William Engdahl führte vor Kurzem aus, auf welche Weise sich Washington der korrupten brasilianischen Elite bediente, um sich der durch freie Wahlen ins Amt gelangten Präsidentin Dilma Rousseff zu entledigen. Rousseff repräsentierte eher die Interessen der brasilianischen Bevölkerung als jene Washingtons. Nicht dazu fähig, Dauerpropaganda nach Art von nicht belegten Behauptungen zu durchschauen, nahmen die Brasilianer die Amtsenthebung ihrer Interessenvertreterin duldsam hin, der Welt ein weiteres Mal Zeugnis über die Impotenz von demokratischen Systemen ablegend.

Ich möchte das Lesen von William Engdahls Bericht jedermann empfehlen und ans Herz legen. Wie Engdahl ausführt, leitete sich ein Teil der Attacke auf Rousseff aus ökonomischen Problemen in Brasilien ab, die durch amerikanische Ratingagenturen in vollem Bewusstsein mit kreiert worden sind, und die Teil des Washingtoner Angriffsplans zu einer Herabstufung der brasilianischen Länderkrediteinstufung gewesen sind.

Folge war ein Angriff auf den brasilianischen Real an den internationalen Devisenmärkten. Die Unabgeschottetheit des brasilianischen Finanzmarkts ließ Brasilien zu einem einfach angreifbaren Ziel avancieren. Vielleicht hoffen manche Beobachter darauf, dass Wladimir Putin seine ganz eigenen Schlüsse aus den entstehenden Kosten einer „wirtschaftlichen Offenheit“ dieser Art ziehen wird.

Elvira Nabiullina - Washingtons U-Boot in der russischen Zentralbank?

Putin erweist sich als vorsichtiger und nachdenklicher politischer Führer der Russischen Föderation, doch letzten Endes ist er kein Ökonom. Er hegt Vertrauen in die neoliberalem Gedankengut frönende Elvira Nabiullina, Washingtons Auserwählten zur Führung der russischen Zentralbank.

Elvira Nabiullina ist mit den Geldtheorien der Neuzeit nicht vertraut. Ihr Fokus ist auf die „ökonomische Offenheit“ ihres Landes gerichtet und bietet die russische Wirtschaft – ähnlich derjenigen Brasiliens – Washingtoner Destabilisierungsversuchen auf dem Präsentierteller dar.

Nabiullina ist der Ansicht, dass der jüngste Spekulationsangriff auf den russischen Rubel gesichtslosen „globalen Marktkräften“ zuzuschreiben ist – und nicht Washingtons finanzieller Schlagkraft. Nabiullina, eine indoktrinierte Neoliberale, entpuppt sich im Grunde genommen als Dienerin Washingtons, was nicht heißen soll, dass sie sich ihrer Rolle als „nutzbringender Idiotin“ bewusst wäre.

Neoliberalismus feiert fröhliche Urstände

Nabiullina sonnt sich in dem Applaus, den sie aus Washington dafür erhält, die russische Wirtschaft zugunsten von Washingtoner Manipulationen sperrangelweit offen zu halten. Sich ihrem neoliberalen Gedankengut unterwerfend, versteht Nabiullina nicht, dass die russische Zentralbank Geld zu Nullkosten erzeugen kann, um produktive Projekte in der Heimat zu fördern und anzustoßen.

Anstelle dessen ist Nabiullina der Auffassung, dass das durch ihre Zentralbank erzeugte und in die heimische Wirtschaft gepumpte Geld inflationär wirken würde, während Geld, das der russischen Wirtschaft aus ausländischen Quellen zufließt, nicht diese Auswirkungen zur Folge haben soll. Doch Geld ist nun einmal Geld, unabhängig davon, ob es durch die Zentralbank oder durch ausländische Kreditgeber zur Verfügung gestellt wird. 

Solange das Geld – egal aus welcher Quelle es stammt – zu produktiven Zwecken eingesetzt wird, ist eine solche Entwicklung nicht inflationär. Es besteht ein großer Unterschied zwischen Geld, das durch eine Zentralbank erzeugt wird, und Geld, das durch ausländische Kreditgeber zur Verfügung gestellt wird.

Die tatsächlichen fiskalisch-finanztechnischen Zusammenhänge

Geld, das durch ausländische Banken und Kreditgeber in Form von US-Dollars oder Euros zur Verfügung gestellt wird, muss zuzüglich Zinsen in jener Währung, in welcher der Kredit einst aufgenommen worden ist, zurückbezahlt werden. Geld, das durch eine Zentralbank zur Finanzierung von öffentlichen Infrastrukturprojekten erzeugt wird, muss nicht zurückgezahlt werden.

Darüber hinaus werden weitaus weniger Zinsen in ausländischen Währungen fällig, die erst einmal durch den eigenen Export verdient werden müssen. Im Ausland aufgenommene Finanzierungen gehen mit vielerlei Risiken einher. Das Geld kann plötzlich abgezogen werden, um einen frei konvertierbaren Rubel dem Erdboden gleich zu machen. 

Die Zinsen, die für solche Auslandsfinanzierungen aufgewendet werden müssen, lasten zudem auf den russischen Devisenreserven. Im Ausland aufgenommene Kredite gehen darüber hinaus auch noch mit Wechselkursrisiken einher, die mit der Verhängung von Wirtschaftssanktionen wachsen.

Die Gefahren eines Angriffs auf den Rubel von außen

Falls der Rubel im Außenwert sinkt oder mittels einer orchestrierten Attacke an den Finanzmärkten ins Visier genommen wird, können sich die auf Rubel-Basis entstehenden Kosten für eine Aufnahme von Krediten im Ausland dramatisch erhöhen. Keine dieser Risiken oder Kosten entstehen, wenn die Zentralbank Quelle des aufgenommenen Geldes ist.

Eine angemessene Nutzung der russischen Notenbank fußt auf der Erzeugung von Geld, mittels dessen öffentliche Projekte finanziert werden. Gleichzeitig sollte die Zentralbank als Kreditgeber der letzten Instanz zugunsten von russischen Privatunternehmen fungieren, die sich nicht dazu in der Lage sehen, sich aus anderen Quellen zu finanzieren.

Eine solche Nutzung der Zentralbank würde Russlands Wirtschaft vor einer orchestrierten Destabilisierung aus dem Ausland abschotten. Doch unglücklicherweise sind sowohl Nabiullina als auch Premierminister Dmitri Medwedew der Ansicht, dass eine Finanzierung von Russlands Schulden durch feindlich gesinnte Institutionen aus dem Ausland einer Erzeugung von Geld durch die eigene Zentralbank vorzuziehen ist.

Wer stützt die Ziele Washingtons in Russland?

Sergei Glaziew ist sich als einziger unter Putins Beratern dieser Tatsache bewusst. Ich könnte mir vorstellen, dass die „Atlantischen Integrationisten“ Glaziew im Auge behalten, da diese nichts anderes als eine Integration Russlands – unabhängig von den dadurch für das eigene Land entstehenden Kosten – in den Westen anstreben. Diese russischen „Amerika-Anbeter“ erweisen sich momentan als Russlands größtes innerstaatliches Problem.

Aus der Perspektive Washingtons erweisen sich neoliberale Austeritätsmaßnahmen einzig und allein „für den Export“ in Länder geeignet, die Washington in finanziell abhängige Kolonien umzuwandeln beabsichtigt. Den Zielen Washingtons entgegenkommend, ist Nabiullina nichts anderes als Teil einer Charade. Die im Ausland aufgenommenen US-Dollars und Euros gehen nicht an russische Kreditnehmer.

Vielmehr werden die im Ausland in ausländischen Währungen aufgenommenen Darlehen durch die russische Zentralbank gehalten. Daraufhin erzeugt Nabiullina dann die Rubels, die zur Finanzierung von heimischen Projekten zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch keinerlei logische Erklärung zur Aufnahme von ausländischen Krediten mit Absicht einer Deckung von in der Heimat erzeugten Rubels.

Unabhängig davon, ob Russland sich im Ausland verschuldet, muss die Zentralbank die entsprechende Anzahl an frischen Rubels erzeugen, um Projekte in der Heimat zu finanzieren. Es gibt also keine logische Erklärung für die Aufnahme von Krediten im Ausland. Eine russische Regierung, die diese Mechanismen nicht durchschaut, könnte sich schon bald in ernsthaften Schwierigkeiten wiederfinden.

Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2016 Dr. Paul Craig Roberts / Institute for Political Economy

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