JPMorgan-Chef Jamie Dimon ist sich sicher, dass die nächste Rezession in den Vereinigten Staaten so sicher wie das Amen in der Kirche kommen wird. Nun, Gratulation zu dieser Erkenntnis. Wer nicht davon ausginge, könnte auch dem Glauben aufsitzen, dass es fortan nie wieder regnen wird.

Die Frage sollte sich aus meiner Sicht hingegen viel eher darum drehen, als wie schwer sich die nächste Rezession in den USA erweisen wird, und inwiefern das Land auf ein solches Ereignis vorbereitet sein wird. Dies gilt insbesondere für die Finanzmärkte, an denen es im Zuge der nächsten Rezession eine Vielzahl an Schieflagen zu bereinigen gäbe.

Dank den QE-Programmen und den Nullzinsen der Federal Reserve über einen viel zu ausgedehnten Zeitraum sind die Marktakteure selbstverständlich all-in gegangen, um ihren Grad der Fremdfinanzierung in einer Weise auszuweiten, wie es in der Historie ihres Gleichen sucht.

Wachstum auf Basis von immerwährender Verschuldung

Das Modell Wachstum auf Basis von immerwährender Verschuldung wird nicht ewig funktionieren, und wenn die Situation aufzieht, ab der der Kreditturm ins Wanken gerät, wird der so genannte Minsky-Moment erreicht sein. Ich bin persönlich sehr gespannt darauf zu beobachten, was ab diesem Zeitpunkt passieren wird, und auf welche Weise internationale Finanzinstitutionen darauf reagieren werden.  

Um auf Dimons Aussagen zurückzukommen, so erwecke die US-Wirtschaft momentan einen guten Eindruck. Das ökonomische Wachstum könne sich noch über einen gewissen Zeitraum, vielleicht ein Jahr, zwei Jahre oder gar etwas länger fortsetzen, so Dimon gegenüber Bloomberg TV. Die guten Zeiten würden alerdings nicht auf ewig anhalten.

So etwas hätt sich wohl jedermann selbst denken können. Fraglich bleibt seit dem Jahr 2009 und dem Überwinden der letzten Rezession auch, wer von der wirtschaftlichen Erholung – in meinen Augen nichts anderes als der verzweifelte Versuch, die Wirtschaft mittels einer Reinflatonierung der Finanz- und Vermögenspreise wieder anzukurbeln – profitiert hat und wer nicht.

Blick richtet sich auf die China-USA-Verhandlungen

Eine breite Bevölkerungsschicht gab in den letzten Jahren angestellten Umfragen wiederholt zum Besten, nichts von einer wirtschaftlichen Erholung zu verspüren. Grund hierfür dürfte sein, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich aufgrund der durch die Fed initiierten QE-Programme samt Nullzinsen noch drastischer geöffnet hat, als dies vor der letzten Rezession ohnehin bereits der Fall gewesen ist.

Der JPMorgan-Chef bleibt optimistisch, dass die Verhandlungen über eine Neuausgestaltung des internatonalen Handels zwischen den USA und China ein positives Resultat zeitigen werden. In diesen Verhandlungen sollte sich alles darum drehen, zu einer Situation zu gelangen, in der beide Seiten hochgradig von einem neuen Abkommen profitieren werden. 

Warten wir den Verlauf dieser Verhandlungen vorsorglich besser erst einmal ab, anstatt Investmententscheidungen einzig und allein auf dem Faktor Hoffnung fußen zu lassen. Laut Dimon sei es möglich, dass Wachstum und Inflation in den USA in absehbarer Zeit anziehen werden, was die Fed dazu verleiten würde, den Leitzins in den USA in einer noch schnelleren Gangart anzuheben als es momentan allgemein erwartet wird.

Immer schneller, immer mehr ... wie lange kann das gut gehen?

Aus diesem Grund sei es weise, so Dimon, mit einem Anziehen der durchschnittlichen US-Zinsen auf 4 Prozent zu rechnen. Falls die Fed sich dazu veranlasst sehen würde, die kurzfristigen Zinsen in einem noch schnelleren Tempo anzuheben, müsse mit einem Durchbruch der Zinsen auf die 10-jährige US-Staatsanleihe oberhalb von 3 Prozent gerechnet werden.

Selbst ein Zins von 4 Prozent sollte sich für Finanzmärkte und Wirtschaft nicht als ernsthaftes Problem erweisen, wie sich Dimon überzeugt zeigte. Solange die Zinsen in den USA im Gleichklang mit einer starken Wirtschaft wüchsen, ließen sich Zinsanstiege verkraften.

Ja, und irgendwann wird dann wieder einmal der Punkt erreicht sein, an dem die Fed den nächsten Absturz beziehungsweise die nächste Rezession auslöst, weil niemand bemerkt hat, dass das Tempo der Zinsanhebungen eben doch nicht verkraftbar für Finanzmärkte und Wirtschaft gewesen sind.

Geschichte wiederholt sich

Was 1999/2000 und 2007-2009 geschehen ist, dürfte sich unter aller Voraussicht wiederholen. Willkommen im selben Kino, nur dass den nach den künstlichen und auf Inflationierung und elektronischer Gelderzeugung basierenden Boomphasen immer stärkere Abstürze folgen.   

Steigende Zinsen und eine schrumpfende Fed-Bilanz treffen ausgerechnet auf eine Situation, in der sich die US-Regierung auf massive Weise neu verschulden wird. Bis Ende dieses Jahres wird der Finanzbedarf des US-Finanzministeriums bei rund 400 Milliarden US-Dollar pro Quartal liegen – astronomische Beträge!

Dimon warnt deshalb auch davor, dass die Risiken aus einer sich fortsetzenden Bilanzschrumpfung der Fed unabsehbar seien, zumal ausländische Zentralbanken ihre Käufe von Treasury Bonds reduzierten. Neben einer wachsenden Volatilität dürfte diese Situation auch zu weiter kletternden Zinsen führen.

Problem hieran sei, dass sich die Zentralbanken im Hinblick auf deren Geldpolitik auf völlig neuen und bislang unbetretenen Pfaden befänden, so Dimon. Nie zuvor sei es in der Geschichte der USA zur Verabschiedung von QE-Programmen gekommen. Aus diesem Grund habe es auch niemals einen Ausstieg daraus gegeben. Die mit diesem Ausstieg verbundenen Risiken seien hoch, so Dimon abschließend.

Und hier schließt sich der Kreis zu meiner eingangs ins Spiel gebrachten Frage. Wie werden internationale Finanzinstitutionen auf den nächsten Absturz reagieren, wenn er dann kommt?! Es wird spannend bleiben, einer Beantwortung dieser Frage beobachtend beizuwohnen. 

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