Es ist noch gar nicht allzu lange her, als das kleine Irland durch die Europäische Union ein Bailout zu Teil wurde, der vertragsrechtlich ebenso illegal gewesen ist wie die Aktivitäten Brüssels in Griechenland, Portugal, Zypern oder Spanien.

Irland hätte der Ausbruch einer crashartig verlaufenden Immobilienkrise in den Jahren 2007 bis 2012 ansonsten das Genick gebrochen. Die Erklärung eines Zahlungsausfalls bei einem Zusammenbruch der großen Banken des Landes wäre unvermeidlich gewesen.

Doch dies ist alles Schnee von gestern. Irland hat sich inzwischen neu erfunden und ist zur viertgrößten Schattenbankenindustrie der Welt aufgestiegen. Gewiss resultiert daraus ein zweifelhafter Leumund, doch wen kümmert es, schließlich muss der „Rubel“ weiter rollen.

Intransparente Geschäfte

Laut eines neuen Berichts des in Basel ansässigen Financial Stability Board (FSB) hat Irlands Schattenbankensystem inzwischen einen Umfang von mehr als $2,25 Billionen erreicht. In diesem intransparenten Bereich tummeln sich Kreditgeber aus dem Nichtbankensektor ebenso wie speziell designte Vermögensanlagefonds oder Spezialfinanzvehikel, die bestimmte und höchst undurchsichtige Anlagezwecke verfolgen.

All diesen Playern ist gemeinsam, dass sie größtenteils undurchsichtig, intransparent und aus diesem Grund selbst durch die Finanzaufsichtsbehörden nur schwer zu verstehen sind. Was „Anleger“ dazu verleitet, in solche Anlagevehikel und -muster einzusteigen, steht in den Sternen.

Ich würde darauf wetten, dass es teils verlockende Zinsangebote sind, mit denen „Anleger“ in diese Vehikel gelockt werden, ohne in den meisten Fällen überhaupt zu verstehen, wo sie ihr Geld parken.

Angstschweiß können einem die jüngst erhobenen Daten zu diesem Sektor alleine schon deshalb in die Stirn treiben, weil Irlands Schattenbankensystem bereits eine Größe erreicht hat, die das Bruttoinlandsprodukt des Landes um das Achtfache (!) übertrifft.

Im Vergleich dazu stellen die USA nach wie vor das größte Schattenbankensystem der Welt, das über einen geschätzten Gesamtumfang von knapp $14 Billionen an Vermögenswerten verfügt. So sah die Lage zumindest bis zum Ende des Jahres 2015 aus.

Die Cayman Islands, die erstmals an einer durch das FSB erhobenen Studie teilgenommen haben, stellen hinter den Vereinigten Staaten das zweitgrößte Schattenbankensystem der Welt, das immerhin einen Umfang von $4,3 Billionen an Vermögenswerten aufweist.

Ich persönlich hätte zwar nicht damit gerechnet, doch was soll´s, auf dem dritten Platz folgt Japan. Das Land der aufgehenden Sonne blickt auf ein Schattenbankensystem, das immerhin noch einen Umfang von $3,2 Billionen an Vermögenswerten aufweist, auf dem vierten Platz gefolgt von Irland.

Verschärfte Kontrolle der Finanzmärkte sinnvoll?

Die im Zuge der globalen Finanzkrise hier und dort ein wenig verschärfte Regulierung der Finanzmärkte (bei Licht besehen eigentlich lächerlich), könnte mit dazu beigetragen haben, dass Kreditgeber und Anleger mehr und mehr auf die Nutzung von Schattenbankensystemen ausweichen, um einer verschärften Regulierung und Kontrolle zu entgehen. 

Wer sich darüber wundert, dass China in den Top-4 des FSB im jüngsten Bericht nicht zu finden ist, dem sei gesagt, dass China seine Daten diesmal nicht mehr zu rechten Zeit und zum Abgabeultimatum eingereicht hatte. Luxemburg nimmt überhaupt nicht an der Studie des FSB teil und entzieht sich damit noch immer einer Weisung der G20-Gruppe. 

Laut neuster Daten des FSB belief sich der Umfang der im globalen Schattenbankensystem gehaltenen Vermögenswerte bis zum Ende des Jahres 2015 auf einen schier unvorstellbaren Betrag von $34 Billionen, was einem Anstieg von 3,2% gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Schattenbanken ohne Kontrolle

Was hat sich seit den Finanzkrisenjahren 2008 und 2009 geändert, in dem das weltweite Schattenbankensystem eine zentrale Rolle bei der Schachmattsetzung des Bankensystems gespielt hatte? Die Antwort lautet: Überhaupt nichts!

Die Größe des globalen Schattenbankensystems hatte zum Jahresende 2015 einen Umfang von etwas mehr als 60% des Bruttoninlandsprodukts der 27 durch das FSB untersuchten Jurisdiktionen erreicht. Die meisten dieser Anlagen entziehen sich nach wie vor jedweder Aufsicht oder Regulierung. Diese Tatsache hatte den Ausbruch der globalen Finanzkrise damals verschärft.

Um auf Irland zurückzukommen, werden 46% der nicht im traditionellen Bankensektor veranlagten Vermögenswerte inzwischen durch Investmentfonds verwaltet, von denen viele auch an der Dubliner Börse gelistet sind. 12% der Vermögenswerte entfallen auf liquide Geldmarktfonds.

Rund ein Fünftel der gehaltenen Vermögenswerte entfallen auf Spezialanlagevehikel, die nicht selten in der Verbriefung von Krediten mitmischen, um diese Pakete in Teiltranchen an Investoren zu verkaufen, die den Kauf dieser „Sicherheiten“ oftmals steuerlich in bestimmter Höhe absetzen können.   

Laut Angaben des FSB würden in Irland darüber hinaus knapp 500 Milliarden Euro in Form von „anderen Schattenbankenvermögenswerten“ veranlagt, die sich jeder Art der Aufsicht und Kontrolle durch die Behörden entziehen. Selbst Irlands Zentralbank verfüge kaum über irgendwelche Instrumente, um den Herausforderungen in diesem intransparenten Sektor zu begegnen.

 

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