Massive Überkapazitäten in der globalen Stahlerzeugung machen den Produzenten das Leben schwer. Wie in der Vergangenheit berichtet, steht insbesondere China im Zentrum dieser Entwicklungen. Zu Beginn dieses Jahres titelte ich Die Handelskriege beginnen: USA heben Zolltarife für Importe von chinesischen Stahlerzeugnissen auf 256% an.

Es hat nicht lange gedauert, bis die Europäische Union sich dazu entschlossen hat, in die Fußstapfen der Amerikaner zu treten. Im Angesicht von massiven Stahlexporten Chinas in die Europäische Union – in deren Zuge das Reich der Mitte seine eigene Deflation in alle Welt ausführt – nimmt dies nicht Wunder.

Doch Vorsicht, denn in eben jenen unilateral verkündeten Zollanhebungen einzelner Länder oder Wirtschaftsregionen schlummert die Saat der Handelskriege und eines sich langsam aber sicher ausbreitenden Protektionismus in der Welt. Auch Russland ist es bereits seit geraumer Zeit ein Anliegen, einzelne Schlüsselwirtschaftszweige gegen Konkurrenz abzuschotten.

Und so gab die Brüsseler EU nun eine teils sehr empfindliche Anhebung der Importzölle auf Stahlerzeugnisse aus China bekannt. So werden die Einfuhrzölle auf Walzstahl auf bis zu 22,6 Prozent und auf Stahlgrobbleche auf bis zu 73,7 Prozent angehoben. Beobachter hatten mit einer solchen Verlautbarung schon im Sommer gerechnet. 

Denn fast alle heimischen Stahlproduzenten sahen sich im Angesicht eines weltweit zu beobachtenden Preisverfalls samt rückläufiger Nachfrage dazu gezwungen, Tausende von Arbeitsplätzen zu streichen. Verschärft wurde diese Situation durch massive Stahlexporte aus China und anderen asiatischen Ländern, deren Stahllager überlaufen.

Insbesondere die britische Stahlindustrie wurde in den letzten zwölf Monaten arg gebeutelt. Trotz Massenentlassungen schweben weitere Werksschließungen wie ein Damoklesschwert über Großbritanniens Stahlindustrie. Um sich der eigenen Stahlüberkapazitäten zu entledigen, betreibe China laut Experten bereits seit einiger Zeit Preisdumping in aller Welt.

Dass es auch in U.K. zur Anhebung von Stahlzöllen in der Zukunft kommen wird, dürfte nach einem Brexit ausgemachte Sache sein. Immerhin wiesen die Brexit-Befürworter wiederholt darauf hin, dass ein Schutz samt Abschottung der heimischen Industrie außerhalb der EU auf bessere Weise gelingen werde.

Die nun erfolgte Anhebung der Stahlzölle durch die EU wurde in London zwar begrüßt, doch gehen die Maßnahmen Brüssels ausgewählten Industrieorganisationen nicht weit genug. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Walzstahlimportzölle, was dazu führen könnte, dass China sich auch weiterhin des Export-Dumpings bedienen werde.

Andere Industrievertreter sind weniger optimistisch, da sie Brüssel für ein zu zaghaftes und viel zu spätes Handeln kritisieren. Endlich habe man in Brüssel eingesehen, dass das Preis- und Exportdumping der Chinesen hochgradig zerstörerische Wirkung unter den europäischen Stahlproduzenten entfaltet habe.

Ganze Kommunen und Regionen, die von ihrer Stahlindustrie abhängig seien, blickten auf Tausende Arbeitsplatzverluste und deutlich einbrechende Steuerzahlungen. Viele Stimmen fordern Brüssel aus diesem Grund dazu auf, die Stahlimportzölle in einem zweiten Schritt nochmals auf ein höheres Niveau anzuheben.

Reaktionen aus China bleiben erwartungsgemäß nicht aus. So geht Peking mit Brüssel hart ins Gericht und weist auf die Unfairness der verhängten Maßnahmen hin. Abzuwarten bleibt, wie ein Gegenschlag Pekings aussehen könnte. Entwicklungen, die fatal sind für eine Welt, die sich samt und sonders der Globalisierung verschrieben hat.

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