Da momentan jedermann auf eine wirtschaftliche Erholung in den Vereinigten Staaten zu hoffen scheint, empfiehlt es sich vielleicht einmal einen eingehenderen Blick auf die aktuelle Lage unter Kleinunternehmen im Land zu werfen.

Denn immerhin erweist sich dieser wichtige Sektor nach wie vor als Motor der heimischen Ökonomie, der unter anderem auch die meisten Arbeitsplätze in den Vereinigten Staaten schafft.

Unter Bezugnahme auf John Stanford, Co-Direktor des Small Business Roundtable, gingen Kleinunternehmen in den USA noch immer durch eine sehr schwere und schmerzhafte Zeit. Im Fall des im letzten Jahr verabschiedeten Pay Protection Programs (PPP) habe es sich lediglich um ein Überbrückungsprogramm gehandelt, um im Angesicht einer landesweiten Schließung der Wirtschaft die größte finanzielle Not unter den Betroffenen zu lindern.

Laut Stanford sei PPP darauf zugeschnitten gewesen, Arbeitnehmer im Kleinfirmensektor auf den Lohn- und Gehaltslisten zu halten. Das Programm habe jedoch nicht vorgesehen, Firmen finanziell über Wasser und am Leben zu erhalten.

Endlos anmutende Bailout-Zusagen durch die US-Regierung und Billionen von US-Dollars an frisch erzeugtem Geld seitens der Federal Reserve haben nichts daran geändert, dass es dem gesamten Kleinfirmensektor im Februar noch immer nicht sonderlich gut ging.

Wer auf den Verlauf des Kleinfirmenindex Russell 2000 über die vergangenen Monate blickt, könnte auf einen anderen Gedanken kommen. An diesem Index zeigt sich mehr noch als an den großen Standardindizes wie dem S&P 500 oder dem Dow Jones Industrial Index, wie weit sich die Aktienkurse aktuell von den fundamentalen Gegebenheiten entfernt haben.

In Anbetracht des zunehmenden politischen Drucks, die heimische Wirtschaft landesweit so schnell wie möglich wieder zu öffnen, sahen sich im Monat Februar trotz allem noch immer zweiundzwanzig Prozent aller Kleinunternehmen in den Vereinigten Staaten geschlossen.

Analysten, Ökonomen und Marktbeobachtern fiel vielleicht gar ein Zacken aus der Krone, da diese Daten für den Monat Februar wieder deutlich oberhalb des im Oktober vergangenen Jahres erreichten Werts von vierzehn Prozent lagen.

Viele Beobachter stellen sich zurzeit die Frage, wie es nur sein kann, dass die für den Monat Februar gemeldeten Daten fast wieder auf jenem Niveau angekommen sind, welches auf dem Höhepunkt der Pandemie im Mai vergangenen Jahres erreicht wurde.

Damals sahen sich in der Spitze rund dreiundzwanzig Prozent aller Kleinunternehmen in den Vereinigten Staaten geschlossen. Aus dem durch die Internet-Plattform Facebook und den Small Business Roundtable gemeinsam veröffentlichten Bericht geht hervor, dass nicht alle Regionen des Landes gleichsam von der aktuellen Situation betroffen sind.

Vielmehr lassen sich teils deutliche Abstufungen und Unterschiede von Region zu Region ausmachen. Einige Bundesstaaten wie Maine, Colorado und Idaho blicken auf eine aktuelle Schließungsquote, die sich auf zwischen neun und zehn Prozent beläuft.

Andere Bundesstaaten wie New York, Pennsylvania und Massachusetts erweisen sich dagegen als landesweite Spitzenreiter. Dort erweisen sich noch immer mindestens dreißig Prozent aller lokalen Kleinunternehmen als geschlossen.

Es verwundert kaum, dass die durch Facebook und den Small Business Roundtable befragten Führungskräfte und Managements unter amerikanischen Kleinunternehmen auch in der neuen Umfrage einmal mehr ihr Gefühle der Verzweiflung zum Ausdruck gebracht haben.

Befragt wurden die Unternehmensinhaber und –lenker unter anderem auch nach ihren aktuell gemachten Erfahrungen. Mancherorts heißt es, dass typische Inhaberfirmen, welche bislang auf ein erfolgreiches Geschäftsleben zurückblicken, nach mehr als fünfundzwanzig Jahren nur kurz vor einem Totalkollaps – und somit vor einer Insolvenz – stünden.

Beklagt wird zudem, dass die im Zuge der Pandemie durch bundesstaatliche Regierungen verhängten Restriktionen und Wirtschaftsschließungen nicht nur dazu führen könnten, die eigenen Unternehmenstüren für immer schließen zu müssen.

Vielmehr sei es parallel auch zu einer massiven Intensivierung des Wettbewerbs in der heimischen Wirtschaft gekommen, was dazu führe, dass sich immer mehr Kleinunternehmen gegenseitig das Wasser abgrüben.

Insbesondere hierin spiegele sich einer der Hauptgründe, weswegen sich immer mehr kleine Unternehmen und deren Inhaber und Managements die Frage stellten, ob es überhaupt noch einmal lohne, die eigenen Pforten zu öffnen, selbst wenn dies bald wieder möglich sein dürfte.

Beklagt wird unter den Unternehmensinhabern darüber hinaus aus ein zunehmender Verfall von Familienstrukturen und Freundschaften. Es seien vor allem verstärkt Gefühle finanzieller Hoffnungslosigkeit, die unter diesen Unternehmern zurzeit grassierten.

Damit verbunden sei die Tatsache, dass in vielen Fällen die finanzielle Not so groß sei, dass selbst einfache Rechnungen nicht mehr fristgerecht bezahlt werden könnten. Aus diesem Grund wüchse der mentale Stress im gesamten Sektor.

In der Umfrage kommen auch private Verbraucher zu Wort. Auch deren Antworten fielen im Gros nicht sonderlich positiv aus. Während an den Finanzmärkten mit Blick auf die nächsten Monate mit der „Entfesselung einer aufgestauten Nachfrage“ gerechnet wird, nehmen sich die aktuellen Sichtweisen unter den Betroffenen bescheidener aus.

Unter anderem heißt es, dass man den heimischen Kleinunternehmen gerne Unterstützung zukommen lassen würde. Doch die eigene finanzielle Situation erlaube es gerade mehrheitlich nicht, zu viel Geld auszugeben.

Wenn stets auf die erhöhte Sparquote in den Vereinigten Staaten verwiesen wird, so scheint kaum Berücksichtigung zu finden, dass diese nach oben schnellende Sparquote insbesondere auf dem über den Köpfen von privaten Haushalten abgeworfenen Helikopter-Geld des Staates beruht.

Darüber hinaus befinden sich viele Menschen in den USA im Rückstand mit der Bezahlung ihrer Rechnungen, allen voran sich Monat um Monat höher auftürmenden Mietschulden. Als weitere Hürde hinsichtlich einer stärkeren Unterstützung von Kleinunternehmen betrachteten private Verbraucher in der durchgeführten Umfrage die Tatsache, dass eine ganze Menge der betroffenen Firmen keine eigenen Webseiten betrieben.

In Deutschland kommen Umfragen in diesem Bereich übrigens zu recht ähnlichen Schlüssen. Es sind einmal mehr mittelgroße Unternehmen und Konzerne, die von einem boomenden Online-Handel profitieren. Sich in dem Dschungeldickicht des Internets durchzusetzen, ist aus Sicht von vielen Kleinunternehmen augenscheinlich gar nicht so einfach – oder es wurde noch überhaupt nicht probiert.

John Stanford vom Small Business Roundtable ist der Ansicht, dass das Pay Protection Program vielen Kleinunternehmen im vergangenen Jahr dabei geholfen habe, den eigenen Kopf über Wasser zu halten. Immerhin habe es bis dahin auch noch niemals Erfahrungen im Hinblick auf ein komplettes Herunterfahren der heimischen Wirtschaft gegeben.

Trotz allem zeigt sich Stanford davon überzeugt, dass vor vielen Unternehmen im diesem Sektor nach wie vor das Meistern von äußerst schwierigen Herausforderungen stünde. Es ließe sich nicht ausschließen, dass eine ganze Reihe von Kleinunternehmen mit der aktuellen Situation überfordert seien, um in der Folge vom Markt zu verschwinden.

John Stanford hofft darauf, dass das interaktive Leben in den Vereinigten Staaten so schnell wie möglich zurückkehren wird. Es sei zwar eine interessante Erfahrung gewesen, die wirtschaftlichen Aktivitäten fast voll und ganz auf das digitale Internet auszurichten, jedoch handele es sich dabei um keine nachhaltige Existenz.

Denn Menschen brauchten untereinander getätigte Interaktionen, um zufrieden mit der eigenen Lebensexistenz zu sein und zu gedeihen. Infolgedessen seien viele Menschen nicht nur angespannt, sondern auch sehr aufgeregt, da das vornehmliche Ziel unter den meisten von ihnen laute, sich endlich wieder in der Außenwelt engagieren zu können.

Der Drang, zurück ins „alte Leben“ zu finden, werde mit jedem verstreichenden Tag größer. An den Finanzmärkten könnte die Euphorie zurzeit kaum noch größer sein. Viele Aktien und andere Vermögenspreise sind über die letzten Wochen teils kräftig im Kurs gestiegen, um die Wiedereröffnung der heimischen Wirtschaft zu eskomptieren.

Über die vergangenen Wochen hat der Leitindex S&P 500 wiederholt neue Höchststände ausgebildet. Bei der Großbank Morgan Stanley wird allerdings davor gewarnt, dass es unter der Oberfläche gerade zu anderen Entwicklungen komme, die aufmerksam zu beobachten blieben.

Hierzu gehört, dass der Russell 2000 Index seit Erreichen seines Höchststandes am 12. März mittlerweile auf eine Underperformance in Relation zum S&P 500 Index blicke, der sich nun schon auf gut acht Prozent beliefe.

Zuvor ließ sich im Verlauf des vergangenen Jahres hingegen beobachten, dass der Russell 2000 Index anderen Indizes vorausgeeilt war, sich somit also zeitweise noch weitaus besser entwickelte als der S&P 500 Index oder der Dow Jones Industrial Index.

Mit dieser relativen Stärke scheint es nun allerdings vorbei zu sein. Auch zyklische Aktien wiesen über die letzten Wochen eine relative Schwäche auf, während sich defensive Titel ein wenig besser entwickelten.

Morgan Stanley blickt darüber hinaus skeptisch auf die aktuelle Entwicklung im IPO-Bereich und dem SPAC-Sektor. Beide Sektoren haben sich jüngst um rund zwanzig Prozent schlechter entwickelt als andere Bereiche. Seit Jahresbeginn liegen beide Bereiche im Minus.

Es folgte die Warnung, dass die Ausbildung einer relativen Schwäche mit Blick auf den Russell 2000 Index und die darin gelisteten Kleinfirmen samt einer unterdurchschnittlichen Performance unter zyklischen Titeln für gewöhnlich ein Frühwarnzeichen dafür sei, dass die im Gang befindliche Wiedereröffnung der Wirtschaft sich als schwieriger erweisen könnte als momentan vielerorts angenommen.

Da börsengelistete Kleinunternehmen und zyklische Titel im vergangenen Jahr herausragende Outperformer gewesen seien, habe deren Kursentwicklung nicht nur die Wiedereröffnung der Wirtschaft, sondern auch eine vielerorts prognostizierte Erholung vollumfänglich eskomptiert.

Nun müsse sich laut Morgan Stanley allerdings zeigen, was diese Prognosen letzten Endes wert sein werden. Es drohten angesichts dieses Prozesses potenzielle Überraschungen und womöglich auch einige Rückschläge, die nicht in den aktuellen Kursen enthalten seien.

Während die politischen Entscheidungsträger die heimische Wirtschaft (Unternehmen und private Verbraucher) sowohl monetär als auch fiskalisch mittels massiver Anreize enorm unterstützt haben, so lässt sich beobachten, dass die Schließung der Wirtschaft samt den hiermit verbundenen Restriktionen zu einer Verringerung des Angebots geführt haben.

In manchen Fällen lassen sich einzelne Produkte zurzeit auch überhaupt nicht mehr liefern, was sich sehr schön anhand der aktuellen Lage im internationalen Chip- und Halbleitersektor ablesen lässt.

Eben jene Entwicklung droht nun auf andere Bereiche der Wirtschaft überzuspringen. Unter anderem sehen sich die Fabriken von Autoherstellern nicht mehr dazu in der Lage, unter den gegebenen Umständen ihre Produktion aufrechtzuerhalten. Mittlerweile beginnen sich auch ähnliche Ereignisse im Elektronikbereich abzuzeichnen.

Bei Morgan Stanley heißt es hierzu, dass es zurzeit unübersehbare Hinweise im Hinblick auf potenzielle Versorgungsengpässe in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft gäbe, angefangen beim Einkauf von Materialien bis hin zu logistischer Unterstützung.

In den Vereinigten Staaten mangele es sogar vielerorts an Arbeitskräften, da die üppigen Arbeitslosenbezugsrechte nicht gerade wenige Menschen dazu verleiteten, lieber zu Hause zu bleiben als wieder eine Tätigkeit aufzunehmen, die unter Umständen sogar schlechter bezahlt ist im Vergleich zu den monatlich generierten Arbeitslosenbezügen.

Es könnte also durchaus sein, dass die beginnende Berichtssaison mit Blick auf das erste Quartal einige schlechte Nachrichten in Bezug auf die Kostenentwicklung und die erzielten Margen unter den Unternehmen mit sich bringen könnte.

Noch schlimmer wäre es, wenn führende Unternehmen vorsichtig mit ihrem Ausblick auf die Entwicklung im zweiten Quartal werden würden. Da sich viele Aktienkurse im Gros jenseits von Gut und Böse befinden, sollten die aus einem solchen Faktor womöglich resultierenden Risiken nicht unterschätzt werden.

Ferner erweist sich die Underperformance im IPO- und SPAC-Bereich als ein zusätzliches Warnsignal. Teils enorme finanzielle Schieflagen im Hedgefonds-Bereich samt Insolvenzen nach Art von Greensill, die inzwischen auf den Bankenbereich übergesprungen sind (siehe allen voran Credit Suisse) geben zusätzlichen Anlass dazu, Vorsicht walten zu lassen.

In der Vergangenheit hatten sich insbesondere schlecht abschneidende Neuemissionen im Aktiensektor als ein zuverlässiger Frühindikator erwiesen, um davon auszugehen, dass es auch am Gesamtmarkt zu Turbulenzen kommen könnte.

Es lässt sich zudem kaum noch erahnen, wie hoch die Kredit-Hebelung und der Grad der Fremdfinanzierung im System tatsächlich ist. Der zuletzt zu beobachtende Zusammenbruch von Archegos Capital Fund und die damit verbundenen Auswirkungen lassen allerdings darauf schließen, dass auch von dieser Seite Gefahr droht.

Spekulanten, die unter Umständen auf dem falschen Fuß erwischt werden, würden sich mit unter den ersten Marktakteuren befinden, die Notverkäufe tätigen müssten. Zu den Resultaten gehört, dass Morgan Stanley den Bereich der Kleinunternehmen inzwischen herabgestuft hat.

Dies läge allein schon an der Tatsache, dass die im Russell 2000 enthaltenen Unternehmen inzwischen KGVs von bis zu 32,5 aufwiesen. Es seien vor allem auch diese Firmen – neben Technologietiteln – welche sich als extrem anfällig gegenüber Zinsanstiegen erwiesen.

Die aktuell zu beobachtenden Lieferengpässe würden zudem das Resultat steigender Kosten unter diesen Unternehmen zur Folge haben. Bei Morgan Stanley wird aus diesem Grund vor allem auf Qualitätstitel gesetzt, die eine längere Durststrecke auch einmal überstehen könnten.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Es empfiehlt sich, IPOs wie jenes von Coinbase (nicht gerade verheißungsvoll in Relation zu den zuvor in diesen Börsengang gesetzten Erwartungen) im Auge zu behalten, um hierüber Rückschlüsse hinsichtlich der allgemeinen Stimmung unter Spekulanten zu ziehen.

Ebenso bleiben die Aktivitäten im SPAC-Bereich tagtäglich zu beobachten, da sich vor allem in diesem Sektor viel spekulatives Geld tummelt. Selbstverständlich sollte auch der Zins auf die 10-jährige US-Staatsanleihe im Auge behalten werden, um aus diesem Potpourri an Daten seine eigenen Schlüsse zu ziehen, ab welchem Zeitpunkt es sich empfehlen würde, das eigene Portfolio zu hedgen.

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