Immobilien - der ultimative Sachwert?!

Die Deutschen lieben Immobilien – und zwar ganz besonders als ultimativen Sachwert, der ihr Vermögen langfristig nicht nur schützt sondern auch mehrt. In der aktuellen Kombination aus historisch niedrigen Zinsen,  Euro- und Staatsschuldenkrisen hat sich ein gefährlicher Anlagenotstand ergeben, der für eine hohe Nachfrage und vielerorts bereits stark gestiegene Immobilienpreise gesorgt hat.

Aber auch ohne die Diskussion über eine mögliche Immobilienblase gibt es ausreichend viele Stolpersteine, die Anleger beim Immobilienkauf im Weg stehen. So sollte man die Angebote in den Schaufenstern der Makler und den Internetplattformen insbesondere im aktuellen Marktumfeld genauer denn je analysieren. Schließlich sind gerade, wenn es um fremdgenutzte Immobilien geht, die angegebenen Renditen häufig genug reine Augenwischerei.

Da im aktuellen Immobilienhype auch Zielgruppen jenseits der vermögenden Privatanleger adressiert werden sollen die wichtigsten Entscheidungsfaktoren und Kennzahlen am Beispiel eines Angebotes für ein 1-Zimmer-Appartment in einer mittelgroßen Studentenstadt im Rhein-Main-Gebiet dargestellt werden.

Im ersten Schritt sollte man sich klar machen, wie die vermietete Immobilie in die eigene Vermögensstruktur einzuordnen ist. Im Rahmen einer solchen Zuordnung wird deutlich, wie sich die Struktur des Vermögens durch den Immobilienerwerb verändert, so dass Klumpenrisiken frühzeitig erkannt werden können. Die folgende Abbildung zeigt die YPOS Vermögensmatrix, mithilfe derer eine objektive und nachvollziehbare Einordnung ermöglicht wird.

Offensichtlich handelt es sich bei einer vermieteten Immobilie um einen Sachwert, genauer gesagt um Produktivkapital. Wie alle anderen Sachwerte schwanken Immobilien im Wert. Da es aber keine laufende Preisermittlung gibt, sind die Schwankungen nicht permanent sichtbar und werden daher gerne ignoriert. Psychologisch ist dies sicher angenehm. Fraglich ist allerdings ob die fehlende Wahrnehmung von Schwankungen mit geringeren Verlustrisiken einhergeht.

Anhand eines konkreten Beispiels werden einige Kennzahlen erläutert, die unbedingt in den Entscheidungsprozess  einfließen sollten.

Dieses Angebot findet sich im Schaufenster eines Maklers: Neuwertiges vermietetes 1-Zimmer-Appartment

4,96% sollen also für den Investor rausspringen. Offensichtlich wurde hier die Jahresnettokaltmiete ins Verhältnis zum Kaufpreis gesetzt (4.440,00: 89.500x100). Der Fachbegriff hierfür lautet „Bruttomietrendite“.

Die Bruttomietrendite ist einfach zu ermitteln, aber sie lässt auch einige wichtige Aufwendungen außer Acht: So werden weder die Erwerbsnebenkosten, noch die nicht auf den Mieter umlegbaren Nebenkosten oder die Instandhaltungskosten berücksichtigt. Auch ein eventuelles Mietausfallrisiko bleibt unbeachtet. In der Konsequenz wird die Rendite der Immobilie schlicht schön gerechnet. Sehr viel aussagekräftiger ist da schon die sogenannte Nettomietrendite. Hier fließen zumindest gewisse Kostenpositionen mit in die Berechnungen ein, so dass sich ein wesentlich realistischeres Bild der Mietertragskraft ergibt.

 

Berechnung der Nettomietrendite

Für die Ermittlung der Nettomietrendite sind drei Schritte notwendig:

Schritt 1: Berechnung der tatsächlichen Investitionskosten

Schritt 2: Berechnung der Nettomieterträge (sogenannter Mietreinertrag)

Schritt 3: Berechnung der Nettomietrendite

Das heißt für unser Beispiel: 4.020 Euro: 100.893 Euro x 100 = 3,98%

Somit werden aus den eingangs angegebenen 4,96% auf einmal nur noch 3,98% und das auch nur dann, wenn es zu keinem Mietausfall kommt und Instandhaltungskosten außen vor bleiben. Steuern sind natürlich auch noch nicht integriert.

Um das Angebot des Maklers richtig einschätzen zu können, sollten ergänzend zur Nettomietrendite noch zwei weitere Kennziffern berücksichtigt werden.

1. Rendite auf das heute gebundene Eigenkapital (Eigenkapitalrendite)

2. Objektrendite (Gesamtkapitalrendite)

 

Berechnung der Eigenkapitalrendite

Diese Bewertungskennzahl gibt Auskunft über die erwartete Rentabilität des heute investierten Eigenkapitals (=Verkehrswert – Fremdkapital).

In der Berechnung wurden folgende Annahmen getroffen:

Um die Rendite des Eigenkapitals berechnen zu können, muss zuvor der Ertrag nach Steuern berechnet werden, so dass folgende Zwischenrechnung nötig ist:

Die sich hieraus ergebende Steuerlast in Höhe von 488 Euro wird dann in die Berechnung der Eigenkapitalrendite übernommen:

Für das heute gebundene Eigenkapital ergibt sich somit eine Rendite von 4,39% (2.232 Euro: 50.893 Euro x 100). Bei dieser Betrachtung wurde eine mögliche Wertsteigerung der Immobilie nicht berücksichtigt.

Berechnung der Objektrendite (Gesamtkapitalrendite)

Die Objektrendite wird so ermittelt, als wäre die Immobilie vollständig aus Eigenkapital finanziert, um Verzerrungen der Bewertung durch die Finanzierungsstruktur zu eliminieren. Aus diesem Grund eignet sich die Kennzahl „Objektrendite“ besonders gut, um verschiedene Immobilieninvestitionen miteinander zu vergleichen.

Ein weiterer Nutzen dieser Kennzahl: Aus der Objektrendite lässt sich leicht erkennen, ob sich durch den Einsatz von Fremdkapital eine Steigerung der Eigenkapitalrendite erzielen lässt (sogenannter „Leverage-Effekt“).

„Leverage-Effekt" bedeutet Hebelwirkung. Der Begriff beschreibt, wie sich der Einsatz von Fremdkapital bei der Finanzierung einer (Immobilien-) Investition auf die Eigenkapitalrendite auswirkt. Denn die Eigenkapitalrendite kann durch eine Erhöhung des Fremdkapitalanteils erhöht werden, wenn die Gesamtkapitalrendite über den Fremdkapitalzins nach Steuern liegt. Aus diesem Grund ist der Leverage-Effekt ein beliebtes Mittel, um Eigenkapitalrenditen „aufzupolieren“. Dies gilt nicht nur für Immobilien, sondern für sämtliche Investitionsobjekte wie beispielsweise unternehmerische Beteiligungen.

Für unser Beispiel ergibt sich die folgende Berechnung:

Die Objektrendite errechnet sich aus dem Mietreinertrag  (4.440 Euro – 420 Euro = 4.020 Euro) abzüglich der Steuerlast von 1.008 Euro (diese errechnet sich analog der zuvor dargestellten Steuerrechnung, allerdings wird in diesem Fall ein Eigenkapitalanteil von 100% einbezogen). Es ergibt sich somit eine Objektrendite von 2,99%.

Da der Fremdkapitalzins nach Steuern mit 1,56% unterhalb der Objektrendite (Gesamtkapitalrendite) liegt, kann die Eigenkapitalrendite durch die Einbeziehung von Fremdkapital erhöht werden (positiver Leverage-Effekt).

 

Einordnung des vorliegenden Angebotes für den Anleger

Die so errechneten statischen Renditen sollten dann ins Verhältnis zu den aktuell verfügbaren laufenden Kapitalmarktrenditen und anderen am Markt verfügbaren Investitionsalternativen gesetzt werden. Folgende Grafik verdeutlicht diesen Schritt anhand der Objektrendite in Höhe von 2,99%.

In diesem Fall stellt sich somit die Frage, ob der erwartete Renditeaufschlag von laufend knapp 0,4% (alles ohne Wertveränderungen, sondern nur auf die laufende Rendite bezogen) gegenüber einem Investmentfonds mit 1.500 verschiedenen Wertpapieren und hunderten unterschiedlichen Unternehmen das Klumpenrisiko, das sich aus nur einer Immobilie ergibt, tatsächlich aufwiegen kann.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Erwerbskosten erheblich differieren. Während der Investmentfonds mit max. 4 Prozent Ausgabegebühr belastet wird sind es bei der Immobilie effektiv 12 Prozent.

Bei der Immobilie kann die Rendite auf das eingesetzte Kapital im vorliegenden Beispiel zwar auf über vier Prozent gesteigert werden, aber der Grund liegt nicht in der Ertragskraft der Immobilie, sondern der risikoerhöhenden Kreditaufnahme. Auch der persönliche Zeitaufwand für die Unterhaltung der Immobilie und die Erstellung der steuerlich relevanten Unterlagen sind zu berücksichtigen.  

Fazit

Die Kaufentscheidungen bei Immobilien als Kapitalanlage sollten mindestens mit der gleichen Vorsicht und Sorgfalt getroffen werden, wie bei allen anderen Investitionsentscheidungen. Während private Anleger bei Investmentfonds, Einzelaktien und übrigens auch Immobilienfonds zwingend über die wichtigsten Risiken informiert werden müssen und Berater darauf zu achten haben, dass die Investitionen auch zu den finanziellen Gegebenheiten des Kunden passen, sind beim Immobilienerwerb weder Makler, noch Notar oder etwa der Steuerberater dazu verpflichtet, eine wirtschaftliche Betrachtung aus Sicht des Käufers durchzuführen (von offensichtlichen Schrottimmobilien abgesehen). Auch die finanzierende Bank hat eher die Sicherstellung ihrer Forderung, als eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung aus Anlegersicht im Fokus.

Neben der genauen Renditeberechnung unter Einbeziehung aller relevanten Aufwendungen und Erträge sollte auch kritisch hinterfragt werden, ob das eingegangene Risiko in Form von nur einer Immobilie durch einen angemessenen Renditeaufschlag gegenüber anderen Investments angemessen vergütet wird. Zusätzlich sollten zwingend die langfristigen Auswirkungen auf die Liquidität und die Vermögensstruktur betrachtet werden. Die hier gezeigten statischen Berechnungen können daher nur die Basis für eine genauere Analyse und den sinnvollen Ansatz verschiedener Zukunftserwartungen sein.

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