Dass von Chinas Schattenbankensystem systemische Gefahren ausgehen, die sich in deren potenziellen Auswirkungen in keiner Weise abschätzen lassen, hatten wir bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt immer wieder einmal zum Thema unserer Berichterstattung gemacht.

Dass ausgerechnet die jüngsten Versuche einer Drosselung der Kreditvergabe im nationalen Bankensystem durch die Pekinger Staatsführung zu einem zusätzlichen Push zugunsten des unreglementierten und intransparenten Schattenbankensystems im Land führen würde, wird heutzutage unter dem Begriff des „Kollateralschadens“ abgelegt.

Drosselung der Kreditvergabe - Schattenbanken als Nutznießer

Die jüngst durch die Pekinger Staatsregierung angeordnete Drosselung der Kreditvergabe im traditionellen Bankensystem des Landes hatte dazu geführt, dass Firmen und Privatleute nicht mehr ausreichend mit Darlehen versorgt wurden, woraufhin sich Chinas Bondfinanzierungen deutlich verringerten.      

Am Freitag der vergangenen Woche wurden neue Daten der Zentralbank veröffentlicht, die es inhaltlich in sich haben. Denn größter Nutznießer der jetzigen Situation sind die chinesischen Schattenbanken. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Nichtbanken-Kreditgeber, die sich eine Darlehenszusage durch teilweise absurd hohe Zinsleistungen vergolden lassen.

Wie die neuen Daten zeigen, ist die Kreditvergabe im Schattenbankensektor im Monat März um knapp 755 Milliarden Yuan – umgerechnet etwa $110 Milliarden – geklettert, womit im 1. Quartal dieses Jahres ein neues Gesamtkreditvergaberekord von 2,06 Billionen Yuan verzeichnet wurde.

Bekannte Systemrisiken – und die Versuche gegenzusteuern

Es waren eben jene durch die People´s Bank of China verfolgten Pläne zur Eindämmung der Kreditvergabe im traditionellen Bankensystem, die unter vielen Chinesen augenscheinlich einen Sturm auf die Schattenbankenkreditgeber des Landes ausgelöst hat. Dazu könnten auch eine ganze Reihe von Immobilienprojektentwicklern gezählt haben.

Die von Chinas Finanzsystem ausgehenden Systemrisiken sind den meisten Akteuren an den Finanzmärkten mittlerweile seit Jahren bekannt. Seit Herbst letzten Jahres unternehmen die People´s Bank of China und diverse Aufsichtsbehörden aktiv den Versuch, den Ausbruch einer schweren Krise an Chinas Finanzmärkten zu verhindern.

Experten und Beobachter zeigten sich in den vergangenen Monaten durchaus überrascht, dass die People´s Bank of China in diesem Zuge auch ihre kurzfristigen Refinanzierungszinssätze in mehreren Schritten angehoben hatte. Gleichzeitig wurde einer bis dato horrenden Hebelung von Krediten an den heimischen Bondmärkten der Garaus gemacht.

Schattenbankensystem mit geschätztem Volumen von 8,6 Billionen Dollar

Auch an den Immobilienmärkten wurde eine Reihe von neuen Verordnungen erlassen, die auf eine Drosselung der Finanzierungszusagen und spekulativen Käufe fokussiert gewesen sind. Wie sich nun jedoch zeigt, sind es insbesondere die bis über beide Ohren verschuldeten Kreditnehmer, die sich anderswo nach neuen Finanzierungsquellen umsehen müssen. 

Fündig werden die meisten dieser Schuldner in Chinas Schattenbankensystem. Laut aktueller Schätzungen der Ratingagentur Moody´s Investors Service ist Chinas Schattenbankensystem mittlerweile mehr als $8,6 Billionen (!) schwer.

Anders als in Bezug auf das traditionelle Bankensystem des Landes fällt es den Aufsehern und der Zentralbank allerdings sehr schwer, diesen höchst intransparenten Finanzbereich unter Kontrolle zu bekommen.

Weltweites Sprengkraftpotenzial kaum abschätzbar

Und darin liegt die Würze der von China ausgehenden Systemrisiken, da niemand exakt abzuschätzen weiß, wie sich ein Zusammenbruch dieses Sektors auf die globalen Finanz- und Kapitalmärkte auswirken würde – ganz zu schweigen vom Einfluss auf Chinas Wirtschaft.

Resultat ist, dass die von Chinas Bondmärkten ausgehenden Risiken am Sinken sind, während sich aber die Risiken, die von Chinas Schattenbankensystem ausgehen, gerade am Potenzieren sind.

Bei der Ratingagentur Moody´s werden diese Entwicklungen zurzeit aufmerksam beobachtet. Denn die Rolle des Schattenbankensystems als intransparenter und nahezu unreglementierter Kreditgewährungsinstanz hat dazu beigetragen, die Anfälligkeit des chinesischen Finanz- und Bankensystems noch deutlich zu steigern.

Schock an überhitzten Immobilienmärkten voraus?

Wie es in einem kürzlich durch Moody´s zu diesem Thema publizierten Bericht heißt, sei es keineswegs abwegig, dass Chinas überhitzte Immobilienmärkte einen Schock auslösen könnten, der sich in der Folge durch das gesamte chinesische Finanzsystem fressen könnte.

Gleichzeitig erwies sich Chinas Nettobondfinanzierung im Februar den dritten Monat in Folge als negativ. Im März wurde erstmals wieder ein kleiner Überschuss von 32 Milliarden Yuan erzielt. Hauptgrund hierfür waren jedoch neue  Regulierungsbestimmungen der Behörden, die darauf abzielten, mehr Bonds zeitlich auslaufen als emittieren zu lassen.

Doch wenn Chinas Unternehmen sich nicht an den Bondmärkten refinanzieren können, bleibt ihnen kaum mehr etwas anderes übrig, als sich dem Schattenbankensystem auf der Suche nach alternativen Finanzierungen zuzuwenden. Gespannt blicken wir also in den nächsten Wochen und Monaten darauf, wie diese Geschichte sich weiter entwickeln wird...

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