Es sind nicht nur neue Daten aus den Vereinigten Staaten, die zeigen, dass sich kleine und mittelständische Unternehmen in den westlichen Industrieländern finanziell mittlerweile mit dem Rücken zur Wand befinden.

Einerseits haben Banken damit begonnen, ihre Kreditvergabe einzuschränken, während sich die ökonomischen Bedingungen andererseits über die vergangenen Wochen vielerorts weiter verschlechtert haben. Nach wie vor bestimmt auch das Thema Inflation die Debatten.

Nach Großbritannien blickend, wo inzwischen statistisch betrachtet gut zwölf Unternehmen in der Hotel- und Gastwirtschaftsbranche pro Tag das Zeitliche segnen, scheint sich der Druck aufgrund einer äußerst hartnäckigen Inflation nochmals zu verschärfen.

Inflation droht sich in die britische Wirtschaft hineinzufressen

Es sind allen voran die noch immer zu hohen Energiekosten, die vielen Unternehmen sowohl im produzierenden Gewerbe als auch im Dienstleistungssektor enorme Schwierigkeiten und Kopfschmerzen bereiten.

So ging kürzlich aus einer Umfrage durch Alix Partners unter Industrieexperten hervor, dass neben der Inflation auch eine sich zunehmend intensivierende Lebensstandardkrise unter den privaten Haushalten in Großbritannien bis Ende März im Jahresvergleich zu einer Schließung von knapp 4.600 Unternehmen im Hospitalisierungsgewerbe, also unter Gastbetrieben, beigetragen haben.

Prozentual betrachtet ist damit im Jahresvergleich ein Nettoanteil von 4,3 Prozent aller in diesem Bereich aktiven Unternehmen aus dem Wettbewerb ausgeschieden. Experten rechnen damit, dass es sich noch lange nicht um das Ende der Fahnenstange handeln wird.

Zwar haben die britischen Verbraucher im Lauf der letzten Wochen wieder ein wenig mehr Mut gefasst, um ihre Ausgaben leicht zu erhöhen. Nichtsdestotrotz wird davor gewarnt, dass eine immens hartnäckige Inflation unter aller Voraussicht auch in den nächsten Quartalen auf der Ausgabebereitschaft der heimischen Konsumenten lasten wird.

Hinzu gesellten sich Beobachtungen, wonach ein wachsender Anteil der britischen Bürger nahe am oder bereits am finanziellen Limit zu sein scheint. Heißt übersetzt also, dass es sich immer mehr britische Bürger finanziell nicht mehr leisten können, Hotels, Restaurants oder andere Angebote des Hospitalisierungsgewerbes zu nutzen.

Schließungswelle unter Pubs und Restaurants hält an

Insbesondere der Restaurantsektor sticht unter Bezugnahme auf die jüngst durchgeführte Umfrage von Alix Partners besonders hervor. Denn in diesem Bereich ist die Anzahl der lizensierten Betriebe in dem zuvor erwähnten Zeitraum im Jahresvergleich um 7,8 Prozent gesunken.

Klar, immer weniger Menschen können es sich im aktuellen Umfeld leisten, für ein in einer Bar oder in einem Restaurant bestellten Pint zehn Pfund auf den Tresen zu blättern. Zuletzt hatte unter anderem auch eine Ankündigung der italienischen Pizzakette Prezzo für mediales Aufsehen gesorgt.

Danach sollen aufgrund der deutlich gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise bis zu fünfzig Restaurants im Land geschlossen werden. Mehr als 800 Mitarbeiter werden in diesem Zuge ihren Arbeitsplatz verlieren.

Industrieexperten warnen unisono davor, dass insbesondere die Innenstädte unter einer sich abzeichnenden Schließung von noch mehr Pubs und Restaurants leiden werden. Geben Pubs vermehrt auf, drohen Innenstädte und ein einst pulsierendes Stadtleben blutleer zu werden. Der Grad der Attraktivität sinkt.

Auch wenn sich die Geschwindigkeit im Bereich der Schließungsankündigungen in den ersten drei Monaten dieses Jahres ein wenig verlangsamt hat, so heißt es bei Alix Partners, dass dies noch lange kein Grund zur Entwarnung sei.

Zwar hat die britische Regierung einen im Zeitablauf mehrfach angehobenen Preisoberdeckel im Energiepreissektor eingezogen, zuletzt allerdings auch angekündigt, den aktuellen Grad der staatlichen Subventionen zurückfahren zu wollen.

Nahezu parallel hierzu ist es zum Beschluss einer Anhebung des Mindestlohns im Vereinigten Königreich gekommen, um die sozial schwächsten Gesellschaftsschichten und Arbeitnehmer zumindest ein wenig durch eine Inflationsanpassung zu entlasten.

Finanzlage ist unter Tausenden Betrieben äußerst fragil

Branchenexperten sehen hierin jedoch ein erstes Anzeichen, dass Betriebe im Hotel- und Hospitalisierungsgewerbe des Landes weiter Personal abbauen werden. Denn nicht nur die steigenden Arbeitskosten, sondern auch die zuletzt angehobenen Steuersätze erhalten den Druck auf viele Unternehmen der Branche aufrecht – oder erhöhen ihn zusätzlich.

Tausende Betriebe im Hospitalisierungsgewerbe des Landes blickten auf eine inzwischen äußerst fragile Finanzsituation, was in den nächsten Quartalen zu einer sich fortsetzenden Schließungswelle führen könnte.

Einmal mehr beginnt sich zudem abzuzeichnen, dass große Unternehmen, darunter eine Anzahl von Kettenbetreibern, die aktuelle Wirtschaftslage besser wegstecken könnten als mittelständische Einzelbetreiber. Die Schere zwischen groß und klein drohe sich weiter in diesem Markt zu öffnen.

Große Unternehmen und Filialkettenbetreiber stünde die Möglichkeit offen, sich über die Finanzmärkte zu refinanzieren oder dort Schuldenanleihen in der Hoffnung auf sich wieder verbessernde Zeiten zu emittieren.

Allerdings sind es vorrangig die Kleinunternehmen und mittelständischen Betreiber, von denen die größte Innovationskraft ausgehe. Bei Alix Partners wurde aus diesem Grund darauf hingewiesen, dass die Regierung zusätzliche staatliche Subventionen verabschieden müsse, um den Motor der Innovationskraft zu stützen und am Leben zu erhalten.

Solange die Energiepreise nicht wieder deutlich zurückgehen werden, drohten viele kleine Familienbetriebe auf der Strecke zu bleiben. Auf eine ähnliche Weise werden die Dinge auch seitens des britischen Bier- und Kneipenverbandes sowie der Organisation UK Hospitality betrachtet.

Innenstädte drohen unattraktiv zu werden

Vor Kurzem wurde die Londoner Regierung öffentlich dazu aufgefordert, den im Kessel herrschenden Finanzdruck durch eine Verabschiedung von eigenen Maßnahmen zu lindern.

Gewarnt wurde unter anderem davor, dass eine Schließung von weiteren Tausenden Betrieben in diesem Bereich nicht nur viele Arbeitsplätze, sondern auch die allgemeine Attraktivität von Innenstädten vernichten würde.

Wie dem auch sei, so zeigen am heutigen Tag veröffentlichte Daten, dass die Inflation auch im Monat April oberhalb der allgemeinen Erwartungen lag. Der höchst unschöne Begriff der Stagflation scheint sich inzwischen mehrheitlich in den Köpfen von vielen Bürgern im Land festgesetzt zu haben.

Problematisch könnte hieran sein, dass die allgemeinen Inflationserwartungen nicht allzu bald sinken werden. Auf diese Weise könnte sich der auf der Bank of England lastende Druck zusätzlich erhöhen, was unter aller Voraussicht zu weiteren Zinsanhebungen beitragen würde.

Heute vermeldete Inflationsdaten für den Monat April: Nächster Downer

Was vielen Marktkommentatoren an den heute Morgen vermeldeten Inflationsdaten ihre Laune vermieste, leitet sich anhand der Tatsache ab, dass im April nicht nur die Inflationsrate im Dienstleistungssektor, sondern auch die allgemeine Verbraucherpreisinflation auf ihren jeweils höchsten Niveaus seit dem Jahr 1992 lagen.

So wurde an den Finanzmärkten nach einem annualisierten Anstieg um 10,1 Prozent im März im Monat April mit einem Rückgang der Verbraucherpreisinflation auf 8,4 Prozent gerechnet. Diese Konsensschätzung wurde angesichts eines Niveaus von 8,7 Prozent locker überboten.

Noch größere Kopfschmerzen bereitete Finanzmarktakteuren allerdings die Tatsache, dass die Kerninflationsrate, heißt also exklusive Energie, Lebensmittel und Tabak, von 6,2 Prozent im März auf 6,8 Prozent im Monat April kletterte.

Allein hieran zeigt sich, unter welchem finanziellen Druck das Gros der privaten Haushalte im Land steht. Hinzu gesellt sich die Befürchtung, dass sich die Inflation in die Wirtschaft hineinfressen wird, um zu bleiben.

Es verwundert kaum, dass das britische Pfund nach Veröffentlichung dieser Daten unter einen erheblichen Abgabedruck geriet, um in der Spitze auf ein 6-Wochen-Tief zu sinken. Parallel hierzu sind die Erwartungen an den Finanzmärkten an einen weiteren im Monat Juni durch die Bank of England erfolgenden Zinsschritt in die Höhe geschnellt.

Mittlerweile wird an den Finanzmärkten von einer Anhebung der Zinsen in Großbritannien auf 5,5 Prozent ausgegangen. Die heute vermeldeten Inflationsdaten erweisen sich aus Sicht der Bank of England als wenig schmeichelhaft.

Denn erst am Dienstag hatte Andrew Bailey, Gouverneur der Bank of England, einen Hinweis darauf geliefert, wonach die Inflation in Großbritannien endlich einen Richtungswechsel vollzogen habe. Viele Unternehmen und Verbraucher werden diesen Kommentator wohl auch eher als Hoffnung unter Zentralbank-Akteuren interpretiert haben.

Vertrauensbekundungen rauschen in den Keller

Ähnlich wie die Glaubwürdigkeit der Federal Reserve Bank in den Vereinigten Staaten schwindet, sieht sich auch die Bank of England im eigenen Land zunehmend mit Vorwürfen konfrontiert, eine Mitschuld an der aktuellen Wirtschaftssituation zu tragen.

In den Vereinigten Staaten hat eine am 9. Mai veröffentlichte Gallup-Umfrage gezeigt, dass nur noch ein Anteil von 36 Prozent unter den amerikanischen Erwachsenen Vertrauen in die Führungsfähigkeit von Fed-Chef Jerome Powell aufweist. Hierbei handelt es sich um den niedrigsten jemals gemessenen Wert.

Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt unter anderem Bezug auf einen Bericht auf der Seite von standard.co.uk.

„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)

In Großbritannien wird der Bank of England, trotz bis vor Kurzem noch anders lautenden Hoffnungen, wohl nichts anderes übrig bleiben, als den eigenen Leitzins im Monat Juni von aktuell 4,5 auf dann 4,75 Prozent anzuheben.

Mancherorts wird nach den heute veröffentlichten Inflationsdaten sogar eine potenzielle Anhebung von fünfzig Basispunkten im Monat Juni erwartet. Einerseits droht sich ein kaum noch vorhandenes Wachstum der britischen Wirtschaft auf diese Weise in eine Schrumpfung zu verwandeln.

Andererseits wird an den Finanzmärkten mittlerweile auch ein Szenario einkalkuliert, welches das Land noch tiefer in eine Stagflationsspirale hinein taumeln sieht. Wie schwierig es ist, einen solchen in Gang gekommenen Kreislauf zu unterbrechen, zeigt sich momentan nicht nur anhand der USA und Großbritanniens, sondern auch anhand von vielen anderen westlichen Industrienationen, die unter ähnlichen Problemen leiden.

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