In der vergangenen Woche machte EU-Budgetkommissar Günther Oettinger deutlich, dass Europa nicht als Vasall der Vereinigten Staaten wahrgenommen werden wolle, da Donald Trump Schwächlinge verachte. Sollte die EU Schritt für Schritt klein beigeben, um sich als Juniorpartner der USA auf weltpolitischer Bühne zu gebärden, sei Europa verloren.

Dies sind im Angesicht der Entwicklung in den letzten Jahren doch unerwartete und überraschende Worte. Noch überraschender ist, dass die EU-Kommission laut der Nachrichtenagentur Reuters ein Gesetz auf den Weg bringen werde, dass es Europas Unternehmen erlauben wird, sich nicht im Einklang mit potenziellen US-Sanktionen gegen den Iran zu verhalten.

Auch potenzielle Gerichtsurteile dürften europäische Unternehmen danach ignorieren, während eine Verhängung von möglichen US-Strafzahlungen aufgrund eines Unterlaufens von US-Sanktionen gegen den Iran die kalte Schulter gezeigt werden dürfe.

Reaktivierung des Blockade-Statuts aus 1996 & Unterstützung durch die EIB

Die Europäische Kommission komme die Aufgabe zu, die Interessen von Europas Unternehmen zu wahren und zu beschützen. Aus diesem Grund sei es nun an der Zeit zu handeln, weshalb die EU das Blockadestatut aus dem Jahr 1996 reaktivieren werde, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte.

Gleichzeitig machte Juncker darauf aufmerksam, dass der Europäische Investmentbank (EIB) grünes Licht erteilt werde, um geplante Investitionen von europäischen Firmen im Iran zu erleichtern.

Trotz des unilateralen Ausstiegs der Amerikaner aus dem Atomabkommen werde die Europäische Union ihre Kooperation mit dem Iran fortsetzen. Bei Donald Trump dürfte die harte Haltung der EU auf Wut und Zorn stoßen.

Macron: Stabilität im Mittleren Osten ist unser Hauptanliegen

Im Endeffekt hat Brüssel den Amerikanern mitgeteilt, eine potenzielle Verhängung von US-Sanktionen zu nullifizieren und auszukontern. Doch die Amerikaner benötigen die Europäer an ihrer Seite, um eine Verhängung von US-Sanktionen gegen den Iran auch nur ansatzweise effizient zu machen.

Auch in Frankreich erklärte Staatspräsident Macron, dass die Europäische Union den Entschluss gefasst habe, das mit dem Iran im Jahr 2015 ausgehandelte Atomabkommen aufrechtzuerhalten und die Interessen von Unternehmen in der EU zu schützen. Das Hauptanliegen der EU richte sich im Hinblick auf den Iran jedoch nicht auf den Handel, sondern auf eine Aufrechterhaltung der Stabilität in der Mittelostregion.

Es ginge, so Macron, der EU nicht darum, sich in feindlicher Gesinnung gegen die USA zu stellen, sondern geopolitische und strategische Risiken im aktuellen Umfeld so gering wie möglich zu halten. Gleichzeitig werde weiterhin das Ziel verfolgt, die iranische Gesellschaft gegenüber dem Westen zu öffnen.

Man muss den USA Einhalt gebieten!

Nicht von ungefähr erwiesen sich die politischen Hardliner im Iran einst als größte Kritiker des mit der Sechsergruppe im Jahr 2015 ausgehandelten Atomabkommens. Wer auf die Nah- und Mittelostpolitik der Amerikaner blickt, wird mir vielleicht zustimmen, dass diese allein von Interessen geleitete Politik in den vergangenen Jahren zu millionenfachem Tod, Zerstörung und Vertreibung in der Region geführt hat.

Insbesondere aus diesem Blickwinkel heraus erweist sich das im Jahr 2015 abgeschlossene Atomabkommen mit dem Iran als wichtiges Element zum Erhalt von Frieden, Stabilität und Sicherheit in der Region. Die Welt kann und darf nicht weiter tatenlos dabei zuschauen, wie Washington mit einem Dampfhammer ein Land nach dem anderen in dieser strategisch wichtigen Region zerstört und kaputt macht.

Russland und China gehören zu den Gewinnern

Um auf Macron zurückzukommen, so schlug der französische Staatspräsident vor, das Atomabkommen mit dem Iran nicht nur zu bewahren, sondern in der Zukunft weiter auszuweiten, um die Raketenprobleme und Fragen über die iranische Rolle in der Region zu adressieren. Dabei dürfe multinationalen Unternehmen jedoch nicht der Zugang zu den iranischen Märkten versperrt werden.

Letztendlich dürften die aktuellen Ereignisse zu einer Stärkung der Position Russlands und Chinas in der Mittelostregion führen. Trumps Iran-Entscheidung könnte sich noch als Bumerang für die Interessen des eigenen Landes erweisen. Die USA werden auch zähneknirschend hinnehmen müssen, dass sowohl Asien als auch Europa dem Iran weiterhin sein Öl abnehmen werden.

Zunehmende Isolation der USA könnte uns allen schaden

Im Angesicht der aktuellen Entwicklungen werden sich die Ölausfuhren des Irans gewiss auch nicht um 1 Millionen Fass pro Tag reduzieren, wie es aktuelle Prognosen derzeit noch vorsehen. Es würde nicht einmal verwundern, wenn die Ölexporte des Irans in nächster Zeit gar noch steigen würden, weil Teheran europäischen und asiatischen Abnehmern großzügige Rabatte einräumen dürfte.

Was deutlich wird, ist, dass Washington sich auf Basis seiner einseitigen Unterstützung der Interessen Israels mehr und mehr in der Welt isoliert. Wer die ganze Welt zu sanktionieren gedenkt, hat am Ende keine Freunde mehr. Umso schneller Washington diese Lektion lernt, desto besser für uns alle.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"