Seit nunmehr einem Jahrzehnt blickt die Welt auf anhaltende „Nothilfemaßnahmen“ unter Regierungen und Zentralbanken, die zum Ziel haben, das globale Finanzsystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren.

Wie fragil dieses System tatsächlich ist, wird mit Blick auf die verschiedensten Darlehens- und Finanzierungssegmente immer offensichtlicher. Maßnahmen wie QE sowie Null- und Negativzinspolitik haben dazu geführt, Vermögenspreise rund um den Erdball aufzupumpen.

Nun, da diese Ära zumindest für den Moment vor dem Ende zu stehen scheint, beginnt an den Finanzmärkten Furcht im Hinblick auf die daraus resultierenden Folgen aufzukommen. Denn niemand weiß, wie sich eine Verschärfung der Geldpolitik im aktuellen Umfeld tatsächlich auswirken wird.

Großteil ausstehender Darlehen liegt bei kleinen und mittelgroßen Banken

Das Wall Street Journal berichtet, dass sich an Amerikas Gewerbeimmobilienmärkten trotz allem noch immer zu viel billiges Geld auf der Jagd nach knapper werdenden Objekten befinde. Schon zum jetzigen Zeitpunkt stehen in den USA rund 4,2 Billionen US-Dollars an Darlehen im CRE-Sektor (Corporate-Real-Estate-Sektor) aus.

Durch die US-Finanzaufsichtsbehörden regulierte Banken halten laut Federal Reserve mit 2,16 Billionen US-Dollars ein wenig mehr als die Hälfte dieser ausstehenden Darlehen in ihren Bilanzen.

Der Großteil dieser vergebenen Darlehen konzentriert sich wiederum in den Bilanzen von kleinen und mittelgroßen US-Banken, die eine Bilanz von weniger als 50 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten aufweisen. Die nachfolgende Grafik gibt hierüber Aufschluss:

Die verbleibende Hälfte dieser ausstehenden Darlehen im CRE-Sektor wird seitens Nicht-Banken gehalten. Dazu zählen unter anderem Versicherungen und die quasi-verstaatlichten Hypothekenriesen Fanny Mae und Freddie Mac.

Fed of Boston warnte bereits im März 2017

Wahrscheinlich nicht von ungefähr warnt Eric Rosengren, Präsident der Fed of Boston, schon seit geraumer Zeit vor den Gefahren, die mit dem Halten von riskanten CRE-Krediten für die amerikanischen Banken Hand in Hand gehen.

In einer im März 2017 vorgestellten Präsentation zum Thema „Welche Risiken leiten sich für das Finanzsystem aus dem CRE-Sektor ab?“ brachte Eric Rosengren seine Bedenken zum Ausdruck.

Danach habe sich die Entwicklung an den Gewerbeimmobilienmärkten als Hauptgrund für ihn erwiesen, um sich im Offenmarktausschuss der Fed auf die Seite der Falken zu schlagen, die mit der Beendigung der Nullzinsära in den USA das Auslaufen von QE gefordert hatten.

Trotz allem sind die in den USA vergebenen CRE-Darlehen seit 2017 weiterhin in extremem Ausmaß geklettert. Denn es sind insbesondere Unternehmen aus dem Private-Equity-Sektor, die in großer Anzahl in dieses Segment eingestiegen sind.  

Rekord: 10% der ausstehenden Darlehen in Händen von Private-Equity-Firmen

Der sich auf diese Weise verstärkende Konkurrenzdruck hat wiederum zu weitaus laxeren Kreditvergabestandards unter amerikanischen Banken geführt. All diese frisch gewährten Kredite befinden sich nun auf der Jagd nach einer sinkenden Anzahl von Anlageobjekten.

Viele Private-Equity-Firmen versuchen zudem, sich Kreditzusagen seitens Pensionsfonds, Stiftungen und anderen Anlegern zu verschaffen, um selbst wiederum Überbrückungskredite, Baukredite und oftmals riskante Immobilienkredite im CRE-Sektor weiterzureichen.

Momentan unternehmen laut Wall Street Journal mehr als einhundert Private-Equity-Firmen den Versuch, einen Gesamtbetrag von 40 Milliarden US-Dollars aufzunehmen. Gleichzeitig blicken auf Fremdfinanzierungen basierende CRE-Immobilienfonds auf einen Betrag von 57 Milliarden US-Dollars, den es zu investieren gilt.

Hierbei handelt es sich um einen neuen Rekord. Im Lauf des vergangenen Jahres kletterte das CRE-Kreditvergabevolumen unter Private-Equity-Firmen laut dem Unternehmen Green Street Advisors um knapp 41% auf 60 Milliarden US-Dollar.

Private-Equity-Firmen vereinen zum aktuellen Zeitpunkt bereits einen Marktanteil von zehn Prozent an den in USA insgesamt ausstehenden CRE-Darlehen auf sich. Hier ein Vergleich: Im Jahr 2014 lag deren Marktanteil in diesem Bereich bei nahe Null Prozent.

„Interest-only“-Rate höher als zum Ausbruch der Finanzkrise!

Es ist kaum verwunderlich, dass der Wettbewerb in diesem Sektor immer brutalere Ausmaße annimmt. Resultat ist jedoch auch, dass sich die Spirale der Vergabe von riskanten Krediten in immer bedrohlichere Höhen aufschwingt.

Im Jahr 2012 lag der Anteil der so genannten „Interest-only“ CRE-Darlehen bei rund 30% in Relation zu allen in diesem Sektor vergebenen Darlehen, die in hypothekenbesicherte Bonds (CMBS) transformiert wurden.

In der Zeit vor dem Ausbruch der globalen Finanzkrise im Jahr 2007 hatte dieser Anteil 60% an allen ausstehenden Krediten erreicht. Doch nun kommt´s. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres erreichte dieser Anteil einen Wert von 73% (!). Kein Wunder, dass man bei der Fed damit beginnt, sich zumindest schon einmal Sorgen zu machen.

Ratingagentur schlägt Alarm

Alles in allem lässt sich konstatieren, dass die laxen Kreditvergabestandards, eine sich mit Siebenmeilenstiefeln verschlechternde Kreditqualität und die stark wachsende Anzahl unter „Interest-only“-Darlehen, die in einem zweiten Schritt in Form von CMBS-Anleihen verpackt wurden, nun auch die Warnlampen bei der Ratingagentur Moody´shaben aufleuchten lassen.

Ähnlich der Situation wie zu den Zeiten vor Ausbruch der globalen Finanzkrise warnt die Ratingagentur vor der Wahrscheinlichkeit von im Wert sinkenden Hypothekensicherheiten, die den verbrieften CMBS-Anleihen zugrunde liegen. Zum selben Zeitpunkt hat der Grad der Fremdfinanzierungsgeschäfte im CRE-Sektor schwindelerregende Höhen erreicht.

Schon längst haben sich in den Vereinigten Staaten Anzeichen für einen Abschwung im gewerblichen Immobiliensektor breit gemacht. Nun, da sich der CRE-Markt abzuschwächen beginnt, wachsen plötzlich auch die Bedenken unter Investoren an diesen Märkten, laut denen Kreditnehmer nicht mehr dazu in der Lage sein könnten, ihre Darlehen zurückzubezahlen.

Cashflow nimmt ab, Investoreninteresse schwindet mit zunehmenden Alternativen

Laut Morningstar ließe sich eine immer größere Anzahl von Krediten im Sektor beobachten, deren zugrundeliegender Cashflow sich in einem abnehmenden Stadium befinde. Morningstar Credit Ratings beobachtet CMBS-Bonds in einem Gesamtumfang von mehr als 25 Milliarden US-Dollar, die schon bald in finanzielle Bedrängnis geraten könnten.

Die in den USA kletternden Zinsen bescheren Anlegern darüber hinaus bereits wieder Zinsen in Laufzeitbereichen von sieben Jahren und mehr, welche die Schwelle von drei Prozent überschritten haben. Dadurch geraten Private-Equity-Firmen zusätzlich unter Druck, da Investments in US-Staatsanleihen an den Finanzmärkten nach wie vor als „risikolos“ angesehen werden.

Renditeträchtigen Investoren bieten sich mittlerweile also auch wieder Anlagealternativen in anderen Segmenten der Kapitalmärkte. Eine jüngste Umfrage der Analysefirma Preqin hatte zum Ergebnis, dass im Juni nur noch sechs Prozent unter allen befragten Investoren erklärten, mit Blick auf die nächsten zwölf Monate heiß auf fremdfinanzierte Immobilienfonds zu sein.

Keine schönen Aussichten…

Im Vorjahresmonat erreichte dieser gemessene Wert unter Bezugnahme auf das Wall Street Journal noch 26%. Wie lässt sich die aktuelle Situation zusammenfassen? Eigentlich auf recht einfache Weise.

Wenn Pensionsfonds und Banken plötzlich damit aufhören, riskante Kredite an Private-Equity-Firmen zu vergeben, wird es zu weitreichenden Problemen im CRE-Sektor in den USA kommen.

Was die Fed als Meilenstein im Hinblick auf eine Verschärfung der Finanzbedingungen in den Vereinigten Staaten ansieht, wird sich wahrscheinlich schon bald auf die Solidität und Solvenz derselben Player abklopfen lassen müssen, die auch schon vor zehn Jahren mit zum Ausbruch der globalen Finanzkrise beigetragen haben…

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