Der Einsatz des US-Militärs im überseeischen Ausland scheint zu einer solchen Normalität geworden zu sein, dass die Obama-Administration einen fremden Staat ohne Einwilligung des Washingtoner Kongresses und ohne großes Interesse der Medien bombardieren kann. Dies war der Fall am Freitag der vorvergangenen Woche, nachdem das US-Militär 49 Menschen im Zuge eines Bombardements nahe der libyschen Hafenstadt Tripolis tötete.

Wir mussten Libyen bombardieren, wie uns landauf landab erzählt wird, weil Libyen zu einer Brutstätte der Aktivitäten von ISIS avanciert ist. Die Terrorgruppe hat Trainingslager in das Landesinnere von Libyen verlagert, um Vorteile aus dem im Land herrschenden Chaos zu ziehen.

Ironischerweise spielte sich der Beginn des „Arabischen Frühlings“ in der vorvergangenen Woche vor exakt fünf Jahren ab. Und dieser Aufstand begann in Libyen, unterstützt durch amerikanische Militäreinheiten, der zum Sturz der libyschen Regierung and der Ermordung von Staatsführer Muammar Gaddafi führte.

US-Intervention: ISIS statt Demokratie war das Ergebnis

Uns wurde erzählt, dass die Regierung der USA in diesem Konflikt intervenieren musste, um Gaddafi zu stürzen, so dass zukünftig Demokratie und Menschenrechte prosperieren könnten. Doch fünf Jahre nach dieser durch Washington geführten Intervention würde bis heute niemand argumentieren, dass es dem Land besser ginge.

Anstelle Libyen Demokratie zu bringen, brachte die amerikanische Intervention den Libyern ISIS. Und so kehren die US-Streitkräfte nun also an diesen Ort zurück, um Libyen noch mehr aus der Luft zu bombardieren. Offiziell lautet der Grund, sich um ISIS kümmern zu wollen. Wird diese neuerliche Intervention Erfolge zeitigen?

Nein. Allein logisches Denken sagt uns, dass ein Mehr dessen, was in der Vergangenheit das Problem verursacht hat, nicht dazu führen wird, dieses Problem zu lösen. Wie Nah- und Mittelostanalystin Hillary Mann Leverett nach den am vorvergangenen Freitag erfolgten US-Angriffen auf Libyen beobachtete, „basiert das Problem in Bezug auf all diesen ins Auge gefassten Tötungen, die durch offizielle Daten belegt werden, darauf, dass sofort mindestens zwei neue Köpfe nachrücken“.

Militärischer Angriff ohne Zustimmung des US-Kongresses

Die Vereinigten Staaten haben es zu einer Gewohnheit gemacht, andere Staaten über die Notwendigkeit zu belehren, Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit zu folgen. Bis dato erweckt es vielmehr den Eindruck, als ob dies eine Angelegenheit nach dem Motto „tut, was wir Euch sagen, und tut nicht, was wir tun“ ist.

Wie anders ließe sich ein militärischer Angriff der Vereinigten Staaten im überseeischen Ausland erklären, dem der Washingtoner Kongress nicht zugestimmt hat? Freilich gab es keinerlei Autorisation seitens des US-Kongresses für die am vorvergangenen Freitag erfolgten Luftbombardements.

Die US-Regierung berief sich auf den Passus, laut dem sich eine Autorisierung aus einem Gesetz aus dem Jahr 2001 ableite. Dieses Gesetz autorisiere die US-Regierung die, um amerikanische Militärkräfte gegen al-Qaida im Zuge von Vergeltungsaktionen für die New Yorker Anschläge vom 11. September 2001 einzusetzen.

Libyen: Heilloses Chaos statt „Befreiungsaktion“

Doch ISIS existierte am 11. September 2001 noch nicht einmal. Wie kann eine im Jahr 2001 gewährte Autorisierung also dazu missbraucht werden, um Luftbombardements über Libyen im Jahr 2016 zu rechtfertigen? Libyen befindet sich nun seit dem Jahr 2011 in einem heillosen Chaos, das als „Befreiungsaktion“ bezeichnet wird. Doch die Interimsregierung des Landes verurteilte die am vorvergangenen Freitag erfolgten Luftschläge der Vereinigten Staaten.

In diesem Zuge wurde auch darauf aufmerksam gemacht, die vor dem US-Luftbombardement nicht über diese Maßnahme informiert worden sei. Die libysche Interimsregierung bezeichnete die amerikanischen Luftschläge als eine Verletzung der libyschen Souveränität und des internationalen Rechts.

Wichtigste Lehre, die wir aus der Zerstörung Libyens – und Syriens, des Iraks, Afghanistans und so vieler weiterer Staaten lernen können – ist, dass der amerikanische Interventionismus auf ein einziges Versagen blickt. Hunderttausende Menschen sind in diesem Zuge in den vergangenen 15 Jahren getötet worden, Gesellschaften sind auseinandergebrochen, ganze Ökonomien sind zerstört worden und einstiger Besitz ist im Angesicht der Fluchtwelle zurück gelassen worden.

Wir blicken auf keine einzige Erfolgsgeschichte. Der neokonservative Plan, der darauf basiert, den Nahen und Mittleren Osten umzugestalten, hat lediglich zur Folge gehabt, diese Weltregion zu zerstören. Resultat ist, dass es um unsere nationale Sicherheit heute weniger gut bestellt ist als vor Beginn des „Kriegs gegen den Terror“.

ISIS und andere terroristische Gruppen haben ihr Territorium ausgeweitet und sahen sich – laut offizieller Lesart – gar dazu in der Lage, Europa und die Vereinigten Staaten zu attackieren. Der Außenwert unsere Währung wurde weiter abgewertet, um die Ausgaben von Billionen von US-Dollars für diesen nicht gewinnbaren Krieg zu stemmen.

Die untereinander vernetzten Eliten haben sich bereichert, während die amerikanische Mittelklasse auf einen enormen gesellschaftlichen Abstieg blickt. Der amerikanische Interventionismus hat versagt. Es ist an der Zeit, um gegen die Neokonservativen und deren liberale Interventionskollaborateure aufzubegehren, und diesen zuzurufen: „Es reicht jetzt!“

Gastbeitrag für CK*wirtschaftsfacts / © 2016 Dr. Ron Paul /Institute for Peace and Prosperity

Dr. Ron Paul war in der Vergangenheit neben seiner rund zwanzigjährigen Tätigkeit als Kongressabgeordneter für den Bundesstaat Texas in der Hauptstadt Washington auch Präsidentschaftskandidat für die Partei der Republikaner. Sein neues Buch „Swords into Plowshares“ ist im Buchhandel erhältlich.

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