Ja, es wurde auch langsam Zeit. Zeit, dass die US-Großbank Goldman Sachs sich direkt in die öffentliche Debatte um das in Italien anstehende Referendum über eine durch Premierminister Matteo Renzi propagierte Verfassungsreform einmischt.

Wie nicht anders mit Blick auf Schottland und Großbritannien geschehen, muss unter Italiens Stimmberechtigten jetzt richtig Angst und Panik verbreitet werden. Slogans nach Art von wenn....dann werden nun einmal mehr aus der Schublade geholt, um größtmöglichen Einfluss auf das Ergebnis der Abstimmung zu nehmen.

Italien: Rücktritt des Ministerpräsidenten bei Referendums-Niederlage angekündigt

So veröffentlichte Goldman gerade erst einen neuen Bericht, in dem davor gewarnt wird, dass den Italienern „ernsthafte“ und „düstere“ Konsequenzen drohten, wenn sie ihr Kreuz am Tag der Abstimmung über eine Verfassungsreform an der „falschen“ Stelle machten.

Teil der angedachten Verfassungsreform ist es, die politische Macht des Senats – und somit des parlamentarischen Oberhauses – drastisch zu beschränken. Gleichzeitig würde sich die Zentralregierung im Falle eines positiven Referendumsergebnisses noch mehr Befugnisse der Macht aneignen. 

Momentan liegen Befürworter und Gegner der durch Renzi angefachten Abstimmung gleich auf und somit Kopf an Kopf. Umfragen deuten allerdings darauf hin, dass die Fraktion der Gegner in den letzten Wochen deutlich an Momentum gewonnen hat. Sollte das Referendum zuungunsten Renzis ausgehen, hatte dieser bereits seinen Rücktritt angekündigt.

Monte dei Paschi di Siena: "Rettung" könnte auf dem Spiel stehen

Doch nicht nur das. Auch die Reaktionen an den heimischen Finanzmärkten könnten ziemlich rabiat ausfallen. So werden die Dinge jedenfalls bei Goldman Sachs gesehen. Denn die jüngst verkündete „Rettung“ der italienischen Traditions(bankrott)bank Monte dei Paschi di Siena stünde auf diese Weise gleich mit auf dem Spiel.

Diese „Rettung“ fand – wie berichtet – unter der Speerspitze von JP Morgan Chase und der italienischen Mediobanca statt, an der sich eine ausgewählte Gruppe globaler Großbanken beteiligte, in dem verzweifelten Versuch, ein Überspringen der italienischen Bankenkrise auf andere Staaten Europas zu verhindern. Zu dieser Gruppe gehört auch Goldman Sachs.

Im Falle eines negativen Referendumsergebnisses müsste die geplante Kapitalerhöhung der Monte dei Paschi in Höhe von 5 Milliarden Euro abgesagt werden. Gleichzeitig würde die politische Unsicherheit Investoren dazu verleiten, so Goldman, erst einmal abzuwarten, wie sich die Dinge in Italien weiterentwickeln werden.

Müssen Italiens private Haushalte für marode Banken bluten?

Diese Zeitspanne, in der überhaupt nichts geschehen würde, könnte sich nicht nur fatal auf die Stabilität der Bank Monte dei Paschi, sondern auch auf alle anderen Finanzinstitute in Italien und Europa auswirken, so die Warnung von Goldman. Selbstverständlich lassen es sich die Goldmänner nicht nehmen, an dieser Stelle den Hebel anzusetzen.

Denn schließlich befänden sich mehr als ein Drittel aller ausstehenden Bankanleihen Italiens in Händen von privaten Haushalten. Dies entspricht dem vierfachen Anteil, den Deutschland aufzuweisen hat. Im Vergleich mit anderen Südländern wie Spanien und Frankreich entspricht dies einem acht Mal höheren Anteil.

Tja, was tun sprach Zeus, falls die Kurse dieser ausstehenden Bankanleihen kollabieren sollten? Nun, bei all dem Palaver zeichnet sich einmal mehr ab, dass sich die Finanzindustrie in keiner Weise über ihre eigene Verantwortung bewusst ist für die Geister, die sie einst aus der Flasche entließ. Von der Politik braucht man in diesem Kontext gar nicht sprechen.

Brexit-Votum: Wie war das doch gleich mit Angst- und Panikmache?

Goldmans Bericht kommt zur rechten Zeit, steht wahrscheinlich das Interesse dahinter, die Italiener so kurz vor Abhaltung des Referendums zu verunsichern und einzuschüchtern. Ja, Dinge dieser Art sind wird langsam aber sicher gewohnt. Wie weit lehnte sich Ex-Premier David Cameron in Großbritannien aus dem Fenster?

Liebe Briten, falls ihr nicht für einen Verbleib Großbritanniens in der EU stimmt, wird der Dritte Weltkrieg ausbrechen. Leicht durchschaubare Panikmache, über die sich sogar Moderatoren in den britischen Medien lustig gemacht hatten. Zeigt sich darin doch all die Verzweiflung, mit der EU-affine Politiker den Kahn vor dem Absaufen zu bewahren hoffen.

Doch bei Licht besehen steht wohl außer Frage, dass die momentane Lage im italienischen Bankensystem mit dem anstehenden Referendumsergebnis in Zusammenhang steht. Es lässt sich leicht vorstellen, dass ein Absturz der italienischen Bankanleihekurse das Überleben des nationalen Bankensystems vor eine große Herausforderung stellen würde – wieder einmal.

Italiens Target-II-Außenstände erreichen 327 Milliarden Euro

Gleichzeitig würde ein Preissturz an den Bankanleihemärkten gewiss Milliarden von Euros unter italienischen Haushalten ausradieren, die jedoch selbst schuld wären. Wer legt einen Großteil seines sauer verdienten Geldes in Bankanleihen von Instituten an, deren Aktienkurse bereits seit geraumer Zeit dem Preisschießen ausgesetzt sind?

Bei der Aktie der Monte dei Paschi handelt es sich gerade noch um einen Pennystock – und dies völlig zu Recht. Ob Goldman jedoch tatsächlich in der Lage sein wird, die anstehende Abstimmung auf Basis der nun ausgesprochenen Warnung zu beeinflussen, muss bezweifelt werden.

Investoren sind sich längst über die Instabilität des italienischen Bankensystems bewusst. Werfen Sie einfach einen Blick auf die jüngst publizierten Daten zu Target II, und es zeigt sich, dass die Außenstände der italienischen Zentralbank gegenüber anderen Zentralbanken des Eurosystems auf einen neuen Rekordwert von 327 Milliarden Euro geklettert sind.

Fünf-Sterne-Bewegung plädiert weiterhin für Votum über Euro-Verbleib

Gleichzeitig zeigt sich, dass die Bank Monte dei Paschi bereits den dritten Bailout benötigt, um sich weiter auf schwammigen Beinen halten zu können. Sollte es im Angesicht des im Oktober anstehenden Referendums zu einem für die Regierung negativen Bescheid seitens der Italiener kommen, dürfte das 5-Star-Movement weiteren politischen Auftrieb erhalten.

Die Führung des 5-Star-Movements hatte bereits verlautbart, dass sie ein Referendum über einen Verbleib Italiens im Euro ansetzen wird, falls die nächsten Parlamentswahlen gewonnen werden sollten. In Brüssel und Europas Bankensystem ginge dann wohl das Licht aus.

Doch nicht so schnell. Dieselben „Gefahren“ drohen Brüssel doch auch aus Frankreich, das im kommenden Jahr seine Präsidentschaftswahlen abhalten wird. Hinzu kommt, dass es mit der anhaltenden Realitätsverweigerung in Italien so oder so bald vorbei sein dürfte.

Goldman Sachs auch in Italien bestens vernetzt, selbstredend...

Denn egal, ob das Referendum nun positiv oder negativ ausgehen wird – es zeichnet sich ab, dass die Dinge um Italiens Bankensystem derart schlecht stehen, dass ein weitaus größerer Bailout durch internationale Finanzinstitutionen nötig werden könnte. So äußerte sich jüngst jedenfalls die italienische Tageszeitung La Stampa.

Goldman Sachs, zu deren Förderern mit Romano Prodi und Mario Monti zwei ehemalige Premierminister Italiens sowie der aktuelle EZB-Chef Mario Draghi gehören, wird fortfahren, den Samen der Angst und Panik in Italien zu säen.

Jetzt, da auch noch der ehemalige EU-Kommissionschef Manuel Barroso durch die „goldene“ Drehtür geschritten ist, wird immer klarer, wer in Europa tatsächlich das Sagen hat. Dass sich diese Leute anmaßen, sich auch noch als „Demokraten“ zu betiteln, um alle anderen, die nicht ihrer Meinung sind, zu verteufeln, spricht Bände über die politische Verfassung, in der sich unsere Länder befinden.

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