Der gestrige Datenpotpourri aus Europa und den USA lieferte positive europäische Überraschungen und unerwartet ernüchternde Daten aus den USA. Das Reaktionsmuster am Devisenmarkt war spektakulär. Einmal mehr wurde eine angemessene Diskontierung der europäischen Daten verweigert und gleichzeitig zeigt man sich am Finanzmarkt gegenüber negativen Überraschungen aus den USA voller Ignoranz.

Gesetzmäßigkeiten, daß Fiskallagen Konjunkturlagen folgen, werden dabei sportlich ausgeblendet. Die Tatsachen, daß der von vielen Analysten zu Unrecht ausgeprägte USKonjunkturoptimismus und die daraus abgeleiteten US-Zinserhöhungserwartungen wesentliche Katalysatoren für den Anstieg des USD waren, werden heute aggressiv verdrängt, vor allen bei denen, die sich dieser Argumente befleißigten.
Nach hanseatischen Grundsätzen bieten sichere Häfen Stabilität und im Zweifelsfall sogar positive Überraschungen. Am heutigen Devisenmarkt ist es genau umgekehrt. Die Problemländer und Reformverweigerungsländer USA und Japan sind gefragt. Das ist nach hanseatischem Verständnis ambitioniert. Ambitionierte Sichtweisen und daraus abgeleitete Handlungsweisen sind grundsätzlich temporäre Phänomene. Sie können aber fraglos länger andauern, als es der gesunde Menschenverstand unter normalen Umständen erwarten läßt!
Nun denn, wir freuen uns natürlich nicht unerheblich, daß der Euro es vor diesem Hintergrund vermochte, sich auf bis zu 1.2718 im fernöstlichen Handel zu befestigen. Das liegt immerhin „erhebliche“ 133 Pips oberhalb des Verlaufstiefs bei 1.2585 vom 24. August 2010. Falls Sie einen ironischen Unterton in der Kommentierung zu entdecken meinen, liegen Sie richtig!

Der deutsche IFO-Index legte von zuvor 106,2 auf 106,7 Punkte zu. Analysten hatten einen Rückgang auf 105,7 Zähler unterstellt. Der Index markiert damit das höchste Niveau seit Juni 2007.
Diese Phase per 2007 verleitete die professionelle Analysten- und Volkswirtzunft, das Thema „Goldilocks“ bezüglich der Wirtschaftslage zu thematisieren. Heute werden identische Daten aus Deutschland, die nicht von dieser Klientel erwartet wurden, dazu genutzt, ignoriert zu werden.
Mehr noch erlauben sich bereits seit Jahresanfang Londoner und New Yorker kommerzielle Analyseanbieter Spekulationen auf eine Rezession in Deutschland, die jetzt eigentlich per Sommer hätte schon einsetzen sollen (Capital Economics), wenn man den Analysen um den Jahreswechsel folgt. Aber auch Moody’s Economy.com schreibt zum aktuellen IFO Index gestern,
daß man in Deutschland eine milde Rezession per Anfang 2011 unterstellt. Eine profunde positive (und von uns prognostizierte) Entwicklung wird auf dieser Bühne klein geredet. Das ist bedauerlich. Zeitgeist ist ein scharfes Schwert, oder handelt es sich um verbale Manipulation?
Schauen wir auf die Komponenten. Die Bewertung der aktuellen Lage legte von 106,8 auf 108,2 Punkte zu. Im Juni 2007 lag diese Komponente bei 111,4. Der Erwartungsindex sank unerheblich von revidiert 105,6 (zuvor 105,5) auf 105,2 Zähler. Per Juni 2007 stellte sich dieser Index auf 102,8 Punkte.
Der Blick auf den Chart belegt die fulminante Erholung. Er belegt auch unsere These über den anhaltenden Lagerzyklus, den anspringenden Investitionsgüterzyklus und den sich abzeichnenden Konsumzyklus. Selten wirkten drei Impulsgeber gemeinsam in circa 65% -70% der Weltwirtschaft.
Es ist bedauerlich, daß genau dieser extrem wichtige Sachverhalt kaum thematisiert oder nicht mehr verstanden wird. Offensichtlich sind die Ökonomen und Analysten von heute so sehr mit Modellen und Mathematik beschäftigt, daß diese ganz wesentlichen Grundlagen aus den Augen geraten …
Die Modelle und Mathematik führten beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu der Einsicht, daß ein “Dip just around the corner „ sei. Nein, es war gemäß unserer Erwartung eine fulminantere Erholung, meine Damen und Herren!

 

Der US-Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter enttäuschte mit einem Anstieg um 0,3% im Monatsvergleich. Analysten hatten eine Zunahme um 2,8% unterstellt.
Der Vormonatswert wurde von -1,2% auf -0,1% revidiert, so daß die Konsensusprognose für den Zweimonatszeitraum um 1,4% verfehlt wurde.
Insbesondere enttäuschte jedoch die Tatsache, daß der Auftragseingang für Kernkapitalgüter um 8% rückläufig war. Es zeichnet sich ab, daß der Kapitalstock der US-Wirtschaft keine nachhaltige Unterstützung erfährt. Wir haben zuvor auf die Problematik mangelnder Investitionen verwiesen
(u.a. Treasury Aktuell Februar).
Der Blick auf den Chart zeigt, daß der Erholungsprozeß in den USA in diesem Segment als unterproportional ausgeprägt bezeichnet werden muß.

 

 

Der Absatz neuer Wohnimmobilien brach im Monatsvergleich von 317.000 (revidiert von 330.000) auf 276.000 um mehr als 12% ein. Die Prognose lag bei 330.000.
Mit dem aktuellen Ergebnis wurde ein neuer historischer Tiefstwert in dieser Datenreihe markiert. Das Volumen an zu verkaufenden Immobilien legte von 8,0 auf 9,1 Monatsumsätze zu.
Gleichzeitig gab die FHFA die Hauspreisentwicklung per Juni in den USA an. Hier kam es per Juni zu einem Preisrückgang im Monatsvergleich um 0,3% und im Jahresvergleich um -1,7%.
Dieser Datenmix aus dem Wohnimmobilienbereich belegt, daß die Krise in diesem Sektor der USWirtschaft weiter ausgeprägt bleibt.

 

 

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das zunächst eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2500 – 1.2930 eröffnet neue Dynamik.

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