Auf Wunsch eines Lesers erscheint heute ein Bericht zum angedachten Schuldenswap unter Chinas astronomisch verschuldeten Zombieunternehmen. Ich habe eigentlich schon gar nicht mehr so richtig Lust, über die Lage in China zu berichten, weil ich mir zu diesem Thema und zum überbordenden Schulden-Ponzi im Reich der Mitte in den letzten Wochen und Monaten fast schon die Finger wund geschrieben habe. Doch die Entwicklungen geben unserem Leser Recht, so dass seinem Wunsch hiermit genüge getan werden soll. Denn der Ausbruch von Massenprotesten unter besorgten Arbeitern und Kohlekumpels forciert sich!

Die People´s Bank of China bereitet neue Regularien vor, die es Geschäftsbanken erlauben sollen, einst an den heimischen Unternehmenssektor vergebene und faul gewordene Kredite in frisch zu emittierende Aktien dieser Firmen umzutauschen. Die neuen Regeln würden den Gesamtumfang der nicht mehr einbringbaren Darlehen reduzieren und gleichzeitig Kapital für eine neue Kreditvergabe frei setzen.

Die neu zu vergebenden Darlehen sollen verstärkt in Infrastrukturinvestments fließen. Dies ist auch mit ein Grund, weswegen die Preise der Basismetalle (Eisenerz, Kupfer, Aluminium & Co.) in den letzten Wochen teils deutlich zulegen konnten. Auch Fabrikerneuerungen sollen mit dazu beitragen, die sich abschwächende Wirtschaft in China wiederzubeleben. Erst in der vergangenen Woche kletterte die Anzahl der faulen und säumigen Kredite in Relation zu allen durch die Geschäftsbanken vergebenen Darlehen auf ein neues Dekadenhoch.

 

Wie offizielle Daten zeigten, werden die faulen und zahlungssäumigen Darlehen in Chinas Bankensystem bis Jahresende bei umgerechnet knapp $615 Milliarden liegen. Beileibe kein Pappenstiel für eine Wirtschaft, deren Wachstumsraten sich in den letzten Monaten deutlich abgeschwächt haben. Es wird für die Pekinger Staatsführung also mehr als Zeit, um ein neues Kaninchen aus dem Hut zu zaubern.

Analysten erklärten, dass die anstehenden Regeländerungen zeigten, dass die uneinbringbaren Kredite in Chinas Bankensystem ein Ausmaß erreicht hätten, dass die Angelegenheit nun adressiert werden müsste, bevor die Dinge gänzlich außer Kontrolle gerieten. Es sind – wie in der Vergangenheit berichtet – vor allem Chinas Staatsbanken, die einst an Stahlproduzenten und andere Produktionsunternehmen vergebene Darlehen immerfort rolliert hatten.

Eigentlich war diese Vorgehensweise darauf ausgelegt, den Kreditnehmern mehr Zeit zu geben, um ihre Kröten zusammenzukratzen und die ausstehenden Darlehen weiter zu bedienen. Doch diese Vorgehensweise hat sich letztendlich als das erwiesen, was sie von Anbeginn gewesen ist: eine Schnapsidee. Die Qualität der durch Staats- und Geschäftsbanken gehaltenen Kredite ist heute eindeutig schlechter als es auf den ersten Blick den Eindruck vermittelt. 

Nicht wenige Banken hatten in den letzten Monaten den Versuch unternommen, frisches Kapital aufzunehmen und faule Darlehen in ihren Bilanzbüchern zu verstecken. Analysten trauen den Zahlen der chinesischen Banken schon lange nicht mehr über den Weg, da manche Institute die Anzahl ihrer faulen Darlehen als zu niedrig ausgegeben haben. Nun, warum soll jemand Chinas Banken etwas vorwerfen, was Europas und Amerikas Banken schon seit Ausbruch der Finanzkrise durch das Standard Financial Board (SFB) offiziell erlaubt worden ist?

Die Frage aller Fragen lautet, was sich aus einer Bankbilanz überhaupt noch herauslesen lässt?! Und weswegen sollte Peking in diesem globalen Umfeld übel genommen werden, die eigenen Banken zu unterstützen? Jeder Wirtschaftsraum macht dies schließlich. Blicken Sie dazu nicht allzu weit in die Ferne. Schauen Sie sich an, was EZB-Chef Mario Draghi macht. Sollte es in China tatsächlich zu einem so genannten Debt-for-equity-swap kommen, können Sie davon ausgehen, dass Chinas Zombiefirmen noch eine ganze Weile mit durchgeschleppt werden.

Natürlich geht dies zu Lasten der allgemeinen Produktivität, doch in einem Land, in dem massive Arbeitnehmerentlassungen ganz schnell – wie im Jahr 2008 zu beobachten – mit Arbeiteraufständen und revolutionsartigen Protesten Hand in Hand gehen können, ist nun einmal jedes Mittel recht. Als neulich eine bevorstehende Entlassungswelle von bis zu sieben Millionen Arbeitnehmern in China Schlagzeilen machte, fühlte ich mich an die Ereignisse im frühen Jahr 2008 erinnert. Damals begannen die Dinge genauso.

Peking wird also gar nichts anderes übrig bleiben, als den einmal beschrittenen Pfad weiter zu beschreiten. Übersetzt heißt das, das BIP-Wachstum in der Heimat mit allen nur erdenklichen Mitteln zu unterstützten und eine potenzielle Ausfallwelle an Chinas Bondmärkten mit aller Macht zu verhindern. Dass auf diese Weise wirtschaftlich viel zu schwache Unternehmen im Wettbewerb gehalten werden, interessiert in Peking niemanden.

Dort sorgt sich die Staatsführung nämlich vordergründig um möglicherweise ausbrechende Streiks, Arbeiterunruhen und soziale Aufstände. Und während ich diesen Bericht schreibe, scheint die Show trotz allem loszugehen. Wie die Presseagentur AFP berichtet, haben sich Tausende von Minenarbeitern in Chinas kohlereichen Nordprovinzen auf die Straßen begeben, um einen der größten Streiks und Ausstände seit vielen Jahren abzuhalten. Machen Sie sich selbst ein Bild:

Primär geht es den Arbeitern und Kumpels um unbezahlte Löhne und die wachsende Furcht, dass die Regierung dazu neigen könnte, deren in Staatseigentum befindliche Arbeitgeber zu „restrukturieren“, was zu weiteren Massenentlassungswellen führen würde. Und so wird auf eine Entscheidung aus Peking gewartet. Würden die neuen Regularien umgesetzt, so würde dies eine spezielle Genehmigung des Pekinger Staatsrats erfordern.

In diesem Zuge müssten auch die Gesetze für kommerzielle Geschäftsbanken „reformiert“ werden, da es diesen zurzeit noch verboten ist, in Nicht-Finanzunternehmen zu investieren. In der Vergangenheit bedienten sich Chinas Geschäftsbanken für gewöhnlich des Versuchs, die Laufzeiten von ausstehende Darlehen zu verlängern oder faule Kredite zu einem Rabatt an staatseigene Vermögensmanagementfirmen zu veräußern.

Diese Vehikel versuchten wiederum, die übernommenen Schulden einzutreiben oder gar mit Gewinn an Investoren zu veräußern, deren Spezialität es ist, faule Darlehen aufzukaufen. Wie kommerzielle Geschäftsbanken die in Aktien zu transformierenden Schulden bewerten sollen, ist bislang noch nicht raus. Es ist ein jedoch nicht unwesentlicher Faktor, da diese Schulden nach dem Aktientausch schließlich als gehaltene Vermögenswerte in den Bankbilanzen auftauchen werden.

IWF: Kreditvolumen chinesischer Unternehmen bei 160 Prozent des BIP

Und da durch diesen Kaninchenhutzauber wieder frisches Geld für die Kreditvergabe frei werden soll, dürfen Sie getrost davon ausgehen, dass Unternehmen, die zum jetzigen Zeitpunkt bereits gescheitert sind, als Zombiefirmen (wie auch in Japan oder Südkorea der Fall) noch mehr Schulden anhäufen werden, um Arbeiter in Lohn und Brot zu halten. Und nicht nur das. Auch die massiven Überkapazitäten werden sich auf diese Weise keineswegs in Luft auflösen. Im Gegenteil ist vielmehr mit einer nochmaligen Zunahme zu rechnen.

Wer einen Blick auf die nackten Zahlen wirft, dem könnte bereits schlecht werden. Denn laut offizieller Zahlen des IWF sind die Kredite an Unternehmen im Nichtfinanzsektor Chinas in den vergangenen fünf Jahren von 120% in Relation zum BIP bis Ende 2015 auf mehr als 160% des BIPs geklettert. Analysten bringen die Dinge in der Tat einmal auf den Punkt, wenn sie behaupten, dass diese Anfälligkeit dringend adressiert werden müsse, da sich Chinas Ökonomie auf eine mehr an den Finanzmärkten ausgerichtete Wirtschaft zu bewege, was vor allem auch die Wechselkursrate des Yuan mit einschließe.

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