Frankreichs ökonomische Lage verschlechtert sich zusehends, während es der sozialistischen Regierung von Staatspräsident Francois Hollande nicht gelingt, neue Steueranhebungen zu verabschieden oder Sparkürzungen durchzusetzen, um das eigene Haushaltsdefizit zu senken. Hedgefondsmanager zeigen sich weiterhin davon überzeugt, dass Frankreich aus dem Euro austreten könnte, falls alle politischen und ökonomischen Stricke reißen sollten. Während Hunderttausende gegen die Regierung auf den Straßen protestieren, prophezeien Hedgefonds dem Land, im nächsten Jahr zum größten Schlagloch Europas zu avancieren.

Große Hedgefonds trauen Frankreich nach wie vor nicht über den Weg. So erklärte gestern unter anderem Michael Hintze, Gründer des Hedgefonds CQS und einer der einflussreichsten Hedgefondsmanager in Europa, dass die französische Wirtschaft sich für Investoren im nächsten Jahr als riesiges Schlagloch erweisen könnte. In seiner Rede auf der durch Reuters organisierten Konferenz Global Investment Outlook Summit, teilte Hintze mit, dass sich die zunehmenden sozialen Spannungen, die ausstehenden Staatsschulden, ein Exodus an gut ausgebildeten Arbeitnehmern und Unternehmen sowie die Möglichkeit auf einen potenziellen Euro-Austritt im nächsten Jahr als größte Herausforderungen für Frankreich erweisen würden.

Hintze wies ganz klar darauf hin, dass in 2014 nicht die Peripherie, sondern Frankreich zum größten Problem der Eurozone avancieren werde. Zwar befänden sich auch andere Kernländer der Eurozone – wie Deutschland – in einem sensiblen Zustand. Dies alles sei jedoch nichts gegen die absehbaren Ereignisse der gallischen Nachbarn. Frankreich sei der kranke Mann Europas. Auf die Frage, wie er sich denn selbst gegen ein solches Szenario abgesichert habe, antwortete Hintze, Versicherungsscheine in Form von Credit-default Swaps auf potenzielle Zahlungsausfälle im französischen Unternehmenssektor erworben zu haben. Vor allem die Banken des Landes befänden sich in einem sehr angeschlagenen Zustand.

Schon seit einiger Zeit sind die Käufe von CDS auf Staatsanleihen der Mitgliedsländer der Europäischen Union verboten, wenn der Versicherungsnehmer nicht gleichzeitig auch über die jeweiligen Bonds in seinem Portfolio verfügt. Wer sich nur an den europäischen Bankenstresstests orientiere, könnte zu der Ansicht gelangen, dass eigentlich alles soweit in Ordnung sei. Daran glaubt Hintze allerdings nicht. Vielmehr bestünde die Möglichkeit, dass die französischen Banken im nächsten Jahr von der Makroseite her stark unter Druck geraten könnten. Hintze steht mit seiner Ansicht nicht allein auf weiter Flur. Bereits im vergangenen Jahr nannte das Time Magazine Frankreich eine Zeitbombe im Herzen Europas.

Auch andere Hedgefondsmanager scheinen die Situation, in der sich Frankreich befindet, zunehmend kritisch zu sehen. Zwar haben sich in den letzten zwei Jahren eine ganze Reihe an Protagonisten der Zunft die Finger an Leerverkaufswetten gegen französische Staatsanleihen verbrannt. Dennoch scheint das nichts an der allgemeinen Auffassung geändert zu haben, dass sich in Frankreich ein explosives Gemisch zusammenbraut. Im dritten Quartal schrumpfte die französische Wirtschaft bereits wieder. Gegenüber dem Vorquartal sank das BIP-Wachstum um -0,1%. Zu Beginn dieses Monats ließ es sich die Ratingagentur S&P nicht nehmen, die ausstehenden Regierungsanleihen des Landes abermals herabzustufen.

Nachdem die Arbeitskosten im Zuge der aufoktroyierten Sparprogramme in den Südländern der Eurozone stark gesunken sind und manche dieser Länder über eine schmerzhafte interne Abwertung wieder ein wenig Wettbewerbsfähigkeit zurückgewonnen haben, droht Frankreich dieser Entwicklung nun hinterherzuhinken. Doch schon jetzt kommt es in Frankreich fast täglich zu Protestmärschen, Straßenblockaden und Demonstrationen gegen die äußerst unpopuläre Regierung von Staatspräsident Hollande, der zusätzliche Sparmaßnahmen oder Steueranhebungen wohl nicht mehr durch das Parlament bekommen würde. Zudem gewinnt die Rechtsaußenpartei Front Nationale von Marine Le Pen einen immer größeren Zuspruch unter den Wählern.

Schon im kommenden Jahr könnte ihre Partei im Angesicht der Europa-Wahlen zur stärksten politischen Kraft in Frankreich avancieren. Laut Hintze müsse immer wieder daran erinnert werden, dass Frankreich – im Gegensatz zu Deutschland – gegen den Vertrag von Maastricht votiert habe. Während Deutschland sich uneingeschränkt pro Euro ausspräche, bliebe das in Frankreich erst einmal abzuwarten. Im Jahr 2005 lehnten es die französischen Wähler im Zuge eines Volksreferendums ab, sich einer europäischen Verfassung zu unterwerfen.

 

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