Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras möchte den Internationalen Währungsfonds augenscheinlich nicht mehr in seinem Land haben. Anstelle einer Teilnahme des IWF an der dritten Bailout-Tranche in Höhe von 86 Milliarden Euro präferiert Tsipras ein alleiniges Stemmen der benötigten Finanzmittel durch die Institutionen der Europäischen Union. Wie Tsipras gegenüber der FT zu Beginn dieser Woche erklärte, sei es an der Zeit, dass Europa sich nach sechs schweren Krisenjahren selbst um seine innereuropäischen Angelegenheiten kümmere.

Alexis Tsipras kann einer potenziellen Beteiligung des Internationalen Währungsfonds an „innereuropäischen Angelegenheiten“ augenscheinlich nichts mehr abgewinnen. Vielmehr plädiert Griechenlands Premierminister dafür, den Washingtoner Fonds aus dem im Sommer dieses Jahres nach harten und langen Verhandlungen gewährten dritten Bailout-Pakets in Gänze herauszuhalten.

Warum ist dies so? Nun, wie Tsipras sich ausdrückte, fühlten er und seine Regierung sich durch das „unkonstruktive Verhalten im Hinblick auf fiskalische und finanzielle Fragen“ der Führungsspitze des IWFs in hohem Maße irritiert. Athen hatte den einst mit internationalen Gläubigern vereinbarten Struktur- und Fiskalreformen in den vergangenen Tagen – abermals mit deutlich zeitlichem Verzug – grünes Licht gegeben.

Auch notwendige Budgetanpassungen im Hinblick auf das anstehende Jahr 2016 hatte die Athener Regierung präsentiert, wonach die Gläubiger dem Land eine weitere dringend benötigte Kredittranche gewährt hatten. Doch der Internationale Währungsfonds gibt sich damit nicht zufrieden. Vielmehr stehen nun Änderungen an dem Herzstück der einst getroffenen Vereinbarung zwischen Athen und dessen Gläubigern an.

Und zwar dreht sich hierbei alles um die angedachte Pensionsreform, welche die Regierung Tsipras eine Menge an Glaubwürdigkeit unter den eigenen Wählern zu kosten droht. Es ist die IWF-Führung, die nach wie vor darauf pocht, in der Vergangenheit durch Athen zugesagte Pensionskürzungen so bald wie möglich umzusetzen. Dass Griechenland im Angesicht seiner prekären finanziellen Lage seine staatliche Souveränität eingebüßt hat, zählt heute keineswegs mehr in die Sphäre der Verschwörungstheorien, sondern erweist sich als bittere Realität.

So werden die Dinge auch durch Alexis Tsipras gesehen. Gegenüber der FT machte Tsipras deutlich, dass sich sein Land nun seit fünf Jahren im Würgegriff eines Finanzhilfeprogramms befinde, das Griechenland die eigene Souveränität gekostet habe. Um diese Souveränität von der Troika zukünftig wieder zurückzugewinnen, bleibe seinem Land keine andere Wahl als auch das dritte im Sommer vereinbarte Bailout-Paket in Gänze umzusetzen.

Unterdessen fällt es schwer, dieser Aussage Glauben zu schenken. Denn trotz eines bereits unter Privatgläubigern erfolgten Schuldenschnitts ist das staatliche Verschuldungsniveau Griechenlands in den vergangenen Jahren weiter explodiert. Nachdem sich Griechenland abermals in einer wirtschaftlichen Rezession wiederfindet, stellt sich die alles entscheidende Frage, auf welche Weise das südosteuropäische Land jemals seine ausstehenden Schulden zurückzubezahlen gedenkt.

Ich bin – wie viele andere Beobachter – nach wie vor der Ansicht, dass dies nicht möglich sein wird. Dem Ruf der griechischen Regierung nach einer innereuropäischen Lösung der griechischen Finanzprobleme ist die Brüsseler EU bis dato nicht gefolgt. Im Gegenteil, haben offizielle Vertreter der Eurogruppe dem Ansinnen der griechischen Regierung nach einem Ausschluss des Internationalen Währungsfonds aus der Finanzierungshilfe eine klare Absage erteilt.

Es liegt jedoch nicht im Ermessen der Europartner allein, ob der IWF auch weiterhin an den Finanzierungshilfen für Griechenland in der Zukunft teilnehmen wird oder nicht. Vielmehr scheint sich die Skepsis innerhalb der Führungsspitze des IWF im Hinblick auf diese Frage in den letzten Wochen und Monaten verhärtet zu haben. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass das Exekutivkomitee des IWF zu Beginn des nächsten Jahres darüber entscheiden wird, ob sich die Washingtoner Institution auch am dritten Bailout-Paket zugunsten Griechenlands beteiligen wird oder nicht.

Während sich Deutschland zugunsten einer Teilnahme des IWF ausspricht, hatte die Spitze des IWF in den letzten Wochen wiederholt durchklingen lassen, keiner großen Neigung in Sachen einer Teilnahme am dritten Bailout-Paket zugunsten Griechenlands zu frönen. Und die Gründe liegen unbesehen auf der Hand. Schon nach dem Sommer hatte der IWF darauf hingewiesen, dass dem Fonds laut eigener Satzung eine Teilnahme verboten sei, weil das öffentliche Verschuldungsniveau Griechenlands unhaltbar und nicht nachhaltig – und somit nicht rückzahlbar – sei.

Damit deckt sich die Skepsis des IWF mit dem weiter oben von mir angesprochen Unglaube, dass Athen jemals dazu in der Lage sein wird, sein Verschuldungsniveau ohne zusätzlichen Schuldenschnitt nachhaltig zu reduzieren. Davon wären dann allerdings die staatlichen Gläubiger der Athener Regierung betroffen, die – wie im Falle der deutschen Regierung – gegenüber ihren eigenen Bevölkerungen in den letzten Jahren immer wieder deutlich gemacht hatten, dass es zu keinem Ausfallrisiko in der Causa Griechenland kommen werde.

Der IWF dürfte sein Fett im Falle einer Entscheidung gegen Griechenland allerdings ebenfalls heftig abbekommen. Denn nachdem der Washingtoner Fonds der ukrainischen Regierung vor Kurzem grünes Licht erteilt hatte, nach wie vor dringend benötigte Nothilfekredite an Kiew zu transferieren, selbst wenn das durch einen Bürgerkrieg zerrüttete Land seine Schulden in Höhe von $3 Milliarden gegenüber Russland nicht begleichen werde, stellt sich automatisch die Frage, weswegen die Athener Regierung dann im gleichen Atemzug durch den IWF an den Pranger gestellt wird...

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