Im Mai dieses Jahres sollen die zweijährigen Austrittsverhandlungen Großbritanniens aus der Europäischen Union offiziell beginnen. Doch bereits vor dem offiziellen Beginn dieser Verhandlungen intensivieren sich die politischen Spannungen zwischen Brüssel und London.

Wer momentan die hochkochenden Emotionen zwischen Großbritannien und Spanien um die britische Exklave Gibraltar – wie ich – aus der Ferne betrachtet, wundert sich doch ein wenig über das einsetzende Säbelgerassel und die damit verbundenen Kriegsdrohungen der Briten an Spanien.

Doch gut, die Dinge sind nun einmal so wie sie sind. Daran lässt sich nichts ändern, sondern es bleibt einfach nur, die sich abzeichnenden Entwicklungen mit Staunen und Kopfschütteln zur Kenntnis zu nehmen und zu akzeptieren.

60-Milliarden-Forderung Brüssels an London

Aus meinem Blickwinkel scheint den Briten „The Rock“ Gibraltar strategisch ähnlich wichtig zu sein wie im Jahr 2014 den Russen die Halbinsel Krim nach dem erfolgten Putsch in der ukrainischen Kapitale Kiew. Selbstverständlich gibt keine Regierung der Welt einen Flecken Erde von solch strategischer Bedeutung einfach so aus der Hand.

Dass auf Seiten Brüssels damit zu rechnen sein wird, dass sich die EU-Führungsspitze in den im nächsten Monat beginnenden Austrittsverhandlungen unfairer Mittel bedienen und hin und wieder auch Foul zu spielen versuchen wird, hatte ich bereits in Vorabberichten zu diesem Thema gemutmaßt.

Allein das Ausrufen einer finanziellen Forderung in Höhe von mehr als 60 Milliarden Euro, welche die Brüsseler Kommission der britischen Regierung für einen „einvernehmlichen“ Austritt des Landes aus der EU kürzlich in Aussicht gestellt hat, schreit geradezu danach, dass die Briten einen harten Austritt aus dem europäischen Staatenbund favorisieren sollten.

Wer hindert die Londoner Regierung eigentlich daran, Brüssel schlichtweg den Mittelfinger zu zeigen, um das sich gerade entwickelnde Drama zeitlich abzukürzen, um den eigenen EU-Austritt massiv zu forcieren?!

Zurückgewinnung der Souveränität

Die Trennung von einem Lebenspartner dauert unter normalen Umständen ja auch keine zwei Jahre oder gar noch länger. Auf diese Weise würde London sich seine staatliche Souveränität auf schnellstmöglichem Wege zurückholen, um dann beispielsweise einen Freihandelsvertrag mit den Vereinigten Staaten abschließen zu können.

Für die britische Regierung wird es in nächster Zeit vor allem darum gehen, europäisches Recht wieder in heimstaatlich-souveränes Recht umzuwandeln. Auf andere Weise lassen sich Klarheit, Transparenz und Regulierungsänderungen aus meiner Sicht auch gar nicht richtig bewerkstelligen.       

Wie sich nicht nur am Beispiel der aufkommenden Spannungen zwischen Großbritannien und Spanien um den mediterranen Felszipfel Gibraltar zeigt, wachsen im Vorfeld der demnächst beginnenden Austrittsverhandlungen auch die allgemeinen Spannungen zwischen London und Brüssel.

Wird Brexit-Prozess durch Brüssel in die Länge gezogen?

In London scheint nämlich inzwischen die Erwartung umzugehen, dass Brüssel versucht sein könnte, den Austrittsprozess Großbritanniens mittels erpresserischer Methoden zeitlich noch deutlich in die Länge zu ziehen.

Wie sich seit vielen Jahren am abschreckenden Beispiel Griechenland zeigt, scheinen der EU-Führungsspitze solche Methoden auch bestens bekannt zu sein. Nur offiziell gesprochen darf darüber aufgrund von unartigen Verstößen gegen die Political Correctness selbstverständlich nicht werden.

Fest steht allerdings, dass die Dinge dadurch nicht besser werden. Auch in Brüssel ist man auf ein derartiges Extremverhalten Londons bereits mental vorbereitet. Immerhin könnte London in den anstehenden Austrittsverhandlungen einen Joker namens „Innere Sicherheit und gemeinsame Kriminalitätsbekämpfung“ gegenüber Brüssel zum Einsatz bringen.

Schlüsselthema Innere Sicherheit und Verbrechensbekämpfung

Immerhin hatte U.K.s Premierministerin Theresa May bereits öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass es eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und der EU auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit und der Verbrechensbekämpfung nur dann geben werde, falls Brüssel Bereitschaft zum Abschluss eines Freihandelsabkommens mit dem Vereinten Königreich nach erfolgtem Brexit signalisiere.

Doch die Abgeordneten im Europäischen Parlament haben sich laut Medienberichten bereits darauf verständigt, dass die mit einer Mitgliedschaft im EU-Club einhergehenden Privilegien keineswegs auch für Länder außerhalb des Staatenbunds gelten könnten – geschweige denn für Länder, die gewillt seien, den EU-Raum zu verlassen.

Die britische Presse scheint das indes alles nicht mehr sonderlich anzufichen. Selbst die alt eingesessene Financial Times titelte in der letzten Woche mit der Frontseitenüberschrift „Vielen Dank und Good-bye“.

Im Daily Telegraph und typischen Boulevard-Gazetten wurde die offizielle Übergabe des EU-Austrittsgesuchs Londons an Brüssel fast schon zelebriert und lautstark gefeiert. Die nächsten Monate dürften gewiss spannend werden...

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