Wenden wir uns einmal mehr den Betrugs- und Manipulationsaktivitäten im amerikanischen Bankensektor zu. Nachdem amerikanische Aufsichtsbehörden laut eigener Angaben des U.S. OCC mindestens seit dem Jahr 2010 über die betrügerischen Kontenaktivitäten bei dem kalifornischen Kreditgeber Wells Fargo im  Bilde gewesen sein sollen, ist es nun die Firma Goldman Sachs, die in diesen Tagen einmal mehr für Schlagzeilen in US-Medien sorgt.

Es war die New York Post, die in der vergangenen Woche berichtete, dass das amerikanische Justizministerium gegen Goldman Sachs in einem Fall ermittele, der sich voll und ganz um die vermeintliche Manipulation der US-Staatsanleihemärkte drehen soll. Es handele sich dabei in erster Linie um die Staatsanleiheauktionen des US-Finanzministeriums zwischen den Jahren 2007 und 2011.

Primary Dealer Goldman Sachs

Im Fall von Goldman Sachs handelt es sich um einen der größten so genannten Primary Dealers, ein erlesene Auswahl von Banken, die direkt mit der Federal Reserve oder dem US-Finanzministerium Handel betreiben dürfen. Die Anklage des US-Justizministeriums basiert auf dem Vorwurf, dass Goldman in eingangs genanntem Zeitraum den Löwenanteil der US-Staatsanleiheauktionen auf sich zu vereinen in der Lage war.  

Überraschend erfolgt diese Anklage ganz gewiss, wenn man bedenkt, dass sich eine hohe Anzahl von ehemaligen Repräsentanten der Großbank in hochrangigen Regierungspositionen – sowohl in der ersten als auch zweiten Reihe der neu ins Amt gekommenen Administration von Donald Trump – wiederfindet. Um das Kind beim Namen zu nennen, handelt es sich um die größte Entsendung von Ex-Goldman-Mitarbeitern in hochrangige politische Ämter jemals.

Dabei hatte das US-Finanzministerium in den vergangenen Jahren unter Bezugnahme auf verschiedene Medienberichte eine ganze Reihe von Sicherheitsmaßnahmen eingeführt, die eine Manipulation der Staatsanleiheauktionen verhindern sollten. Die Sicherheitsmaßnahmen sollten zu jedem Zeitpunkt gewährleisten, dass die Wettbewerbsfähigkeit im Hinblick auf die Staatsanleiheemissionen des US-Finanzministeriums unter den konkurrierenden Banken gegeben sein würde.

Weitergabe von Preisinformationen

Die Anklage des US-Justizministeriums stützt sich laut des Medienberichts in erster Linie auf Chats und Emails unter Goldman-Händlern, die Preisinformationen mit Staatsanleihehändlern von anderen Instituten geteilt haben sollen. Laut der Anklageschrift soll es sich dabei nicht selten um höchst sensible Preisinformationen gehandelt haben.

Ein Insider, der Einblick in die entsprechenden Angebotsdaten gehabt haben will, teilte gegenüber der New York Post mit, dass Goldman Sachs in genanntem Zeitraum nicht viele Gebote an Konkurrenten eingebüßt haben soll. Die durch Goldman getätigten Preisofferten für frisch emittierte Regierungsanleihen sollen sich stets innerhalb der gehandelten Spanne bewegt haben.

Die Preisofferten von Goldman sollen dabei jedoch immer einen kleinen Tick oberhalb der Angebote von Konkurrenten gelegen haben. Auffällig sei laut dieses Insiders auch der Fakt, dass Goldmans Preisofferten fast immer kurz vor Handelsende eingegangen seien. Die New York Post hatte bereits im selben Zeitraum des vergangenen Jahres über eine Manipulation der amerikanischen Staatsanleihemärkte durch Goldman Sachs berichtet.  

Preisabsprachen auch in anderen Märkten

Allerdings enthält der nun veröffentlichte Bericht eine Reihe von neuen Informationen, die darauf hindeuten, dass sich auf Basis von Preisabsprachen basierende Marktmanipulationen unter Großbanken an Wall Street nicht nur auf die Währungs- und Zinsmärkte beschränkt haben dürften.    

In diesem Zusammenhang stellt sich automatisch die Frage, welchen Hebel Goldman Sachs eingesetzt haben mag, um Konkurrenzunternehmen den eigenen Wunschvorstellungen zu unterwerfen. Und nochmals sei angefügt, dass das Timing dieser Anklage recht überraschend anmutet, nachdem sich mit Steven Mnuchin (US-Finanzminister) und Gary Cohn (Donald Trumps einflussreichster Wirtschaftsberater) zwei Ex-Repräsentanten der Bank in exponierten Regierungsämtern befinden.

Die eingeleiteten Ermittlungen des US-Justizministeriums gegen Goldman Sachs sollen sich zum aktuellen Zeitpunkt auf den Stützpfeiler des amerikanischen Finanzsystems beziehen: namentlich die Bond- und Zinsmärkte. Die pro Jahr rund 300 stattfindenden Auktionen des US-Finanzministeriums finanzieren im Angesicht einer Neuemission von US-Staatsanleihen verschiedener Laufzeiten die Regierungsausgaben.

Goldman cleverer als die Konkurrenz?

Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass sich die im Rahmen der durchgeführten Bondemissionen gebotenen Preise nicht nur auf die Entwicklung der Staatsanleihezinsen, sondern ferner auch auf die Zinsentwicklung in allen anderen wichtigen Marktsegmenten wie den Hypotheken- oder Kreditkartenmärkten auswirken. Als einer von dreiundzwanzig Primary Dealers nimmt Goldman Sachs direkt an den Auktionen des US-Finanzministeriums teil.

Zu einem späteren Zeitpunkt werden die in diesem Zuge erworbenen Staatsanleihen dann an die eigenen Kunden und Klienten der Primary Dealers weiter verkauft. Im Rahmen der Auktionen des US-Finanzministeriums geben alle Primary Dealers bis jeweils 11 Uhr morgens geheime Preisofferten für bis zu 40% der angebotenen Staatsanleihen ab. Jene Bank mit dem höchsten Preisangebot verbucht die Auktion für sich.

Laut des Berichts der New York Post sollen sich hochrangige Mitarbeiter des amerikanischen Finanzministeriums darüber bewusst gewesen sein, dass Goldman Sachs über einen langen Zeitraum eine Auktion nach der anderen für sich verbuchen konnte. Diese Tatsache führte im US-Finanzministerium jedoch augenscheinlich zu keiner tieferen Besorgnis, da man davon ausgegangen sei, dass Goldman in der Abgabe der eigenen Preisofferten besser oder cleverer als die Konkurrenz gehandelt habe.

Kritischere Geister stellen in der Zwischenzeit jedoch die Behauptung auf, dass Goldman sich des Frontrunnings schuldig gemacht habe. Schließlich seien die seitens des amerikanischen Finanzministeriums erworbenen Anleihen zu einem späteren Zeitpunkt stets mit Gewinn an die eigenen Kunden weitergereicht worden. Massiv wachsende Bedenken unter Großkunden der Bank hätten dazu geführt, dass die Anzahl an Direktbietern im Jahr 2010 deutlich zugenommen habe.  

 

Großkunden von Goldman hätten demnach offensichtlich nach Wegen gesucht, um die Bank im Hinblick auf US-Staatsanleiheauktionen zu umgehen. Das Wall Street Journal hatte zum damaligen Zeitpunkt (im Jahr 2010) bereits darüber berichtet, dass Großinvestoren ihr Geld an den US-Staatsanleihemärkten anlegen wollten, ohne jedoch deren Intentionen gegenüber den Primary Dealern offenlegen zu müssen.

Deutsche Bank auch betroffen?

Zum Zeitpunkt, zu dem die Marktmanipulationen durchgeführt worden sein sollen, bekleidete Donald Trumps heutiger Wirtschaftsberater Gary Cohn – hinter CEO Lloyd Blankfein – bei Goldman Sachs die zweithöchste Position im Konzern. Aus diesem Grund dürfte davon auszugehen sein, dass die Investigationen des US-Justizministeriums unter aller Voraussicht im Sand verlaufen werden. Des Weiteren sollen sich die Ermittlungen auf vier weitere Banken erstrecken, die mit Goldman-Händlern unter einer Decke gesteckt haben sollen.

Und die Deutsche Bank AG ist wohl einmal mehr ganz vorne mit dabei. Es gibt anscheinend kaum ein Betrugsfettnäpfchen, das Deutschlands größte Geschäftsbank in den vergangenen Jahren ausgelassen hätte. Es wäre einfach nur noch beschämend, falls sich die Anschuldigungen bewahrheiten sollten. Ferner sollen auch die Schweizerische UBS AG, die französische BNP Paribas und die britische Royal Bank of Scotland mit von der Partie gewesen sein.

Wundern Sie sich allerdings nicht darüber, wenn es am Ende der Investigationen, denen sich selbst die Europäische Union angenommen hat, einmal mehr heißen dürfte, dass Goldman sich keines Fehlverhaltens schuldig gemacht habe. So funktionieren Vetternwirtschaft und Korruption nun einmal…

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