Wer sich darüber ins Bild setzen möchte, auf welche Weise das billige Geld der Notenbanken die Preise an den internationalen Immobilienmärkten nach Überwinden des Höhepunkts der globalen Finanzkrise abermals befeuert hat, sollte seinen aufmerksamen Blick unter anderem auf Großbritanniens Hauptstadt London werfen.

Nicht nur hier, sondern auch in vielen, vielen anderen Weltregionen hat die anhaltende Schuldenmonetisierung der Zentralbanken längst schon zu Echopreisblasen an einer ganzen Reihe von Immobilienmärkten geführt – allen voran in Kanada, den Vereinigten Staaten, in China und ganz zu schweigen von Australien.

London: Immobilienmarkt im Volumen des brasilianischen BIP

Ich hatte Sie über diese Entwicklungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten, meinen Blick immer wieder einmal auf verschiedene Märkte in der Welt richtend. Wie verrückt die aktuelle Preissituation in London anmutet, zeigt sich unter anderem an der Tatsache, dass der lokale Immobilienmarkt der britischen Hauptstadt laut aktueller Schätzungen auf einen Wert taxiert wird, der dem Gesamtjahres-BIP Brasiliens entspricht.

Berücksichtigen Sie bitte, dass es sich trotz der massiven Wirtschaftsprobleme in Brasilien auf Basis der aktuellen Datenlage momentan noch immer um die neuntgrößte Ökonomie der Erde handelt. Irgendwann ist jedoch überall einmal Schluss mit Einbahnstraßenpreisanstiegen. So auch in London, wo die Häuserpreise im Monat April im Jahresvergleich um 1,5% zurückgegangen sind.

Unter Bezugnahme auf neu veröffentlichte Daten der Analysefirma Rightmove belaufen sich die durchschnittlichen Kosten für einen Hauskauf in der britischen Hauptstadt jedoch noch immer auf einen astronomischen Betrag in Höhe von £ 636.777. Doch trotz allem erweckt es den Eindruck, als ob die für den Monat April veröffentlichten Hauspreisdaten ein Warnschuss an die Adresse von übereuphorischen Immobilienkäufern zu sein scheinen.

Denn als die Londoner Immobilienpreise letztmalig unter einem derart starken Rücksetzer zu leiden hatten, arbeiteten sich die globalen Finanzmärkte im Schulterschluss mit Zentralbanken und Regierungen noch immer durch den gröbsten Schlamassel, der im Zuge der Finanz- und Bankenkrise verursacht worden war. Um es auf den Punkt zu bringen, erlebten die Londoner Häuserpreise einen solchen Rückgang zuletzt im Monat Mai des Finanzkrisenjahres 2009.

Nur noch Superreiche tragen den Markt

Analysten beobachten diese Entwicklung mit Argusaugen, denn es sind ausgerechnet die hochpreisigen Luxusimmobilien, die zurzeit unter den größten Preisabschlägen leiden. Doch insbesondere mit diesem Segment fängt es oftmals an, dann nämlich, wenn selbst Überreiche vorsichtig ob der aktuellen Bewertungen werden. Die Finger will sich nämlich trotz noch so viel Zaster niemand verbrennen.

Es handelt sich mit Blick auf die Superreichen bei Licht besehen auch gleichzeitig um die letzte Käufergruppe, die sich den Erwerb von Immobilien in London finanziell überhaupt noch leisten kann. Bricht deren Nachfrage ein, kann es mit der allgemeinen Preisentwicklung plötzlich ganz schnell abwärts gehen.  

Vielleicht kaum ein Wunder, dass alternative Immobilienmärkte in Großbritannien schon seit rund zwei Jahren preislich besser performen als die massiv überteuerte Hauptstadt London. Unter Umständen könnte dies jedoch auch mit anziehenden Steuerabgaben und der mit dem Brexit verbundenen Unsicherheit im Hinblick auf den Finanzstandort London zu tun haben.

Das im Außenwert seit dem Brexit-Referendum deutlich nachgebende Pfund Sterling hat bis dato kaum einen Beitrag dazu geleistet, um das Kaufinteresse unter internationalen Investoren erneut anzufachen.

Unter Bezugnahme auf die Immobilienanalysefirma Savills liegen die Preise in den zentralen Lagen der Hauptstadt London trotz der fulminanten Preisanstiege in den vergangenen Jahren noch immer rund 13% unter deren im Jahr 2014 ausgebildeten Hochs. Mit ein Grund hierfür könnte die seitdem erfolgte Anhebung der Stempelsteuer sein. Auch die erfolgte Anhebung der Kapital- und Erbschaftssteuer mag sich negativ auf das Kaufinteresse ausgewirkt haben.

Viele Bevölkerungsgruppen ächzen unter hohem Preisniveau für Wohnraum

Unterdessen wächst der Frust unter den Einwohnern Londons ob der zu beobachtenden Preisentwicklung in den letzten Jahren ins Unermessliche. Wie im Fall von vielen anderen Metropolen in den USA, Australien, Kanada oder einigen asiatischen Märkten beschweren sich die lokalen Einwohner massiv darüber, dass sie seit nunmehr vielen Jahren aus ihren Immobilienmärkten ausgepreist werden.

Insbesondere Familien mit Kindern können sich den Erwerb eines eigenen Hauses schon lange nicht mehr leisten. Zu groß ist die Konkurrenz aus dem Ausland, die anscheinend über unbegrenzte Mittel zum weiteren Anfachen von Preisblasen zu verfügen scheint. Wie aus einem jüngsten Bericht des britischen Guardians hervorgeht, haben Auslandskäufer in den vergangenen Jahren rund drei Viertel aller neu gebauten Häuser in London an sich gerissen.

Transparency International: Hoher Anteil der Korruptionsgelder

Bei einem Großteil dieses an die Hauptstadtimmobilienmärkte fließenden Kapitals soll es sich um Korruptionsgelder handeln, wie aus der Publikation einer neuen Studie von Transparency International mit dem Titel Faulty Towers: Understanding the Impact of Overseas Corruption on the London Property Market hervorgeht. Der geschätzte Wert der auf Basis dieser Gelder laut Transparency International erworbenen Immobilien: £1,6 Milliarden.

Kaum verwunderlich mutet in diesem Kontext an, dass mehr als 40% der Luxusimmobilien in der Nachbarschaft des London Eye durch Unternehmen aufgekauft worden sein sollen, die ihre Firmenzentrale auf den British Virgin Islands – und damit in einer der größten Offshore-Zentralen der Welt – angesiedelt haben.

Darüber hinaus sollen in den letzten Jahren Londoner Immobilien im Wert von mehr als £4 Milliarden durch Personen erworben worden sein, die Strafverfolgungsbehörden in Sachen Geldwäsche im Blick haben. Dieser Betrag könnte laut Transparency International gar noch um einiges höher ausfallen.

Kaufpreise im Bereich des Zwanzig- bis Vierzigfachen eines Jahreseinkommens

Dagegen ist der Erwerb von Immobilien für geschätzte 90% der Londoner Einwohner zu einem nicht erfüllbaren Traum geworden. Dementsprechend groß sind Ärger und Zorn unter den lokalen Einwohnern ob dieser Entwicklungen. In den meisten Lagen der Hauptstadt London belaufen sich die Kosten für Erstkäufer von Immobilien bereits auf das Zwanzig- bis Vierzigfache von deren Jahreseinkommen.

Es verwundert im Angesicht dieser Zahlen kaum, dass die Anzahl der britischen Hauskäufer zwischen 25 und 30 Jahren in Relation zu den Gesamtverkäufen seit dem Jahr 1990 um mehr als die Hälfte gesunken ist. In vielen amerikanischen, kanadischen und australischen Städten sehen diese Zahlen momentan nicht viel anders aus.

Wie Daten des Nationalen Statistikbüros zeigen, übertraf die Anzahl der London verlassenden Personen im Alter von zwischen 30 und 39 Jahren die Anzahl der Neuankömmlinge in dieser Altersklasse im Jahr 2015 um mehr als 30.000. Im Vergleich mit dem Jahr 2010 resultiert ein Anstieg von 25%.

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