Sigmar Gabriel unternimmt jedoch derzeit weitreichende Versuche, um die Hoffnungen auf die Bildung einer Neuauflage der großen Koalition entgegen der zuvor getroffenen Aussagen am Leben zu erhalten. Die Unterstützung für ein solches Ansinnen erweist sich in der eigenen Partei  hingegen nur als sehr gering. Was treibt Gabriel um?

  • Im vergangenen Wahlkampf ist es der SPD nicht gelungen, sich selbst zu definieren und die eigenen Parteiziele einer breiten Öffentlichkeit zu erklären und verständlich zu machen. Die Wähler reagierten entsprechend darauf, indem sie der SPD den heftigsten Absturz seit dem Zweiten Weltkrieg bescherten.
  • Nachdem die SPD die Neuauflage einer großen Koalition mit der CDU/CSU am Wahlabend kategorisch ausschloss, versuchte Merkel eine Vierparteienkoalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen zu formen.
  • Doch die parteipolitischen Differenzen waren unüberbrückbar, so dass die FDP kürzlich aus den Verhandlungen ausscherte.
  • Unter dem Druck des deutschen Staatspräsidenten Steinmeier finden sich CDU/CSU und SPD nun plötzlich doch abermals in Gesprächen wieder.

Innerhalb der SPD findet sich wenig bis überhaupt keine Unterstützung für die erneute Auflage einer großen Koalition. Eine Mehrheit der Parteimitglieder spricht sich vielmehr für das Abhalten von Neuwahlen aus, zu Recht fürchtend, dass die Neuauflage einer großen Koalition die SPD im Zuge der nächsten Wahlen abermals massiv an Stimmen einbüßen lassen würde.

Wie lange kann das halten?

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Neuauflage einer großen Koalition die nächsten vier Amtsjahre überhaupt durchstehen und überdauern würde. Bei Eurointelligence wird darauf hingewiesen, dass ein großer regionaler Parteiverband der SPD die Neuauflage einer großen Koalition mit Merkel vorbehaltlich schon einmal abgelehnt und ausgeschlossen hat.

Dabei haben die offiziellen Gespräche und Sondierungsverhandlungen zwischen der SPD und CDU/CSU noch nicht einmal begonnen. Geführt werden diese Gespräche jedoch so oder so. Es hat vielleicht auch keinen großen Einfluss auf die Entwicklungen, dass der SPD-Verband im Bundesland Thüringen sich vorbehaltlich schon einmal in Gänze gegen die Neuauflage einer großen Koalition mit Merkel ausgesprochen hat.   

Gabriel pocht auf GroKo

Die offiziellen Sondierungsgespräche haben noch nicht einmal begonnen und vom Erreichen eines Kompromisses sowie eines möglichen Koalitionsabschlusses kann zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Rede sein. Doch wer weiß, vielleicht gelingt es SPD-Chef Martin Schulz, die ein oder andere Überraschung in den kommenden Sondierungsgesprächen aus dem Hut zu zaubern.

Doch aus aktueller Perspektive fällt es schwer, Anzeichen für die Unterstützung im Hinblick auf den Abschluss einer erneuten großen Koalition innerhalb der SPD auszumachen. Bislang brachten mit Thorsten Schä­fer-Güm­bel und Carsten Schneider – die jeweils den linken und rechten Flügel der Partei repräsentieren – zwei hochrangige SPD-Führer auf einem regionalen Parteikongress ihrer Ansichten zum Ausdruck.

Beide Herren brachten dabei zum Ausdruck, der offiziellen Parteiführungsleitlinie zu einem Beginn von Sondierungsgesprächen mit der CDU/CSU ihre Unterstützung zu sichern. Eine der hochrangingen Führungspersonen innerhalb der SPD pocht derweil mit Nachdruck auf eine Neuauflage der großen Koalition. Dabei handelt es sich um Sigmar Gabriel. 

Gabriel: SPD soll Leitkultur verfolgen

Gabriel, der persönlich darauf hofft, sich im Angesicht einer Koalitionsneuauflage das Finanzministerium zu sichern, schreibt im Magazin Der Spiegel, dass es in Bezug auf ein zukünftiges Überleben der SPD keinen Unterschied machen würde, ob sich seine Partei in den nächsten vier Jahren in der Regierung oder in der Opposition befinden wird.

Dabei handelt es sich um eine Aussage, die seitens der meisten SPD-Mitglieder – inklusive Schulz – keineswegs geteilt wird. Gabriel drängt seine Partei dazu, politisch stärker nach rechts zu rücken, um in diesem Zuge ein nationales Konzept zu verfolgen, das sich unter anderem auch an einer Superiorität der deutschen "Leitkultur" festmacht.

Einst hatte die CDU die Debatte um eine deutsche "Leitkultur" aufgebracht, um sich jedoch recht schnell wieder von diesem Thema zu verabschieden. Vielleicht mag dies auch daran gelegen haben, dass alle anderen Parteien im Berliner Bundestag einer deutschen "Leitkultur" in erbitterter Opposition gegenüber standen.  

Warum?

Bei Eurointelligence findet man auf diese Frage eine aussagekräftige Antwort: „Es ist erstaunlich zu beobachten, zu welchen Extrementscheidungen die Leute an der politischen Spitze bereit sind, um ihre ministerialen Dienstlimousinen zu behalten.“

Bingo. Diese Leute sind einfach nicht dazu bereit, Macht und damit verbundene Privilegien abzugeben, selbst wenn es sich dabei nur um eine Berechtigung zum Fahren von Dienstwagen handelt.

Persönlich sehe ich in der SPD eine sterbende und ablebende Partei, doch wofür ich überhaupt kein Verständnis aufbringe, sind politische Gestalten, die einzig und allein auf ihre eigenen und indivi8duellen Vorteile bedacht sind. 

Welche Gefahren liegen in der Neuauflage einer großen Koalition?

The National Interest diskutiert solcherlei Fragen in einem jüngst publizierten Bericht namens Gefahren in Bezug auf die Neuauflage einer großen Koalition in Deutschland. Dort heißt es in Auszügen:

Vor drei Monaten haben die deutschen Wähler und Wählerinnen dem farblosen Status Quo eine Absage erteilt. Die beiden traditionellen Regierungsparteien CDU und SPD büßten stark an Wahlstimmen ein, und vereinten zusammen nur etwas mehr als die Hälfte der abgegebenen und gültigen Wahlstimmen auf sich.

Die FDP schaffte es, wieder in den Bundestag einzuziehen. Weit interessanter ist, dass die rechtskonservative und gegen Immigration votierende AfD fast 13% aller gültigen Stimmen auf sich vereinte, um aus dem Stand zur drittgrößten Fraktion im Bundestag aufzusteigen.

Seit dem Jahr 2005 Kanzlerin, stilisierte sich Angela Merkel im abgelaufenen Wahlkampf selbst zu einer Führungsperson, die für Kontinuität stehen und „Sicherheit für unser Land“ gewährleisten werde. Doch Merkel ist – mehr als jede andere Person – für den Aufstieg der AfD verantwortlich. Dies mag wohl auch daran gelegen haben, dass Merkel veranlasste, jede ernsthaft von der eigenen Agenda abweichende Meinung und Debatte aus dem politischen System Deutschlands herauszuhalten.

In diesem Zuge zerstörte Merkel die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die sich an der politischen Mitte orientierenden Parteien, was insbesondere den Parteien Die Linke und der AfD zu Gute gekommen ist. 

Der Drang nach Alternativen wächst

Während Merkels Umfragewerte fielen, kletterten jene der AfD. Als die Anzahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge endlich sank, hoffte Merkel darauf, ihre einstige politische Dominanz wieder herstellen zu können. Was im September geschah, wissen wir mittlerweile alle.

Die CDU/CSU fuhr ihr schlechtestes Wahlergebnis seit dem Jahr 1949 ein, und sah lediglich im Vergleich mit den noch stärker gerupften Sozialdemokraten noch einigermaßen gut aus. Die Bildung einer neuen großen Koalition mag kurzfristig die bequemste aller Lösung sein, würde sich auf lange Sicht jedoch sehr wahrscheinlich stark abnutzen. 

Solange sich nicht ein echter Politikwechsel unter den beiden großen Parteien Deutschlands abzeichnet, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wähler und Wählerinnen auch in der Zukunft nach politischen Alternativen umschauen werden.

Dadurch steigen die Gefahren im Hinblick auf eine sich fortsetzende Desintegration der Mitte- und Volksparteien bei gleichzeitig anhaltendem Aufstieg der Randparteien. Obwohl es sich im Fall der AfD – trotz manch gegenläufiger Rhetorik – nicht um eine faschistische Partei handelt, hat es die AfD geschafft, die politischen Debatten jenseits des rechten Flügels der CDU/CSU zu verlagern.    

Die AfD könnte zukünftig in Richtung Extremismus abdriften, wenn man berücksichtigt, dass die Nationalisten den Moderaten auf dem jüngsten Parteikongress eine deutliche Niederlage beibrachten. Historische und nichtgänzlich verheilte Wunden könnten in diesem Zuge wieder aufbrechen.

Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Entwicklung steigt, falls sich CDU/CSU und SPD dazu entscheiden sollten, abermals in einer großen Koalition zu regieren. Was sich dann einmal mehr zeigen dürfte, ist, dass die Unterschiede zwischen den traditionellen Parteien kaum mehr sichtbar beziehungsweise nur sehr geringfügig sind.

Obwohl Merkel sich in einer Koalition mit der SPD gewiss weit komfortabler fühlen würde, da die SPD – ebenso wie Merkel – krampfhaft am Regieren festhält, könnte die Kanzlerin trotz allem auch den Versuch zum Schmieden einer Koalition mit der FDP und AfD starten. Doch so weit sind wir noch lange nicht.

Auf die Bildung einer erneuten, farblosen Koalition mit der SPD pochend, die einzig und allein darauf ausgelegt ist zu gewährleisten, dass politische Outsider aus dem System heraus gehalten werden, dürfte die Attraktivität der AfD in der Zukunft nur noch weiter steigern. Im Fall der Neuauflage der großen Koalition würde die AfD zur formalen Opposition im Berliner Bundestag werden. 

Würde die Neuauflage einer großen Koalition nochmals vier Jahre durchhalten?

Persönlich glaube ich das nicht. Einer der Hauptgründe, weswegen die SPD ursprünglich die Neuauflage einer großen Koalition ausgeschlossen hatte, findet sich darin, dass die AfD in diesem Fall zur größten Oppositionspartei im deutschen Bundestag avancieren würde, der darüber auch alle parlamentarischen Vorzüge zu teil würden.

Der zweite Grund ist schlichtweg Misstrauen.

Der dritte Grund ist, dass die Wahlunterstützung zugunsten der SPD nach der Bildung der letzten großen Koalition kollabierte. 

Letzter Akt

Die momentanen Gespräche zwischen der CDU/CSU/SPD kommentierend, heißt es bei Eurointelligence wie folgt: „Es könnte sich durchaus um den letzten politischen Akt der drei beteiligten Parteien handeln.“

Umso stärker der Druck wird, die politische Mitte zusammen zu halten, als desto größer wird sich die politische Zersplitterung in der Folge erweisen.

Selbst wenn es Angela Merkel gelingen sollte, eine Minderheitsregierung zu bilden, wird diese Regierung sich mit ständigen politischen Auseinandersetzungen konfrontiert sehen.

Fazit: Wir blicken auf den Beginn des Endes der Ära Merkel.

Dieser Bericht basiert auf einer zusammenfassenden Darstellung eines Berichtes auf der Seite Zero Hedge, der wiederum Bezug auf Ausführungen von Autor Mike Shedlock zu aktuellen politischen Vorgängen in Deutschland nimmt. 

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