Es ist vielleicht an der Zeit, sein Augenmerk wieder einmal auf Südamerika, und in diesem Fall auf Brasilien zu richten. Während Venezuela in einer wirtschaftlichen Depression samt Hyperinflation versinkt, schrumpft auch die brasilianische Wirtschaft munter weiter.

Dabei hatten Analysten darauf gehofft, dass sich die Wirtschaft aufgrund der in den letzten Quartalen gestiegenen Basismetallpreise ein wenig von der schlimmsten jemals durchlebten Rezession erholt haben würde.

Doch Pustekuchen. Wie sich zeigt, haben auch die Olympischen Spiele kaum einen Beitrag dazu geleistet, das brasilianische BIP nachhaltig zu beleben. Was heute noch von den Spielen geblieben ist, ließ sich in deren Vorfeld bereits auf eben jene Weise erahnen.

Eine Reihe von sündhaft teuren Bauten rottet leer stehend vor sich hin. Ob die Milliarden von US-Dollars, welche die sozialistische Vorgängerregierung in diese Projekte investiert hatte, den kurzen Stimmungsheber unter der Bevölkerung wert gewesen sind, steht indes auf einem anderen Blatt.

Und so zeigt sich zurzeit alle Welt recht überrascht ob der Tatsache, dass die brasilianische Wirtschaft im vierten Quartal 2016 noch tiefer in den Abgrund gerutscht ist als im Vorfeld der Datenpublikation allgemeinhin erwartet wurde.    

Sowohl der in Brasilien allseits verhasste Präsident Michel Temer als auch die brasilianische Zentralbank stehen nun im Rampenlicht. Denn von ihnen wird erwartet, das Land endlich aus der Rezession zu führen und Brasilien wieder eine ökonomische Perspektive zu geben.

Doch einfach dürfte es nicht werden. Denn wie neue Daten der Statistikbehörde IBGE zeigen, ist Brasiliens Wirtschaft im Gesamtjahr 2016 um satte 3,6% geschrumpft. Bereits im Vorjahr schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt auf Jahresbasis um 3,8%.

Aus diesen offiziellen Zahlen resultiert der langwierigste und härteste Wirtschaftsrückgang, den Brasilien in seiner Historie jemals zu verkraften hatte. Es verwundert kaum, dass die Unzufriedenheit unter vielen Brasilianern einen Siedepunkt erreicht hat.

Denn zu der katastrophalen Wirtschaftsentwicklung reihen sich die politischen Skandale in kurzer Abfolge aneinander, in die nahezu die gesamte Führungsriege des Landes (egal ob Regierung oder Opposition) verstrickt sind.    

Wie aktuelle Daten von der Wirtschaftsfront zeigen, hat sich die Wirtschaftsschrumpfung im vierten Quartal 2016 – entgegen aller Hoffnungen auf Besserung – im Vergleich mit dem Vorquartal sogar noch verschärft.

Um 0,9% schrumpfte Brasiliens Wirtschaft im Schlussquartal des letzten Jahres gegenüber den vorherigen drei Monaten. Die Investitionen brachen im Gesamtjahr 2016 gar um satte 10,2% ein.

Brasiliens Zentralbank in der Zwickmühle

Wie zuvor angenommen, findet sich die brasilianische Zentralbank in einer ausgemachten Zwickmühle wieder. Denn um den Real zu verteidigen, blieb der Zentralbank zuletzt nichts mehr anders übrig, als ausgerechnet in der Wirtschaftskrise den Leitzins deutlich anzuheben.

Bis Oktober 2016 war der brasilianische Leitzins auf ein 10-Jahres-Hoch von 14,25% geklettert, wodurch selbstverständlich die heimischen Wirtschaftsaktivitäten abgewürgt wurden. Aus diesem Grund gehen Analysten von weiteren aggressiven Zinssenkungen der Notenbank aus.

Wenn da doch bloß nicht der starke Verfall des Reals und der zulegende Inflationsausblick in die Suppe spucken würden. Wie dem auch sei, trotz aller Widrigkeiten wird an den Finanz- und Kapitalmärkten damit gerechnet, dass Brasiliens Wirtschaft im laufenden Jahr wieder wachsen wird – und zwar um mickrige 0,5% bis 1%.

Ein Großteil des aktuellen Optimismus basiert auf der Ankündigung Temers, im laufenden Jahr von Staatsseite umgerechnet knapp $14,5 Milliarden in Form von neuen Konzessionen zu vergeben, um den privaten Wirtschaftssektor zum Bau neuer Infrastruktur zu ermuntern.

Es fällt ihnen weltweit eben nichts mehr anderes ein, als sich auf den zwanzigjährigen Pfad Japans zu begeben, der jedermann als abschreckendes Beispiel dienen sollte. Interventionen des Staates werden kurzfristig vielleicht dazu in der Lage sein, die wirtschaftliche Situation ein wenig zu verbessern.

Allerdings machen solche Interventionen die Dinge langfristig nur noch schlimmer, wie das Beispiel Japan seit einiger Zeit jedermann vor Augen führt. Irgendwann bleibt nämlich nichts mehr anderes übrig, als einer rapide wachsenden Verschuldung mittels der Druckerpresse zu begegnen.

Eine Entwicklung, mit der viele südamerikanische Staaten in der Historie bereits weitläufige Erfahrungen gemacht haben – keine guten, so viel sei an dieser Stelle gesagt. Natürlich sollen die meisten Konzessionen hauptsächlich im Hinblick auf den Bau und den Unterhalt von Straßen, Hafenanlagen, Terminals und Eisenbahnen vergeben werden.

Auf Regierungsseite verspricht man sich im Zuge eines solchen Investitionsprogramms die Schaffung von 200.000 neuen Arbeitsplätzen in Brasiliens Wirtschaft. Temer wies darauf hin, dass der private Wirtschaftssektor eingeladen sei, sich um diverse Bau- und Wartungsprojekte zu bewerben.

Momentan liegt Brasiliens Arbeitslosenquote offiziell oberhalb der Marke von 12%. Doch das dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Bezöge man den informellen Sektor des Landes mit in die Datenerhebungen ein, dürften Werte von weit über 20% erreicht werden. Da die Regierung auf ein horrendes Budgetdefizit blickt, soll der Privatsektor zu Investitionen animiert werden.

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