Der Hochfrequenzcomputerhandel sorgte am Freitagnachmittag für neue Kapriolen, nachdem durch einen Flash Crash fast der gesamte Marktwert der im S&P 500 gelisteten Öl- und Explorationsfirma Anadarko Petroleum für einen kurzen Zeitraum ausgelöscht wurde. Man muss sich vorstellen, dass sich $45 Milliarden an Marktkapitalisierung nach einem Sturz auf 1 Cent einfach in Luft auflösten, bevor ein sich anschließender Rebound den Crash egalisierte. Was hat so etwas noch mit Investieren zu tun? Und finden solche Attacken gezielt statt, um so genannte Stub Quotes abzufischen?
Dass der Hochfrequenzcomputerhandel den eigentlichen Sinn und Zweck von Börsen unterminiert und einen effizienten Handel unter den Marktteilnehmern zerstört, setzt sich langsam in der öffentlichen Meinung durch. Börsenbetreiber und Banken stellen sich dennoch die Frage, warum immer weniger Unternehmen den Gang aufs Parkett wagen oder Kleinanleger der Börse fern bleiben. Da das Auf und Ab an den Börsen wird heute vornehmlich durch die Algorithmen im Hochfrequenzcomputerhandel bestimmt, und warum sollten sich Unternehmen und Kleinanleger derartigen Risiken aussetzen?
Mit Investieren hat das überhaupt nichts mehr zu tun, sondern lediglich mit wildem Zocken nach Wild West Manier. Obwohl die US-Börsenaufsicht Regularien einführte, um neue Flash Crashs nach dem herben Absturz des Dow Jones Index im Mai 2010 zu verhindern, wurden derartige Ereignisse in einer ganzen Reihe von Einzeltiteln in den letzten Monaten bekannt. Als jüngstes abschreckendes Beispiel diente am Freitag die im S&P 500 gelistete Öl- und Explorationsfirma Anadarko Petroleum, die in nur wenigen Sekunden $45 Milliarden ihrer Marktkapitalisierung einbüßte. Innerhalb von nur wenigen Sekunden stürzte der Aktienkurs von Anadarko von $90 auf 1 Cent ab, um sich danach wieder zu erholen.
So sah es am Freitagnachmittag zeitweilig mit Blick auf den Kursverlauf der Anadarko Aktie aus. Investoren blieb der Atem stehen, bis sich der Kurs wieder auf Ausgangsniveau erholte. Spielen so genannte Stub Quotes eine Rolle und wer könnte einen Crash dieser Art in einem marktbreiten Wert wie Anadarko auslösen?
Im gestrigen Handel hatte sich die Lage normalisiert. Doch viele Investoren reagierten bestürzt auf dieses Ereignis und trauten ihren Augen kaum. Es stellt sich die berechtigte Frage, wie Regulierer und Aufsichtsbehörden das Vertrauen von Anlegern in den Börsenhandel aufrechterhalten wollen, wenn es immer wieder zu Vorfällen solcher Art an den Börsen kommt. Der Hochfrequenzcomputerhandel zweckentfremdet die eigentliche Funktion von Börsen. Börsen erfüllten nämlich bis vor Kurzem noch den Zweck, Unternehmen als Quelle der Kapitalbeschaffung zu diesen. Heute sind die Handelssäle zu reinen Wettbüros und Spielcasinos verkommen, wodurch die eigentliche Börsenfunktion immer ein Stück mehr zerstört wird.
Laut der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC diene die bislang eingeführte Regulierungsphase I zur Verhinderung neuer Flash Crashs nicht für den Handel mit Aktien nach 15:30 Uhr New Yorker Ortszeit. Dies war der Zeitpunkt, zu dem der Flash Crash in den Anadarko-Aktien stattfand. An der Wall Street kamen nach dem Absturz von Anadarko am Freitagnachmittag Fragen auf, warum die SEC an den so genannten Stub Quotes – Limitorders, die sehr weit vom aktuellen Kurswert eines Titels entfernt liegen – festhält. Automatisch stellte sich auch die Frage, wie es überhaupt möglich sei, einen marktbreiten Titel wie Anadarko innerhalb von Sekunden von $90 auf 1 Cent abstürzen zu lassen.
Vor allem erwischte es in diesem Hinblick die im System gesetzten Stopp Orders, die den Crash beschleunigten. Kritiker stellen sich die Frage, ob Limitorders für Käufe bei 1 Cent der Grund gewesen sein könnten, warum es zum plötzlichen und aus dem Nichts erfolgenden Absturz von Anadarko kam. Man muss sich vorstellen, welche Profite betrügerisch handelnde Marktakteure machen, wenn sich der Kurs wie im Fall von Anadarko von 1 Cent wieder auf den Ausgangskurs vor dem Absturz erholt. Anleger sollten sich fragen, was so etwas überhaupt noch mit Investieren zu tun hat. Der Betrug an den Finanzmärkten nimmt stetig zu, ohne dass Behörden und Regulierer mit ihren Investigationen überhaupt noch nachkommen beziehungsweise präventiv handeln können. Wer tut sich so etwas als Anleger noch freiwillig an? Interessant wird es jedoch dann, falls ein solches Ereignis den breiten Markt nochmals erfassen sollte. Und ganz sicher auch sehr chaotisch.
Kommentare
ich kann Ihnen da nur zustimmen. Das Algotrading ist pures Gift für reine Investitionen und befördert eigentlich nur noch das Zocken. Es zeigt aber auch das die Algosysteme extreme Fehlerquellen aufweisen.
Entweder weil die Vorschriften so lax sind oder die Software einfach nur schlecht programmiert ist. Es ist doch wie bei jedem heutigen modernen Computersystem. Man übergibt dem Kunden eine Betaversion, verkauft diese aber als Finale. Danach kommen jede menge Bugfixes. Ist das bei Windows, OSX und Linux anders? Diese Algosysteme sind heut so hochkomplex, dass sie eben anfällig für einen solchen Flash Crash sind, mit all den Nebenwirkungen.
Und die Regulierer sind sowieso heillos unterbesetzt, überfordert oder einfach nur eingeschüchtert. Da fokussiert man sich eben nur auf das schnellst möglich zu behebende Problem.
Traurige Entwicklung....