Investoren und Analysten scheint zudem die Aussage des hochrangigen Notenbankberaters Ma Jun im Rahmen einer Vermögensmanagementkonferenz nicht zu schmecken, laut der es an den globalen Kapitalmärkten zu Blasenbildungen gekommen sei. Hiervon betroffen seien insbesondere die Aktien- und Immobilienmärkte, weshalb Ma auf notwendige Änderungen in der geldpolitischen Strategie drängte.

Ob sich die aktuelle Lage an den Aktien- und Immobilienmärkten im Verlauf dieses Jahres noch weiter verschärfe, hänge davon ab, ob es im Jahr 2021 zu notwendigen Anpassungen in Bezug auf die vorherrschende Geldpolitik kommen werde, so Ma.

In den Worten Mas spiegelt sich eine gute Portion Skeptizismus, den eigenen Worten durch den Hinweis, laut dem sich die ökonomischen und finanziellen Risiken mittel- bis langfristig nur noch vergrößern würden, falls es in der geldpolitischen Strategie in absehbarer Zeit nicht zu einem Regimewechsel käme, noch mehr Schärfe verleihend.

Blasen nähren andere Blasen…

Nach wie vor gilt unter Notenbanken ganz offensichtlich das Motto, wonach bestehende Blasen andere Blasen nähren. Blasen gibt es an den Finanzmärkten beileibe genug und in Hülle und Fülle. Nur offen zugeben möchten die Vertreter der Notenbanken diese Tatsache nicht, da diese Entwicklungen durch die eigens betriebene Geldpolitik geschürt werden.

Es wäre zielführend, neben den Aktienmärkten seinen kritischen Blick insbesondere auf die Bondmärkte zu werfen, an denen immer mehr Bonds und Anleihen zwar kaum noch Zinsen abwerfen, wo es aufgrund der anhaltenden Geldinjektionen der Notenbanken jedoch nach wie vor zu „Frontrunning-Aktivitäten“ unter Investoren und Spekulanten kommt, wodurch die Blase an den Anleihemärkten wiederum immer größer zu werden droht.

Hinweis auf „neutralere“ Geldpolitik? – Die Zinsen geraten in Bewegung

Aussagen nach Art Mas könnten einen Hinweis darauf liefern, dass zumindest die People´s Bank of China ihren Ankündigungen in den nächsten Wochen und Monaten tatsächlich auch Taten folgen lassen könnte, um die heimische Geldpolitik „neutraler“ zu gestalten.

Am Mittwochmorgen kletterte der Zins für Übernachtkredite in der Spitze um knapp dreißig Basispunkte auf 2,78 Prozent, was dem höchsten Zinsniveau seit Oktober 2019 entspricht. Noch vor rund einem Monat hatte dieser Zinssatz nach vorherigen Geldspritzen der People´s Bank of China ein neues Allzeittief ausgebildet.

Auch der Zinssatz für Kredite mit einer Laufzeit von sieben Tagen kletterte in diesem Zuge um knapp vierzig Basispunkte auf fast 2,8 Prozent, was augenscheinlich in einem direkten Zusammenhang mit einer durch die Notenbank verkündeten Liquiditätsverknappung in Höhe von knapp achtzig Milliarden Yuan/RMB steht, auf die zur Wochenmitte nochmals hundert Milliarden Yuan/RMB draufgesattelt wurden.

Drosselung der Kreditvergabe im Immobiliensektor

Um die Situation an den heimischen Häuser- und Immobilienmärkten abzukühlen, haben Chinas Regulierungsbehörden bereits Ende letzten Jahres verordnet, dass Geschäftsbanken ihre Kreditvergabe im Immobiliensektor fortan drosseln und einschränken müssen, was vor allem auf die großen Projektentwickler des Landes betrifft.

Auf diese Weise sollen nicht nur die auf einer billigen Kreditvergabe fußenden Bauaktivitäten abgekühlt werden, sondern in der Zwischenzeit in Schieflage geratenen Projektentwicklern wie Evergrande soll zudem ein Riegel im Hinblick auf eine Fortführung von Bauaktivitäten auf Basis eines enorm hohen Fremdfinanzierungsgrades vorgeschoben werden.

Jüngste Geldspritzen halfen Interbankzins unter Kontrolle zu halten

Einzelne Städte und Kommunen haben mittlerweile Maßnahmen verabschiedet, um zum Beispiel mittels Änderungen in der örtlichen Steuergesetzgebung die Nachfrage nach Häusern und Eigentumswohnungen zu minimieren. Beobachten lässt sich seit Frühjahr letzten Jahres unter anderem auch, dass die Zinsen an Chinas Interbankenmärkten am Klettern sind.

So verdoppelte sich beispielsweise der Interbankenzins mit einer Laufzeit von drei Monaten in der Metropole Shanghai zwischen Mai und November letzten Jahres in der Spitze auf mehr als drei Prozent, bis es im Dezember aufgrund neuer Geldspritzen der People´s Bank of China zu einer moderaten Entspannung der Lage kam.

Diese Geld- und Liquiditätsspritzen verhalfen ebenfalls den chinesischen Aktienmärkten zu einem neuen Aufschwung, der – wie im Falle der Börse Hongkong – auch einen hohen Grad an ausländischem Kapital anlockte. Der Leitindex CSI 300 ist seitdem auf das höchste Niveau seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 geklettert.

Liquiditätsverknappung fordert ihren Tribut – doch Schwellenländer wohl weiter stark gefragt

Die Liquiditätsverknappung durch die People´s Bank of China scheint inzwischen jedoch zumindest Tribut unter Investoren und Anlegern auf dem chinesischen Festland zu fordern. In den letzten Tagen gab Hongkongs Hang Seng Index teilweise deutlich nach. Auch der CSI 300 Index musste ein wenig Federn lassen.

Ob die Liquiditätsverknappung durch die chinesische Zentralbank mittelfristig allerdings den gewünschten Effekt erzielen wird, um „kontrolliert“ ein wenig Luft abzulassen, wird sich angesichts eines momentan in Hochstimmung befindlichen Sentiments unter Anlegern und Spekulanten an den Schwellenländerbörsen erst noch zeigen und beweisen müssen.

Unter vielen Aktieninvestoren stellt sich nämlich zurzeit die Frage, wo sie ihr Geld anlegen sollen – wenn nicht an den Schwellenländerbörsen! Einerseits bewege sich Europa abermals auf eine Rezession zu. Anderseits meidet eine zunehmende Investorenanzahl mittlerweile Anlagen in Amerika, weil der Stabilität des US-Dollars nicht mehr so recht über den Weg getraut wird.

Währungsabsicherungen können recht teuer sein, weshalb Umschichtungen zugunsten der Emerging Markets über die nächsten Wochen und Monate anhalten könnten. Wie dem auch sei, historische Verläufe zeigen, dass Zinsanstiege im Monat Januar in der Volksrepublik China – und zudem so kurz vor den Festivitäten rund um das Lunar New Year – höchst selten und eine Anomalie sind.

Da sich der Zinsanstieg seit Jahresbeginn auf eine recht schnelle Weise vollzogen hat, sind saisonale Muster im neu angebrochenen Jahr ad absurdum geführt worden. Mehr als alles andere wird diese Entwicklung mit der Liquiditätsverknappung durch die People´s Bank of China in Zusammenhang stehen.

Denn nach einer Verknappung in Höhe von jeweils achtzig und hierauf weiteren einhundert Milliarden Yuan/RMB war es am Folgetag zu einem Abzug von nochmals 150 Milliarden Yuan/RMB gekommen.

Beruhigungsversuch des Vorsitzenden der People´s Bank of China fruchtet nicht

Es könnte also durchaus der Fall sein, dass sich Investoren auf eine vermeintlich zeitlich länger anhaltende Periode einrichten und vorbereiten, in welcher sich die allgemeinen Finanzierungskosten verteuern werden.

Um den wachsenden Bedenken unter Investoren ein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen, teilte der Vorsitzende der People´s Bank of China, Yi Gang, in der laufenden Woche Rahmen einer Diskussion auf dem (diesjährig virtuell abgehaltenen) Weltwirtschaftsforums mit, nicht zu frühzeitig aus geldpolitisch unterstützenden Maßnahmen aussteigen zu wollen.

Gleichzeitig werde der Versuch unternommen, die Verschuldungsrisiken unter Kontrolle zu bekommen. An den internationalen Finanzmärkten wusste man mit diesen Aussagen ganz offensichtlich wenig anzufangen, da die chinesische Zentralbank das Gegenteil von dem tat, was Yi zur Beruhigung der Lage verbal in Aussicht gestellt hat. Nachdem dann noch die Warnung Ma Juns vor Blasen an den Finanzmärkten folgte, sackten die Aktienkurse sowohl an den Festlandbörsen wie auch in Hongkong abermals ab.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Einmal mehr zeigt sich, wie abhängig der Junkie von seinen täglichen Spitzen ist. Auch nur der leiseste Anschein im Hinblick auf geldpolitische Änderungen oder eine „neutralere“ Haltung unter Notenbanken führt inzwischen schon dazu, für Beunruhigung unter den Süchtigen und Abhängigen zu sorgen.

Grund ist, dass dieser ganze globale „Markt“ hochgradig abhängig von dem süßen und billigen Geld der Notenbanken gemacht wurde und im Falle eines Entzugs der Punch Bowle in einer Entzugs- und Rehabilitationseinrichtung wieder nüchtern gemacht werden müsste.

Wir wissen anhand von einigen Beispielen aus der Praxis jedoch auch, dass es für Junkies irgendwann zu spät sein kann, wenn ein plötzliches Ableben aufgrund einer Überdosis eintritt.

Was Notenbanken getan haben und weiter tun, lässt sich mit den Aktivitäten eines Dealers vergleichen. Deren Vertreter stellen den süchtig machenden Stoff bereit, um die Party und die damit verbundene Geldmaschinerie weiterlaufen zu lassen.

Wenn die Musik allerdings irgendwann aufhört zu spielen, wird es, wie es uns der einstige Chef der Citigroup, Chuck Prince, vor mehr als zehn Jahren erklärte, nicht ausreichend Stühle auf der Reise nach Jerusalem geben.

Es erweckt den Anschein, als würde sich unsere Welt auf einen solchen Punkt zubewegen – entweder deflationär im Zuge einer massiven Liquiditätsverknappung bei steigenden Zinsen oder hyperinflationär im Falle einer auf diese Weise anhaltenden Geldpolitik bei vollkommen kaputtgehenden Fiat-Währungen und steigenden Zinsen.

Egal wie man die Dinge dreht und wendet – der Point of no Return scheint längst schon überschritten zu sein. Die Frage, die sich unter immer mehr Menschen unter Berücksichtigung dieser verrückten Konfettigeld-Welt inzwischen stellt, lautet wie folgt:

Was ist ein Investment oder eine Anlage im vermeintlichen Fall eines Währungsbusts bei einer potenziellen Hyperinflation tatsächlich wert? Und in was oder auf welcher Grundlage werden Anlagen in einem solchen Fall überhaupt noch bemessen? Ich wünsche allen Lesern ein schönes und erholsames Wochenende!

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