Denn allein im Monat Januar ist es zu einer Kreditinjektion in China in Höhe von 3,58 Billionen Yuan/RMB (!) gekommen, womit der im Januar 2020 auf dem Höhepunkt des chinesischen Covid-Lockdowns injizierte Kreditbetrag in Höhe von 3,34 Billionen Yuan/RMB jetzt gar noch luftig, locker überschritten worden ist.

 

Erinnern wir uns daran, dass sich die chinesische Wirtschaft im Januar vergangenen Jahres in einem weitreichenden Lockdown auf dem bisherigen Höhepunkt der örtlichen Covid-Krise befunden hatte. Damals stand die Produktion in einer Vielzahl von Unternehmen im Land fast komplett still.

Um Wirtschaft und Finanzsystem aufrecht und am Leben zu (er)halten, ließ es sich noch nachvollziehen, warum es in der Volksrepublik China zu einer rekordhohen Kreditinjektion zu Beginn des vergangenen Jahres gekommen war. Doch heute, und somit ein Jahr später, wiederholt sich plötzlich alles noch einmal?

Warum? Hatte China sich über die vergangenen Wochen nicht öffentlich damit gebrüstet, weltweit bislang mit am besten durch die Wirtschaftskrise hindurchgekommen zu sein?

Aus aktueller Sicht erweckt es vielmehr den Eindruck, als ob es im Zeitablauf zu immer größeren Kreditinjektionen in der Volksrepublik China kommen muss, um das dortige System zu stützen und am Leben zu erhalten.

Nicht nur die Vergabe von frischen Darlehen hat unterdessen eine neue Höchstmarke erreicht. Auch das international wohl mit am aufmerksamsten beobachtete Kreditaggregat, namentlich Total Social Financing, in dem sowohl offizielle Darlehensvergaben und Kreditvergaben im Schattenbankensystem des Landes wie auch Bondemissionen enthalten sind, explodierte im Januar auf 5,17 Billionen Yuan/RMB, was einem aktuellen Betrag in Höhe von umgerechnet rund 800 Milliarden US-Dollar entspricht.

 

Blickt man auf die vergangenen Monate zurück, so hat die Volksrepublik China innerhalb von nur einem Monat in etwa denselben Betrag in das heimische Finanzsystem gepumpt, welcher kumuliert über die vergangenen sechs Monate beobachtbar gewesen ist.

Aus diesem Blickwinkel kann weder von „Neutralität“ noch „Fiskaldisziplin“ die Rede sein. Nachdem sich im Dezember ein bedeutender Rückgang der Kreditvergabe im Bereich des Total Social Financing beobachten ließ, waren manche Beobachter augenscheinlich darum bemüht, den Ankündigungen der chinesischen Regierung und der People´s Bank of China Glauben zu schenken.

Offiziell hieß es im Dezember und unter Bezugnahme auf den geldpolitischen Bericht der People´s Bank of China für das vierte Quartal 2020 sowie Ausführungen des wirtschaftlichen Zentralplanungskomitees, dass Chinas Zentralbank von einer merklichen Verschärfung der geldpolitischen Bedingungen auf Sicht zwar absehen werde, um das Wirtschaftswachstum in der Heimat nicht zu gefährden.

Um jedoch einem graduellen Aufbau von Risiken in der Wirtschaft und dem Finanzsystem entgegenzuwirken, wolle man die heimische Geldpolitik im neuen Jahr auch nicht zu lax gestalten, sondern das eigene Augenmerk vielmehr auf einen anhaltenden Schuldenabbau legen, wie es damals hieß. Anders ausgedrückt handelt es sich um sehr vage Formulierungen.

Die neuen Kreditdaten zeigen, dass es im Januar nicht nur zu einer deutlichen Steigerung der Darlehenszusagen im mittel- bis langfristigen Bereich an Unternehmen im Produzierenden Gewerbe gekommen ist, sondern dass auch private Haushalte wieder verstärkt im Kredit- und Darlehenssektor als Nachfrager aktiv waren.

Nach wie vor werden zudem Kleinunternehmen durch die Pekinger Regierung finanziell gestützt. Im Bereich der Märkte für Unternehmensanleihen haben die Neuemissionen nach dem erlittenen Schock im November fast wieder dasselbe Niveau wie vor dem Ausbruch der Mini-Krise an Chinas Anleihemärkten erreicht.

Im Spätherbst des letzten Jahres war es zu einer bislang ungesehenen Welle von Defaults und Zahlungsausfällen in diesem Sektor gekommen. Ganz besonders betroffen sahen sich Firmen in Staatseigentum.

Anders stellte sich die Situation im Januar aus Sicht der Märkte für chinesische Staatsanleihen dar, an denen sich die Emissionen der Regierung als rückläufig erwiesen. Anscheinend gibt es eine gute Erklärung für die starke Zunahme der Kreditvergabe im Monat Januar.

Denn immerhin begannen die Zinsen an den chinesischen Interbankenmärkten aufgrund von Bedenken über eine potenzielle Straffung der Geldpolitik durch die People´s Bank of China in den letzten Tagen und Wochen merklich zu klettern.

Zwar werden die Zinsen durch die People´s Bank of China vom jetzigen Standpunkt aus betrachtet wohl nicht noch weiter gesenkt, was allerdings nicht heißen muss (wie der Monat Januar eindrucksvoll gezeigt hat), dass es nicht jederzeit zu einer Flutung des Finanzsystems mittels billionenschwerer Kreditinjektionen kommen kann, falls dies notwendig sein sollte.

Und dies könnte durchaus schon bald in einem noch höheren Ausmaß notwendig werden. Der Grund? Einerseits deutet zurzeit eine ganze Menge auf einen bevorstehenden Abschwung des chinesischen Kreditimpulses hin. Und damit läuten vielerorts die Alarmglocken!

Denn ein sich in der Volksrepublik China abschwächender Kreditimpuls führt für gewöhnlich zu einem rückläufigen Wachstum und sinkenden Preisen in der globalen Wirtschaft. Allein aus diesem Grund empfiehlt es sich aktuell, sein Augenmerk nicht nur auf diese Entwicklung, sondern vor allem auch auf die charttechnische Situation im Rohstoffbereich zu legen.

Lassen Sie also den Verlauf von unter anderem Dr. Copper, Nickel oder Eisenerz nicht aus den Augen, um hieraus weitere Schlüsse abzuleiten. Fakt ist und bleibt nach wie vor, dass sich das schuldenbasierte Wachstums und der Kreditimpuls in der Volksrepublik China als einer der wichtigsten Taktgeber und akkuratesten Indikatoren im Hinblick auf das Wachstum der globalen Wirtschaft erweisen.

Und so wird seitens JPMorganChase in diesen Tagen denn auch davor gewarnt, dass Chinas Kreditimpuls im Begriff sei, seinen Höhepunkt zu erreichen, um danach unter Umständen in einen Abschwung überzugehen.

Immerhin hat die Veränderung der prozentualen Wachstumsrate der insgesamt in der Volksrepublik China vergebenen Kredite in Relation zum Bruttoinlandsprodukt des Landes signifikante Auswirkungen auf die Zukunft der Weltwirtschaft. Allgemein wird davon ausgegangen, dass der Kreditimpuls in China der Entwicklung in der Weltwirtschaft um rund neun bis zwölf Monate vorausläuft.

Da China einer der maßgeblichen Taktgeber der weltwirtschaftlichen Entwicklung ist, bleibt zu beachten, dass die Kreditschöpfung im Land die Rohstoffpreise für gewöhnlich in hohem Ausmaß beeinflusst, auch wenn die Rohstoffpreise momentan zu einem unbestimmten Grad spekulationsgetrieben zu sein scheinen.

Da sich die Volksrepublik China weltweit als größter Nachfrager an den Kupfermärkten erweist, dürfte die Chance auf einen weiteren Anstieg der Kupferpreise auch davon abhängen, ob die Volksrepublik China – entgegen der eigenen Ankündigungen – die heimischen Kredite weiter expandiert.

Alternativ bleibt in diesem Sinne zu beachten, ob es in den USA unter dem Präsidenten Joe Biden vielleicht doch nicht zur Ankündigung hinsichtlich einer möglichen Verabschiedung eines großen Infrastrukturprogramms kommen wird, das in der Amtszeit von Donald Trump schon einmal in aller Munde gewesen ist.

Tritt die Volksrepublik China in den nächsten Wochen und Monaten hingegen wieder auf die Kreditbremse, dürfte der aktuelle Aufwärtstrend im Kupfersektor, der sich nun charttechnisch vor eine Reihe von Hürden gestellt sieht, eher begrenzt sein.

Sollten sich die Lage an den internationalen Kupfermärkten ändern und die Preise in diesem Zuge nach unten wegdrehen, so könnten auch andere Basismetalle aufgrund von drohenden Überkapazitäten in diesen Sog mit hineingezogen werden. Dies würde insbesondere aus Sicht einer Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums gelten.

Andererseits deuten einige der sehr aufmerksam beobachteten Echtzeit-Indikatoren im ökonomischen Bereich inzwischen auf einen Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten in der Volksrepublik China selbst hin.

Hiervor betroffen sind nicht nur die Verkehrsbewegungen im Land, sondern auf moderatere Weise auch die Entwicklungen im Produzierenden Gewerbe, wie die nachfolgenden Grafiken mit Verweis auf Haver Analystics belegen.

Verkehrsbewegungen:

Produzierendes Gewerbe (Industrie):

Zeitgleich ist es in vielen Sektoren zuletzt zu teils deutlichen Preissteigerungen gekommen. Es könnte sich hierbei durchaus um die Vorstufe einer Stagflationsentwicklung handeln.

Im Windschatten der Interbankzinsen waren seit Ende Januar auch die siebentägigen Repo-Zinsen gestiegen, was zu Liquiditätsengpässen geführt haben könnte. Inzwischen hat die People´s Bank of China direkt interveniert, um für Beruhigung in diesem Bereich zu sorgen, worauf es dann auch zu einem signifikanten Rücklauf der Repo-Zinsen gekommen ist.

Vielleicht ist dies noch ein Grund mehr, warum anhaltende Kreditinjektionen in Wirtschaft und Finanzsystem im Lauf des ersten und zweiten Quartals nicht – wie noch im Januar – zu den großen Überraschungen gehören dürften.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Aus den aktuellen Entwicklungen lässt sich schließen, dass die Pekinger Regierung weiterhin einen Drahtseilakt vollzieht, dem Rest der Welt erklärend, den Schuldenabbau in der Heimat vorantreiben zu wollen, während es bei Licht besehen von Zeit zu Zeit tatsächlich zu einer Injektion von rekordhohen Kreditinjektionen in das heimische Finanzsystem kommt.

Auf diese Weise wird der chinesischen Wirtschaft und dem heimischen Finanzsystem erneut eine rekordhohe Neuverschuldung aufgebürdet. Nicht von ungefähr dürften Bankaktien an der Börse Hongkong über die letzten Tage mit zu den besten Performern gehört haben. Auch an den chinesischen Festlandbörsen kam es zu einem Kursaufschwung im Bankenbereich.

Anders ausgedrückt liegen aus Sicht der Pekinger Regierung Wunsch und Wirklichkeit nach wie vor meilenweit auseinander. Hätte man Peking über die vergangenen Wochen beim Wort genommen, so hätte es im Januar niemals zu einer derartigen Kreditflutung des Systems hätte kommen dürfen.

Wer sich härterer Worte bedienen wollte, könnte auch auf den Gedanken kommen, dass Peking einmal mehr gelogen zu haben scheint...Nichts Neues im Osten also. Das Spielchen geht so lange weiter, bis es irgendwann abrupt enden wird!

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