Seit ihren historischen Rekordtiefstwerten hat sich die Volatilität an den Aktienmärkten innerhalb der letzten drei Monate nahezu verdoppelt. Damit steht ebenfalls in Verbindung, dass „Dip-Käufe“ in einem sich ändernden Handelsumfeld nicht mehr – wie in den letzten zwei Jahren zur Gewohnheit geworden – funktionierten. 

Neue Strategien

<link wirtschaftsfacts beitrag mahnung-strategiewechsel-bei-japans-groesstem-lebensversicherer-nippon-life>Erst kürzlich hatte der Investmentchef des größten japanischen Lebensversicherers Nippon Life auf diesen Umstand mehr als deutlich hingewiesen, um zu erklären, von „Dip-Käufen“ zukünftig absehen zu wollen. Vielmehr werde Nippon Life Aktien in Rally-Phasen abstoßen.

Anleger, die dem S&P 500 Index im Laufe des ersten Quartals in Treue die Stange hielten, um an ihren Aktien festzuhalten, fuhren zum ersten Mal seit rund zweieinhalb Jahren einen Quartalsverlust mit dieser Strategie ein.

Balanceakt: Wechselwirkung zwischen Handelsbeschränkungen und dem Aktienmarkt

Im Weißen Haus scheint man indes hin und her gerissen zu sein, wenn sich die Dinge um eine – aus meiner Sicht – notwendige Ausbalancierung der globalen Handelsschieflagen und den momentanen Turbulenzen an den Aktienmärkten drehen.

Auf welche Weise lässt sich die jüngst verordnete Einführung von Zöllen in den USA verbal so kommunizieren, dass die Aktienmärkten keinen größeren Schaden nehmen werden? Zumal China mittlerweile auf die Zollanhebungen in den USA mit der Einführung von reziproken Importzöllen in Form einer Vergeltung geantwortet hat.

Änderung der Fahrtrichtung erzeugt hohen Wellengang

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass kürzlich die sechste Zinsanhebung der Federal Reserve um einen weiteren Viertelprozentpunkt auf ein Band von nunmehr 1,5% bis 1,75% erfolgt ist. An der New Yorker Wall Street dürfte längst verinnerlicht worden sein, dass es sich an eine zunehmende Volatilität, die mit Sprüngen von mehreren Hundert Punkten im Tageshandel (nach oben oder nach unten) einhergeht, zu gewöhnen gilt.

Manch Beobachter vergleicht die aktuelle Situation mit einem Boot, das seine Fahrtrichtung ändert. Durch diesen Richtungswechsel würden hohe Wellen an der Wasseroberfläche verursacht, was bildlich gesprochen auf die Aktienmärkte zutreffend sei. Es gelte nun, durch eine Transitionsphase zu gehen, die mit einer sich ändernden Geldpolitik und sich ändernden Wachstumsaussichten verbunden ist. Dadurch käme es zu einer Steigerung der Volatilität.

Vola-Sprung an der Optionsbörse in Chicago & starke Schwankungen im S&P 500

Auf welche Weise sich diese zunehmende Volatilität Ausdruck verleiht, lässt sich recht gut am Beispiel des amerikanischen Leitindex S&P 500 ablesen. Im laufenden Quartal kletterte oder sank der S&P 500 Index 23 Mal um mehr als 1% innerhalb eines einzigen Handelstages.

In den Jahren 2016 und 2017 sah das völlig anders aus. Damals wurde der Index über mehrere Monate gehandelt, ohne dass es auch nur ansatzweise zu solchen Schwingungen gekommen wäre.

Der rasante Volatilitätssprung an der CBOE in Höhe von mehr als 80% im ersten Quartal dieses Jahres dürfte Beweis genug dafür sein, dass die Aktienmärkten innerhalb von nur wenigen Wochen von enormer Euphorie in einen Korrekturmodus übergegangen sind.

Extreme liegen nah beieinander: himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt

Es war insbesondere der allseits wachsende Optimismus im Hinblick auf Donald Trumps Steuersenkungen, die einen bis dahin noch nicht gesehenen Kapitalfluss in Richtung von amerikanischen Indexfonds auslöste. Kaum ein Wunder, dass der S&P 500 Index im Januar seinen höchsten Monatsanstieg innerhalb der letzten zwei Jahre zu verzeichnen wusste.

Doch es kam, wie es in solchen Euphorie-Phasen eigentlich immer kommen muss. Plötzlich brach ein bis dahin sehr populärer Short-Trade auf den Volatilitätsindex VIX in sich zusammen. Der VIX sprang wie eine Feder zurück und explodierte, wodurch viele den VIX invers handelnde Indexfonds komplett aus dem Markt gefegt wurden.

VIX-Explosion, FANG-Aktien unter Druck

An den Aktienmärkten trug dieses Ereignis mit zum Einsetzen einer Korrektur von mehr als 10% bei. In diesem Zuge verloren allein US-Aktien rund $2 Billionen an Wert. Der Monat März brachte kaum Beruhigung, obwohl das Weiße Haus den einen oder anderen Versuch unternommen hatte, an der globalen „Handelskriegsfront“ für verbale Entlastung zu sorgen.

Gleichzeitig büßten die so genannten FANG-Aktien und andere Technologiewerte in den ersten drei Monaten teilweise deutlich an Wert ein, nachdem neben dem sich um Facebook entwickelnden Datenskandal ebenfalls Bedenken über eine potenzielle Verschärfung der Regulierungsmaßnahmen in diesem Sektor aufkamen.

Quartalsverlust S&P 500 und hohe Bewertung – Stimmung noch immer zu bullish?

Zum Ende des ersten Quartals büßte der S&P 500 Index gegenüber dem Vorquartal um 1,2% ein. Vielleicht mag diese Entwicklung daran liegen, dass die Aktienmärkte einer Reihe von Herausforderungen entgegen blicken. Einerseits ist deren Bewertung trotz der jüngst erfolgten Korrektur noch immer sehr hoch.

Zudem zeichnet sich ab, dass sich die Liquiditätslage an den Finanzmärkten in den nächsten Quartalen deutlich verschlechtern wird. Gleichzeitig kommt es zu immer weniger ökonomischen Überraschungen auf der Oberseite. Trotz der Korrektur an den Aktienmärkten warnen Banken und eine Reihe von Analysten davor, dass die Stimmung unter Investoren noch immer zu bullish sei.

Ein Analyst von Morgan Stanley fasste die Dinge zuletzt in etwa wie folgt zusammen: „Die Bilanzbuchschrumpfung der Fed bei gleichzeitigem Liquiditätsentzug ist schlecht, das Aufkommen von Handelskriegen ist schlecht, die Markttechnik erweist sich als schlecht, und nun fallen auch noch die FANG-Aktien wie Facebook, Netflix oder Tesla in Ungnade. Auch die sind jetzt schlecht.“

Normalisierung? Zinsentwicklung dürfte jedenfalls zu weiter hoher Volatilität beitragen

Es bleibt abzuwarten, wie lange die Turbulenzen an den Märkten für Technologieaktien anhalten werden. Eine Quelle für eine anhaltend hohe Volatilität dürfte sich aus der Zinsentwicklung ableiten.

Wurde die jüngste Zinsanhebung der Fed im Monat März durch die Finanzmarktakteure weitestgehend vorausgesehen und bereits eskomptiert, so stellt sich die Frage, zu wie vielen weiteren Zinserhöhungen es im laufenden Jahr in den USA noch kommen wird.

Mehr und mehr zeigt sich, welch – historisch betrachtet – ungewöhnliche zwei Jahre die Volatilitätsmärkte hinter sich gebracht haben. Ob „ungewöhnlich“ hierfür der richtige Begriff ist?

Wie dem auch sei, es zeichnet sich ab, dass der VIX zumindest einmal auf dem Weg dabei sein dürfte, wieder nahe oder um seine historischen Durchschnittswerte zu handeln. Allein dies dürfte schon ausreichen, um für weiterhin starke Schwingungen an den Aktienmärkten zu sorgen.

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