Der ewige Konflikt im „heiligen“ Land zwischen Juden und Arabern droht im Angesicht der Annexionspläne von Teilen des Westjordanlandes einmal mehr zu eskalieren. Mahmud Abbas, Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, kündigte bereits Ende April an, alle Vereinbarungen mit Israel und den Vereinigten Staaten aufkündigen zu wollen, falls der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu seine Annexionspläne im Westjordanland nicht ad acta legen sollte.

Der Vorstoß der israelischen Regierung lässt sich zurückführen auf die zu Jahresbeginn durch die Administration von US-Präsident Donald Trump verkündete „Jahrhundertvereinbarung“, in deren Zuge ausgewählte jüdische Siedlungen im Westjordanland durch Israel annektiert werden sollen. Abbas, auch Abu Mazen genannt, teilte indes mit, Israel im Westjordanland als Besatzungsmacht wahrzunehmen.

Sollte der Judenstaat Teile Cisjordaniens (des Westjordanlands) tatsächlich annektieren, so werde sich die israelische Okkupationsbehörde zukünftig auch um alle internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Konvention oder humanitäre Gesetze, die mit einer solch formalen Annexion von Teilen der West Bank einhergingen, in entsprechender Weise kümmern müssen, so Abbas.

„Jahrhundertabkommen“ oder neues „Bantustan“?

Seitens der Palästinensischen Autonomiebehörde würden in einem solchen Fall jedoch alle ehedem mit Israel abgeschlossenen Verträge, einschließlich des im Jahr 1993 vereinbarten Oslo-Abkommens nebst den in den Jahren 1997 und 1998 vereinbarten Hebron- und Wye-River-Abkommen in allen Belangen aufgekündigt.

Insbesondere die damit verbundenen Sicherheitsbestimmungen, die das Zusammenleben von Israelis und Palästinensern im Westjordanland seitdem regelten, seien fortan komplett nichtig, wie Abbas damals anfügte. Der Regierung der Vereinigten Staaten machte Mahmut Abbas den Vorwurf, die Israelis in Bezug auf eine Okkupation von palästinensischem Land einseitig zu unterstützen. Die USA würden deshalb auch die volle Verantwortung zu tragen haben.

Seitens Donald Trumps wurde der momentan durch Amerikaner und Israelis verfolgte Plan zur Umgestaltung des Nahen Ostens als „Jahrhundertabkommen“ bezeichnet.

Vielerorts wird dieser Plan, der den Palästinensern eine von bestimmten Bedingungen abhängige Unabhängigkeit bescheren soll, allerdings heftig kritisiert, da eine israelische Annexion von Teilen des Westjordanlands mit der Schaffung eines Leopardenfells beziehungsweise einem neuen „Bantustan“ im Nahen Osten einhergehen würde.

Nicht nur die Arabische Liga warnt im Fall einer Umsetzung dieses Plans vor dem Aufgehen einer neuen Saat hinsichtlich des Ausbruchs einer neuen Intifada und des Wiederaufflammens von kriegerischen Konflikten und Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Auch die Führung der Europäischen Union stimmte in den Chor der Mahner mit ein.

Hamas: Entscheidung gleicht Kriegserklärung

In der vergangenen Woche warnte die Führung der palästinensischen Organisation Hamas die israelische Regierung davor, einen „beispiellosen Preis“ zu bezahlen, falls es zur einseitigen Annexion von Teilen Cisjordaniens kommen sollte. Aus Sicht der radikal-islamistischen Hamas würde eine solche Entscheidung einer „Kriegserklärung“ gleichkommen, wie Hamas-Sprecher Abu Obeida erklärte.

Laut Abu Obeida, dessen Organisation seitens des Judenstaats als Terrororganisation eingestuft wird, seien die durch Israel und die Vereinigten Staaten verfolgten Pläne nicht nur illegal, sondern geradezu kriminell, und würden mit dem größten Raub palästinensischen Landes innerhalb der letzten Jahrzehnte einhergehen. Israel werde eine solche Entscheidung laut Abu Obeida bitterlich bereuen.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu will trotz allem an seinen Plänen zu einer Annexion von Teilen der West Bank, wo sich mittlerweile knapp 500.000 israelische Siedler – teils illegal – niedergelassen haben, festhalten. Schon am 1. Juli soll es aus israelischer Sicht jedoch formal soweit sein, weshalb sich im „heiligen“ Land schon bald alte, neue Konflikte Bahn brechen dürften.

Es lässt sich damit rechnen, dass die politisch auch untereinander zerstrittenen Palästinenser nun wieder eng zusammenrücken werden, wenn es darum gehen wird, sich dem kleinen und zionistischen „Satan“ Israel und dem großen „Satan“ USA mit allen Mitteln zu widersetzen.

Die israelischen Annexionspläne, die sich auf den durch die Trump-Administration kürzlich präsentierten Plan „Vision zugunsten des Friedens“ im Nahen Osten stützen, werden durch die Palästinenser rundheraus abgelehnt. Auch die Vereinten Nationen mit Sitz in New York haben den amerikanisch-israelischen Plan zuletzt als „ungesetzlichbezeichnet, und die US-Regierung offiziell dazu aufgefordert, sich von einer Umsetzung des Plans zu distanzieren.

Lieberman warnt: Stehen am Rande eines Kriegsausbruchs

Der ehemalige Verteidigungsminister Israels, Avigdor Lieberman, warnt unter Bezugnahme auf Al-Masdar News unterdessen davor, dass der Iran und die im Libanon ansässige Schiiten-Organisation Hisbollah Israel an den Rand eines neuen Kriegsausbruchs in der Region des Nahen Ostens drängen würden.

Al-Masdar News nimmt Bezug auf im Rahmen eines Interviews gegenüber der hebräisch-sprachigen Zeitung Maariv getätigten Aussagen Liebermans, laut denen der Iran mittlerweile über angereichertes Uran, das zum Bau einer Atombombe benötigt wird, verfügen würde. Danach befinde sich der Iran im Besitz eines achtmal höheren Betrages an angereichertem Uran als es das internationale Atomabkommen (JCPOA), aus dem die Trump-Administration einst einseitig ausgestiegen war, erlaube und vorsähe.

Neben der jüngst erfolgten Lancierung eines Spionagesatelliten durch die iranische Führung arbeite die Hisbollah im Libanon zudem am Bau einer Raketenfabrik, während Teheran trotz vieler eigener Wirtschaftsprobleme nach wie vor Organisationen wie die Hisbollah, die Hamas und den Islamischen Dschihad finanziere.

Israel antworte auf diese Entwicklungen mit einer Intensivierung eigener Bombenangriffe im benachbarten Syrien, die neben iranischen Streitkräften auch deren militärische Verbündete zum Ziel hätten, so Lieberman. Lieberman warnt davor, dass sich Israel einerseits sowie der Iran und die libanesische Hisbollah andererseits am Rande eines Kriegsausbruchs befänden.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret lässt sich damit rechnen, dass es im „heiligen“ Land ab dem 1. Juli erneut zum Ausbruch eines militärischen Konflikts kommen dürfte, in den naturgemäß nicht nur der wirtschaftlich inzwischen vollkommen zerrüttete Libanon, sondern auch eine Reihe von anderen arabischen Nachbarstaaten mit hineingezogen werden könnte. Ägypten, das bereits erklärt hat, notfalls mittels eines Einmarschs im benachbarten Libyen auf die Interventionen der Türken zu reagieren, sähe sich zwischen zwei eskalierenden Konfliktherden in seiner unmittelbaren Nachbarschaft in einer Sandwich-Position verortet.

Wie schnell kann es im Nahen und Mittleren Osten zu einem zusammenwachsenden Flächenbrand kommen? Zumal die iranische Führung am heutigen Tag einen internationalen Haftbefehl gegen US-Präsident Donald Trump aufgrund der zu Jahresbeginn erfolgten Ermordung von Kassem Soleimani ausgestellt hat und Interpol in diesem Belang um eine vollumfängliche Kooperation ersucht hat.

Letztendlich zeigt sich wieder einmal, dass, es sich im Hinblick auf das „heilige“ Land - wie es ein Beobachter einmal so treffend zum Ausdruck brachte - nicht um ein politisches Problem, sondern um eine Frage des Jüngsten Gerichts handele.

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