Die Pekinger Staatsführung ist sich seit Jahrzehnten darüber bewusst, dass sich die innere Stabilität Chinas nur dann aufrecht erhalten lässt, wenn Abermillionen von unqualifizierten Arbeitskräften ein wirtschaftliches Auskommen ermöglicht wird.

Insbesondere auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 hatte sich gezeigt, wie schnell die Stimmung im Land kippen kann. Damals brach die chinesische Wirtschaft im Zuge der globalen Bankenkrise fulminant ein.

Resultat war, dass Millionen von so genannten Wanderarbeitern, deren Strom vom platten Land in die Metropolen und urbanen Zentren des Landes einfach nicht abnehmen will, ihre Arbeitsplätze verloren, woraufhin in einigen Regionen Chinas Aufstände ausbrachen.

Von außen unterstützte Umstürze

Bilder dieser Art, die damals weltweit die Runde machten, möchte die Staatsführung in der Hauptstadt Peking selbstverständlich mit allen Mitteln vermeiden. Geopolitische Rivalen wie die USA warten nur auf solche Momente, um zu beobachten, wie sich beispielsweise die in Xinxiang beheimateten Uiguren verhalten, wenn es in China hart auf hart kommen sollte.

Schließlich sind die Untergrundorganisationen der Vereinigten Staaten – allen voran die CIA – Meister im Anstacheln von innerstaatlichen Konflikten, die nicht selten zum Ziel haben, die jeweils herrschenden Machthaber zu stürzen. Gute Beispiele in der jüngeren Vergangenheit sind unter anderem die Entwicklungen in der Ukraine und in Syrien. 

Und so werden internationale Beobachter mit Gewissheit aufmerksam zugehört haben, als Chinas Ministerkabinett am gestrigen Mittwoch offiziell bekannt gab, dass die Risiken für eine sich ausweitende Massenarbeitslosigkeit in einigen Regionen und Wirtschaftssektoren des Landes auf dem Vormarsch seien.

Erneute Lockerung der Geldpolitik?

Was auf Aussagen dieser Art wohl schon bald folgen wird, dürfte aufmerksamen Beobachtern gewiss klar sein. Die Schleusentore zur Flutung der heimischen Finanzmärkte dürften sich sehr bald schon ein weiteres Mal öffnen. Und auf eben jene Weise lesen sich auch die durch das Ministerkabinett ins Spiel gebrachten Vorschläge zur Adressierung des Problems.

Nicht nur mittels der Aufrechterhaltung einer akkomodativen Geldpolitik soll die dramatische Lage an verschiedenen Arbeitsmärkten des Landes bekämpft werden, sondern vielleicht sogar auch mittels einer Verabschiedung von neuen fiskalpolitischen Maßnahmen der Regierung, welche die lockere Geldpolitik der Notenbank flankieren würden.

Doch auf welche Weise vertragen sich diese getätigten Aussagen mit früheren Zielvorgaben der Pekinger Regierung, die eine massive Reduzierung von Überschusskapazitäten in vielen Bereichen der heimischen Wirtschaft vorsehen?

Streitthema Schutzzölle

Eigentlich führt an einer Fortführung dieser Strategie kein Weg vorbei, wenn China nicht dauerhaft überkreuz mit seinen wichtigsten Handelspartnern liegen möchte. Dass weder die Vereinigten Staaten noch die Europäische Union tatenlos dabei zusehen würden, wie China seine massiven Überkapazitäten zu Dumping-Preisen über deren Märkten abwirft, ließ sich absehen.

Und so haben sowohl die USA als auch die EU beispielsweise ihre Einfuhrzölle auf aus China importierte Stahlerzeugnisse zuletzt signifikant angehoben. Erst kürzlich hieß es aus Peking, dass die Staatsführung bei ihrer Strategie bleiben werde, auch wenn diese sich für die heimische Wirtschaft momentan als äußerst schmerzhaft erweise.

Laut der Regierungspläne soll sich die Schließung von ineffizienten Produktionskapazitäten fortsetzen, wovon allen voran der heimische Minen- und Stahlsektor betroffen ist. Auf diese Weise sollen nicht nur die massiven Überkapazitäten in vielerlei Wirtschaftsbereichen sukzessive abgebaut, sondern auch die horrende Luftverschmutzung eingedämmt werden.

Kampf gegen riesige Unternehmensschulden

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass die Pekinger Staatsführung seit Herbst des vergangenen Jahres auf so genannte Debt-for-Equity-Swaps zurückgreift, um die massive Verschuldung im heimischen Unternehmenssektor ein wenig abzubauen. Ich brauche an dieser Stelle gewiss nicht detaillierter auszuführen, dass primär ineffiziente Staatsbetriebe davon profitieren.

Einerseits versucht Peking also eine maximale Anzahl an Arbeitsplätzen zu erhalten, indem teils hoch überschuldete Industriekolosse mittels einer Aufstockung der Staatsbeteiligung bei gleichzeitiger Schuldenreduzierung vor dem Untergang „gerettet“ werden. Andererseits droht ein Festhalten an den aktuellen Leitlinien weitere Millionen von chinesischen Arbeitnehmern in die Arbeitslosigkeit zu treiben. 

Laut Chinas Staatsrat, einem der zentralsten Gremien des Landes, blicke China einer ganzen Reihe von sich intensivierenden Strukturkonflikten entgegen. Blickt man ein wenig zurück in die Geschichte und jüngere Vergangenheit des Landes, so gilt es eine solche Entwicklung aus Sicht der Machthaber jedoch mit allen Mitteln zu verhindern.

Arbeitsmarktzahlen eigentlich passabel, vordergründig...

Chinas offiziell verlautbarte Arbeitslosenquote ist wenig aussagekräftig, da in diese Statistik lediglich betroffene und amtlich registrierte Einwohner in den urbanen Zentren und Metropolen des Landes einfließen. Schon seit mehreren Jahren liegt diese durch die Pekinger Regierung offiziell verlautbarte Arbeitslosenquote bei 4,1%.  

Sonderbar ist auch, dass diese offiziell verlautbarte Arbeitslosenquote trotz der fulminanten Wirtschaftsabschwächung in China, die einen Rückgang von ehedem prozentual zweistelligen Wachstumsraten auf die niedrigste Wirtschaftsbeschleunigung seit mehr als einem Viertel Jahrhundert (aktuell nur noch 6,7%) durchlebte, in keiner Weise gestiegen ist. 

Chinas Staatsrat scheint ob der aktuellen Entwicklungen an den heimischen Arbeitsmärkten jedoch alarmiert und besorgt zu sein. Denn in einer gestern neu publizierten Richtlinie heißt es, dass sich urbane Zentren und Provinzen im Falle einer stark rückläufigen Beschäftigung neuer geldpolitischer und gar fiskalischer Maßnahmen bedienen sollten.

Großzügige Staatssubventionen für Startups

Unter anderem sollen Startups von großzügigen Staatssubventionen profitieren, weil sich die Pekinger Regierung in Bezug auf die Gründung neuer Firmen einen Jobmotor verspricht. Gleichzeitig sollen Universitätsabsolventen, die durch massive Kapazitätsreduzierungen in den Bereichen Stahl, Kohle und Kohlekraftwerken betroffen sind, Extrahilfe erhalten.

Auf Basis aktueller Pläne strebt die Pekinger Staatsführung im laufenden Jahr die Gründung von 11 Millionen neuen Arbeitsplätzen in China an. Ob diese Zielvorgaben im Angesicht einer sich weiter abschwächenden Wirtschaft und einem sich mit den USA abzeichnenden Handelskrieg erfüllen lassen werden, wird unter Beobachtern eher bezweifelt.

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