Die Europäische Kommission hat die europäischen Bankenvorstände in der vergangenen Woche was gemacht? – Na klar, zu den glücklichsten und vor Freude am meisten strahlenden Jungs und Mädels auf diesem Planeten.

Worum geht es? Können Sie sich noch daran erinnern, dass vor einiger Zeit ein so genanntes Bail-in-Gesetz mit viel Tam Tam verabschiedet wurde? Falls nicht, sei gesagt, dass seit dem Tag der Verabschiedung dieses Gesetzes Aktionäre sowieso, aber auch die Bondhalter der Banken an den Verlusten beteiligt werden sollten, falls ein Institut in die Pleite rasseln sollte. 

Gleichzeitig wurde der Plan verfolgt, die als "Too-big-to-Fail" bezeichneten Großbanken zu zerschlagen, um die enormen Risiken in Europas Bankensystem zu minimieren und besser unter Kontrolle zu bekommen.

20 Milliarden Euro Bailout-Fonds

Dreimal dürfen Sie raten, was sich seitdem getan hat: Nichts! Vielmehr ließ sich in Italien beobachten, dass die Bail-in-Gesetze über den Haufen geworfen wurden, nachdem Italiens Staatsregierung sich – mit dem Rücken zur Wand – dazu entschloss, strauchelnde Kreditgeber wie die Traditionsbank Monte dei Paschi abermals mittels Steuergeldern aufzufangen.

Auch andere italienische Institute profitierten seitdem erneut von Staats- und Steuergeldern, nachdem Rom kurzfristig einen mit 20 Milliarden Euro ausgestatteten Bailout-Fonds ins Leben gerufen hatte. Wer nach Spanien blickt, sieht, dass im Fall des landesweit fünftgrößten Instituts Banco Popular genau das Gleiche geschah.

Weder Monte die Paschi, noch Banco Popular hätten ohne eine erneute Zusage zu Staatshilfen überlebt. Europas Bankenvorstände und die Lobbygruppen des Finanzgewerbes strahlten am vergangenen Dienstag bis über beide Ohren, da die Europäische Kommission ihren ursprünglich verfolgten Plan, „Too-big-to-Fail“ Banken zu zerschlagen, nun aufgegeben hat.

Obwohl bekannt ist, welch enorme Risiken nach wie vor von diesen Instituten ausgehen, können große europäische Banken wie die Deutsche Bank AG, Santander, BNP Paribas oder ING nun erst einmal richtig durchatmen. Denn jetzt steht fest, dass die EU-Kommission diese Institute nicht dazu zwingen wird, das Kontengeschäft von deren Investmentbankinggeschäft zu trennen.

Gesundung "nicht notwendig"

Würde dieser Schritt endlich unternommen, ließen sich viele der unzähligen Risiken drosseln, die auch zehn Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise wie ein Damoklesschwert über durch den Staat garantierten Banken schweben.

Würde den Großbanken die Auflage gemacht, deren Derivategeschäfte, Hedgefonds-artigen Geschäfte und Investmentbankingaktivitäten von deren Kerngeschäft abzuspalten, käme es nicht nur zu einem gesunden Schrumpfungsprozess unter diesen Instituten, sondern viele dieser Banken wären in der Zukunft auch deutlich weniger miteinander vernetzt.

Doch unter Bezugnahme auf in der vergangenen Woche durch die Europäische Kommission getätigte Aussagen, sei eine solche drastische Maßnahme nicht mehr notwendig, weil das Ziel, das Konten- und Kerngeschäft der betroffenen Institute von deren Investmentaktivitäten abzuschirmen im Angesicht der Verabschiedung von einer Reihe von anderen Auflagen und Regulierungsmaßnahmen bereits adressiert worden sei.

Ein Sieg auf ganzer Linie

Unter Bezugnahme auf Bloomberg scheinen die Sozialdemokraten diese Ansicht nicht zu teilen. Bloomberg zitierte den deutschen Sozialdemokraten Jakob von Weizsäcker, der in einer Mitteilung zu den Geschehnissen bekannt gab, dass der Rückzug der Europäischen Kommission aus den ehedem verlautbarten Plänen "einen unglücklichen Wendepunkt im Hinblick auf die europäische Agenda darstellt, auf welche Weise diese Banken in der Zukunft reguliert werden sollen".

Das Fallenlassen der einstigen Pläne zur Zerschlagung von Großbanken stellt nichts anderes als einen Sieg auf ganzer Linie für die europäische Bankenindustrie dar. Großbanken trieben ihre Lobbys hart dazu an, sich für einen Erhalt des Status Quo stark zu machen, darauf hinweisend, dass eine entsprechende Gesetzgebung die Fähigkeit vieler Kreditgeber in Europa beeinträchtigen würde, zukünftig einen ausreichenden Wachstumsbeitrag zu liefern.

Christian Stiefmüller, hochrangier Berater von Finance Watch in Brüssel, stellte nach der Entscheidung der EU-Kommission klar, dass die Aufgabe der einstigen Pläne Zeugnis darüber ablege, „mit welchem Eisengriff die Finanzindustrie Regierungen und Gesetzgeber nach wie vor umklammert“.

Dämpfer für Pläne zur Zerschlagung

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Probleme, die zum Ausbruch der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 beigetragen hatten, weder in Europa, noch in den meisten anderen Weltregionen durch Regierungen und Notenbanken adäquat adressiert worden sind.

Dabei hatte es noch im April so ausgesehen, als ob die Machtübernahme Donald Trumps in Amerika eine Wende in dieser Hinsicht einleiten würde. An den Finanzmärkten zeigte man sich geschockt, nachdem Donald Trumps hochrangigster Wirtschaftsberater – und ehemaliger Goldman-Sachs-Präsident – Gary Cohn bekannt gab, eine Zerschlagung von Großbanken gut zu heißen und eine Rückkehr zu einer Art Glass-Steagall-Gesetz zu favorisieren.

Es dauerte jedoch nicht lange, bis US-Finanzminister Steven Mnuchin in einer Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats derartigen Plänen im Mai einen Dämpfer erteilte. Mnuchin teilte damals mit, dass eine Abspaltung des Investmentbankings von den Kernaktivitäten der Banken zu ernsthaften Problemen an den Finanzmärkten, in der breiten Wirtschaft und im Hinblick auf die Liquiditätsversorgung führen werde.

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