre Barren und Münzen auch nach Deutschland. Emirates Gold lagert Gold auch für Investoren bzw. die Betreiber der mit Gold unterlegten digitalen Währung e-dinar.

Am Drehtag waren morgens schon 250 Kilobarren produziert. In der Schmelze goss man gerade weitere Barren. Ein Transporter lieferte 40 Standardbarren a 12,5 kg der südafrikanischen Rand Refinery im Gegenwert von rund 10 Millionen Euro an. Die Fahrer des Sicherheitstransporters warfen die Barren mit einem lauten Knall auf die Paletten als wären sie Fleischstücke. Keine Angst, sagte einer, Gold splittert nicht ab. Es verformt sich vielleicht. Vielleicht.

Die Barren werden gewogen, die Nummern notiert und alsbald in die Elektroöfen geschickt, wo das Material bei 1040 Grad in den flüssigen Zustand übergeht und dann die Farbe der Sonne annimmt. Gesucht sind neben großen Investmentbarren vor allem Kilo-Klötzchen mit einer Reinheit von 995. Einer hat den Gegenwert von ca. 20.000 Euro. Diese Barren verkaufen sich weltweit wie geschnitten Brot, erklärte uns der Chef der Emirates Gold Mohamad Shakarchi. Der 75-jährige ist seit einem halben Jahrhundert im Goldgeschäft. Er spürt, wie sich die Preise entwickelt, hat es förmlich im Blut, kennt alle Spieler im Markt und tausend Geschichten zum Thema Gold. Am Nachmittag kommt eine Altgoldlieferung aus Indien. In einer Kiste werden hunderte goldener Herzchen angeliefert und auch getragene Ketten aus massivem Gold, die wenig später auf den Weg in den Schmelzofen antreten.

Da Kriminalität in Dubai praktisch nicht existent ist, braucht Shakarchi in seiner Raffinerie kaum Sicherheitsvorkehrungen. Hier läuft alles auf der Basis des Vertrauens. Man geht einfach hinein, ohne Ausweiskontrolle, Sicherungstüren und Leibesvisitationen. Für uns Deutsche ist das undenkbar. Gleich neben dem Eingang liegen 250 Kilobarren, die für den Weitertransport in alle Welt bestimmt sind. Keiner der 300 Mitarbeiter hat jemals auch nur ein Gramm mit nach Hause genommen, sagt der Chef. Beeindruckend ist die Professionalität und vor allem die Freundlichkeit aller dort arbeitenden Menschen.

Shakarchis Meinung zufolge wird Gold lange Zeit steigen, denn die Nachfrage vor allem von Investoren reißt wegen der Finanzkrise nicht ab. Doch auch er spürt, dass anderen Investoren das Geld nicht mehr so locker sitzt. Die Margin Calls schränken die Flexibilität von vielen auf Kredit spekulierenden Investoren ein. Die Käufer sind vor allem unter denen zu finden, die Geld haben, und dies aus Sorge vor einer zukünftigen Geldentwertung in Gold investieren.

Im Vergleich zu Gold spielte Silber bislang eine untergeordnete Rolle. Doch nach dem Preissturz von 50% in den letzten Monaten ist die Nachfrage auch in Dubai sprunghaft angestiegen. Silberbarren aus den Emirates Gold finden jetzt auch den Weg nach Deutschland. Zwischenzeitlich war Silber in Deutschland ausverkauft. Dass Gold bis zu 80 mal teurer geworden ist als Silber, ist völlig irrational, sagt Shakarchi, der in den letzten Wochen allein 75 Tonnen nach Indien verschickt hat. Indien gilt seit jeher als der bedeutendste Silbermarkt der Welt. Silber wird nicht nur von Investoren nachgefragt, weit größer ist der Verbrauch in der Industrie. 53% der Weltjahresproduktion geht dorthin. Vor allem aber die Nachfrage nach Silberinvestments hat in den letzten Jahren massiv zugelegt.

Die Schmuckhändler auf dem Gold Souk haben es im Blut, wenn sich der Goldpreis verändert. Als im Frühjahr die 1000 USD/oz-Marke überschritten wurde, nahmen sie ihr Gold aus den Auslagen der Läden und brachten es zum Einschmelzen in die Raffinerie, ein Zeichen dafür, dass der Markt als überhitzt galt. Dieses Gold in einer Reinheit von 22 Karat wird dann wieder eingeschmolzen, neu gegossen und beispielsweise als Kilobarren an die Schmuckindustrie oder die Investoren in alle Welt verschickt. Der Kreislauf beginnt von vorn. In der Woche der Filmaufnahmen war der Goldpreis bis auf 830 USD/oz angestiegen. Kurz darauf setzte eine Flaute ein. Etliche Rolläden wurden schon gegen 22.30 Uhr heruntergelassen.

Der Gold Souk von Dubai ist der physische Goldhandelsplatz Nummer eins. In den ca. 2000 Shops liegt Goldschmuck von etlichen Tonnen aus. Teils werden in einem einzelnen Laden bis zu 250 Kilogramm des edlen Stoffs zur Schau gestellt. Befragt man die Händler nach den Motiven für die Goldkäufer, sagen sie, dass Gold nicht nur hübsch als Schmuck ist, viele legen ihre Ersparnisse in Goldschmuck an. Es ist praktisch und nur unwesentlich teurer, als Münzen und Barren zu kaufen. Doch auch unter den Händlern ist immer wieder zu hören, dass Papiergeld eben nur Papiergeld ist. "Viele Papierwährungen sind allein im letzten Jahrhundert verschwunden, verbunden mit dem Bankrott derer, die es gespart hatten.“ Gold gibt es seit 5000 Jahren und kann nicht beliebig wie Papier gedruckt werden. Wieso sollte es diesmal anders sein?", fragt mich der Chefhändler eines Ladens von Al Kanz Jewellers. Er rechnet damit, dass Gold irgendwann seine Geldrolle wieder zurückerobern wird. Da ist er sich ganz sicher, der alte Hase.

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