Falls der Gouverneur des Bundesstaats Michigan in Kürze zu der Ansicht gelangen sollte, dass ein Katastrophenschutzmanager nach Detroit geschickt werden muss, bleiben Bürgermeister Dave Bing noch ganze 10 Tage Zeit, um darauf zu reagieren. Und dazu wird es kommen, liebe Leser, denn nach neuesten Erkenntnissen eines externen Finanzprüfungsteams haben sich die Finanzen der Stadt auch in den letzten 12 Monaten nicht verbessert. Im Gegenteil ist die Schulden- und allgemeine Finanzlage der Stadtverwaltung im vergangenen Fiskaljahr vollends über den Kopf gewachsen.
Jahrzehntelange Misswirtschaft haben eine ganze Stadt samt Umland ruiniert
Es ist das zweite externe Finanzprüfungsteam, das Michigans Gouverneur Rick Snyder im Dezember mit der Prüfung der Stadtfinanzen beauftragte. Die Resultate sind niederschmetternd, denn wie aus dem nun vorliegenden Bericht hervorgeht, befindet sich die einstmals prosperierende Autostadt Detroit in der schlimmsten Finanzlage ihrer Historie. Die Situation hat sich in den vergangenen 12 Monaten entgegen anders lautender Erwartungen in keiner Weise verbessert. Vielmehr schiebt die Stadt ein Budgetdefizit von rund $326,6 Millionen vor sich her. Dazu gesellen sich enorme Cashflow-Probleme.
Genau aus diesem Grund wird Gouverneur Snyder wohl kaum etwas anderes übrig bleiben, als den ewigen Beteuerungen auf Besserung durch Bürgermeister Bing und seiner Stadtverwaltung nun bald den Stecker aus der Dose zu ziehen. Wie wird das geschehen? Ganz einfach, indem Rick Snyder den Katastrophenschutz beauftragen wird, um die Verwaltung der Stadt an sich zu reißen. Dann wird es voraussichtlich zu einer ganzen Reihe von sehr unangenehmen Entscheidungen kommen. Wie es in dem Bericht heißt, sei die Stadtverwaltung nicht dazu in der Lage, einen eigenen Plan auf den Tisch zu legen, aus dem hervorgeht, wie sich die finanzielle Stresslage auflösen lässt.
Bürgermeister Bing sieht die Situation zwar immer noch anders, doch wer sich sein Statement, auf den Report durchliest, der kommt aus dem Kopfschütteln eigentlich nicht mehr heraus. Nur hohle Worte, etwas, worin sich Bing jetzt seit Jahren auszeichnet, während die Situation der Stadt mit immer schnellerer Geschwindigkeit in den Keller rast. Vielleicht merkt er das auch schon gar nicht mehr. Der Realitätsverlust treibt nicht selten und vielleicht gerade im Angesicht einer sich immer stärker zuziehenden Halsschlinge ungeahnte Blüten.
Dramatische Schrumpfung der Einwohnerzahl um 25% im Lauf der letzten Dekade
Ehemals mittelständisch geprägte Außenbezirke Detroits: heute ein Eldorado für Crackdealer, Gangs, Kriminelle, Penner, Obdachlose und Ähnliches
Die Abrissbagger sind längst angerollt: ganze Stadtbezirke werden dem Erdboden gleichgemacht
In vielen dieser Bezirke sind in den letzten Jahren die Bagger angerückt, um ganze Stadtviertel abzureißen. Viele dieser einst bewohnten Gebiete sollen so renaturisiert und „der wieder der Natur übergeben“ werden. Vielleicht können sich manche Leser noch an einen ehemals auf wirtschaftsfacts publizierten Bericht durch meinen Kumpel und Partner Wayne Copeland erinnern, der damals von einem deutschen Schulbuchverlag lizenziert wurde. Damit Kinder von klein auf lernen, wie so etwas vonstatten geht.
Denn Ereignisse dieser Art dürften noch auf so manche Städte und Kommunen in den nächsten Jahren zukommen. Wir hatten uns jedenfalls sehr darüber gefreut, dass man Entwicklungen dieser Art im Verlagswesen für Schulbücher relativ frühzeitig erkannt zu haben scheint. Politiker wie Dave Bing sind heute noch nicht an diesem Punkt angelangt, worin sich deren geballte und durch nichts zu übertreffende Unzulänglichkeit widerspiegelt. Sie scheinen im Leben nichts anderes gelernt zu haben, als Schulden auf Schulden zu türmen, um Wählern letztendlich leere Versprechungen zu machen. Resultat ist ein „Leben über die eigenen Verhältnisse“ über einen viel zu langen Zeitraum, was irgendwann im Bankrott enden muss. Selbst ein Viertklässler könnte solch eine Rechnung aufmachen.
Explodierende Kriminalitäts- und Mordrate: Polizeikräfte haben kapituliert
Was dabei am Ende herauskommt, kann man sich am Beispiel der Stadt Detroit bis zum Exzess anschauen. Den Dreck müssen am Ende der Geschichte dann jedoch immer andere wegräumen. Aus einer im Jahr 2010 veröffentlichten Studie der renommierten Brookings Institution ging hervor, dass ähnliche Schrumpfungsprozesse auch vielen anderen Städten in den USA bevorstehen oder bereits im Gang sind. Hauptgrund ist vor allem ein signifikant rückläufiges Wohlstandsniveau, das sich auch in ehedem prosperierenden Industriestädten wie Philadelphia, Memphis oder Baltimore beobachten lässt.
Nachdem in vielen Außenbezirken Detroits aufgrund von Geldmangel des Nachts schon gar keine Straßenbeleuchtung mehr in Betrieb ist, ist die Kriminalitätsrate erst recht explodiert. Bei der Stadt hieß es, dass diese Maßnahmen dazu dienten, um noch dort lebende Einwohner zum Wegzug zu bewegen. Resultat ist, dass sich bei Nachtanbruch nicht einmal mehr ein Hund auf die Straße traut. Nicht umsonst gab die Detroiter Polizei Anfang Oktober 2012 bekannt, die Stadt nur noch auf eigenes Risiko zu betreten. Eine Bekämpfung der Kriminalität sei unter Berücksichtigung der dramatischen Finanzlage bei gleichzeitig voranschreitendem Jobabbau unter der Polizei nicht mehr gegeben.
Kommentare
Aber ich sage immer: "Warum in die Ferne schweifen, wo das Chaos liegt so nah."
Vielleicht sollten wir mal den Bericht Ihres Kumpels an Bund, Länder und Gemeinden verschicken, bevor es ganz zu spät ist.
Und leider haben wir keinen Rick Snyder. Sonst könnten wir den Katastrophenschutz mal nach Berlin, Brüssel und zur EZB entsenden. :-)
In diesem Sinne.
Sie haben aber auch kein gutes Wort für mich übrig...ha, ha...andererseits haben Sie jedoch auch wiederum gar nicht so unrecht:=)
Doch würde der Katastrophenschutz für die drei durch Sie genannten Schulden- und Monetisierungskönige eigentlich ausreichen? Schließlich sind die Steuergelder ja schon doppelt und dreifach zum Fenster rausgeflogen. Man kann´s eigentlich nur noch mit Humor nehmen,-)
Was genau ist damit gemeint? 250 Mill. Euro Schulden einer 800.000 Einwohner Stadt?
Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Fragen Sie mal in Oberhausen....
The City’s Fund has had cumulative deficits ranging from $155.4 million in fiscal year 2005, to $331.9 million in fiscal year 2009. The City´s Fund deficit was
$326.6 million in fiscal year 2012.
Nun, während man sich in Oberhausen kaputtspart, hat man in Detroit nach den Werksverlagerungen der großen Autobauer nach Mexiko oder China halt versucht, andere Industrien oder Dienstleistungsbereiche zu erschließen, was aber fast alles in die Hose ging.
Die Stadt hatte sich da ziemlich stark finanziell engagiert in den letzten Jahzehnten, aber weil alles nix half, zogen eben immer mehr Leute weg. Nach neuesten Zahlen soll die Einwohnerzahl sich in den nächsten zwei Jahren auf etwa 650-680.000 Einwohner reduzieren. Das wären seit 2010 schon wieder 35-65.000 weniger. Dadurch bricht die Steuerbasis immer stärker ein. Viele Hausbesitzer führen übrigens schon seit der Immobilienkrise in 2008 überhaupt keine Steuern mehr an die Stadt ab, weil sie sich schlichtweg weigern.
Und jetzt geht halt nix mehr. Von Bürgermeister Bing bis runter zur städtischen Putzfrau wird´s wohl auch mit einer Rente vielleicht nichts mehr werden, denn die langfristigen Verpflichtungen der Stadt Detroit lagen im Juni 2012 - einschließlich und vor allem unter Einbezug des Pensionssystems - bei mehr als $14 Milliarden:
As of June 30, 2012, the City’s long term liabilities, including unfunded actuarial accrued pension liabilities and other post-employment benefits, exceeded $14 billion.
Wenn die Stadtverwaltung in die Hände eines Katastrophenschutzmanagers fallen sollte, heißt das folgendes:
- alle mit Gewerkschaften jemals eingegangenen Tarifverträge werden sehr wahrscheinlich eliminiert
- radikale Kostensenkungen im städtischen Bereich und bei der Auftragsvergabe der Stadt
- Städtische Dienstleistungen gibt es nur noch im absoluten Basisangebot
- Massenentlassungen unter städtischem Personal, vor allem unter Beamten und Lehrern
- Sehr wahrscheinlich drastische Kürzungen von Rentenleistungen, etc.
Fragen Sie sich, warum Bürgermeister Bing sich mit Händen und Füßen gegen diese Maßnahmen wehrt. Antwort: Weil von "seiner" Stadt danach kaum noch etwas übrig sein wird. Dann siehts im Kern nämlich bald genauso aus, wie in den Außenbezirken.
Beste Grüße
.
So stelle ich mir eine Stadt vor, nachdem "Skynet" und die Terminatoren die Weltherrschaft an sich gerissen haben..
Ich habe Verwandtschaft in Philadelphia (und bin auch oft dort gewesen) - diese Stadt hat sich zumindest etwas verbessert (äußerlich).
Das Video zeigt genau was von damals noch in Erinnerung hab... das da überhaupt noch Menschen leben - wundert mich.
Wenn alles so weiter geht, wird es mehr und mehr Detroits überall auf der Welt geben..
Danke für den Beitrag