Dennoch sieht das höchste deutsche Finanzgericht in den 6 % Zinsen keinen Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz oder aber gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Während Anleger seit Jahren von solch hohen Zinsen nur träumen können, ist die derzeitige gesetzliche Regelung für den Fiskus sehr lukrativ. Dieser nimmt hierdurch jedes Jahr ein bis zwei Milliarden Euro mehr ein, als wenn das Kapital am Markt angelegt werden würde.

Der konkret entschiedene Fall

Vorliegend hatte der steuerpflichtige Kläger seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 im Dezember des Jahres 2012 abgegeben. Offensichtlich hatte er eine hohe Einkommensteuernachzahlung erwartet und bereits vorsorglich € 366.400,00 an das Finanzamt gezahlt. Tatsächlich lag die Steuerschuld dann jedoch bei insgesamt € 390.000,00. Insoweit forderte das Finanzamt dann vom steuerpflichtigen Kläger € 11.000,00 Zinsen auf die Steuerschuld, entsprechend 0,5 % Nachzahlungszinsen je Monat.

Die Urteilsbegründung

Der Bundesfinanzhof hält die geltende Zinsregelung für verfassungsgemäß und legt den Streit daher auch nicht dem Bundesverfassungsgericht vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor, denn für alle Steuerzahler würden die gleichen Bedingungen gelten. Zudem seien die Zinsen auch nicht unverhältnismäßig hoch. So fand das Gericht anhand von Daten der Bundesbank heraus, dass im Jahr 2013 Zinssätze zwischen 0,15 % und 14,70 % üblich waren – wobei der letztere Zinssatz allerdings nur für Kreditkartenkredite privater Haushalte gilt.

So führte der Vorsitzende des 3. Senats am BFH im Rahmen der Urteilsverkündung aus, „dass nur eine freiwillige Zahlung vor April 2013 den Steuerpflichtigen vor der Nachforderung gerettet hätte“. Zudem gäbe es zwar eine gesetzliche Mietpreisbremse, aber eben gerade keine gesetzliche Zinspreisbremse. Deshalb würde auch in Ansehung zwischenzeitlich weiter gesunkener Zinsen das Urteil nicht anders ausfallen.

Steuerzahler können Vorteile aus der Entscheidung ziehen:

Für Steuerzahler kann die aktuelle gesetzliche Regelung aber auch vorteilhaft sein. Hierzu müssen zwei Bedingungen erfüllt werden:

  1. Es darf keine Verpflichtung bestehen, eine Steuererklärung abzugeben

Für viele Angestellte, die ledig sind, nur einen Arbeitgeber haben, keine Einnahmen aus Selbständigkeit oder Vermietung erzielen und keine Ersatzleistungen wie Eltern- oder Krankengeld empfangen, ist die Abgabe der Steuererklärung freiwillig. Dieser Personenkreis kann in den Genuss von Vorteilen kommen. Für Unternehmen und Selbständige gilt dies nicht.

  1. Es ist mit einer Steuererstattung zu rechnen

Nur wer mit einer Steuererstattung rechnen kann, kommt auch in den Genuss der gesetzlich günstigen Zinsregelung.

Sind die vorgenannten beiden Bedingungen erfüllt, können sich die Steuerzahler erst einmal zurücklehnen. Die Steuererklärung für das Jahr 2017 sollten sie deshalb nicht zeitnah, sondern erst Ende Dezember 2021 abgeben. Wer nämlich seine Erklärung freiwillig erstellt, darf sich damit insgesamt vier Jahre Zeit lassen. Zudem wird erst ab dem 16. Monat nach Ende eines Steuerjahres der Anspruch auf monatliche Verzinsung von 0,5 % ausgelöst.

Wer also zum Beispiel für das Jahr 2017 eine Steuererstattung in Höhe von € 2.000,00 erwartet, der kann darauf € 360,00 Zinsen erhalten. Dafür müsste aber dann die Erklärung erst zum 31.12.2021 abgegeben werden. Die Berechnung unterstellt dabei, dass das Finanzamt die Steuererstattung im März 2022 zahlt, wobei hier ein Zinseszinseffekt nicht entsteht.

Fazit:

Die derzeit gültige gesetzliche Regelung für die Verzinsung von Steuernachforderungen entspricht geltendem Recht. Wie der BFH in seiner aktuellen Entscheidung festgestellt hat, ist die derzeitige Zinsregelung verfassungsgemäß.

Es mehren sich jedoch die Stimmen in Politik und Wirtschaft, die eine Kürzung des Zinssatzes im Hinblick auf das derzeitige Niedrigzinsumfeld befürworten. Im Gespräch ist eine Reduzierung auf 3,5 % bis 4,5 %. Es bleibt abzuwarten, ob im Rahmen künftiger politischer Willensbildung hierzu eine Gesetzesänderung herbeigeführt wird.

Mannheim, den 01.03.2018

gez. Christoph Vigano

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