Es empfiehlt sich, die aktuellen Ereignisse in und um Griechenland ein wenig genauer zu analysieren. Denn es gibt neue Erkenntnisse, auf deren Basis der IWF anscheinend nicht dazu gewillt zu sein scheint, weiterhin Geld in ein Fass ohne Boden zu kippen. Am Mittwoch letzter Woche veröffentlichte der IWF den vollen Umfang eines Protokolls zu einer in Sachen Griechenland stattgefundenen Telefonkonferenz. Darin heißt es unter anderem wie folgt:

 

 

Mit Blick auf die ausstehende Verschuldung Griechenlands haben wir gewiss eine Reihe von Fortschritten erzielt. Auch Europa blickt auf Fortschritte. Ein Schuldenschnitt befindet sich nun auf der allgemeinen Agenda. Unsere europäischen Partner und alle anderen Gläubiger haben allseits erkannt, dass die ausstehenden Staatsschulden Griechenlands weder nachhaltig noch tragbar sind. Aus diesem Grund akzeptieren unsere Partner unsere Ansicht, laut der ein Schuldenschnitt zugunsten Griechenlands unumgänglich ist.

So weit so gut. Doch stellen sich die Dinge auch tatsächlich so dar? Befinden sich baldige Verhandlungen zu einem Schuldenschnitt tatsächlich auf der Agenda und akzeptiert die Eurogruppe die augenscheinliche Tatsache, dass ein solcher Schuldenschnitt unumgänglich ist? Lassen Sie uns einen gemeinsamen Blick auf gegensätzliche Ausführungen seitens der Eurogruppe zu diesem Thema werfen.

Aus dem am Vortag der IWF-Publikation veröffentlichten Protokoll der Eurogruppe geht unter anderem hervor, dass Europa nicht dazu eingewilligt habe, über einen Schuldenschnitt zu verhandeln. Es wurde lediglich mitgeteilt, einen solchen Schuldenschnitt zu überdenken. Es könnte also dazu kommen, dass ein Schuldenschnitt zugunsten Griechenlands irgendwann offiziell auf die Agenda gesetzt wird. Oder eben auch nicht.

Konfusion um Griechenland ist kein Einzelfall

Eine verbindliche Zusage wurde dem IWF jedenfalls nicht zuteil. Erinnern Sie sich daran, dass ähnliche Versprechungen nicht nur gegenüber Griechenland, sondern auch gegenüber anderen Peripheriestaaten der Europäischen Union abgeben wurden.  Es stellt sich die Frage, ob die Eurogruppe überhaupt versteht, dass die griechische Staatsverschuldung untragbar geworden ist.

Ich würde nicht darauf wetten. Denn im gesamten Dokument der Eurogruppe findet sich auch nicht nur ein Wort oder ein Satz zu diesem Thema. Nirgendwo werden Sie eine Ausführung in diesem Protokoll finden, laut dem Griechenlands Staatsschulden untragbar geworden sind. Anstelle dessen gehen aus dem Protokoll der Eurogruppe folgende Informationen hervor, die mit jenen des IWF nichts gemein haben:

 

Die Eurogruppe erkennt an, dass keine Prognosen zur Schuldentragfähigkeit über einen solch langen Zeitraum angestellt werden können. Hierbei kann es sich nur um Schätzungen handeln. Grund ist die hohe Unsicherheit im Hinblick auf zukünftige makroökonomische Entwicklungen im Land.

 

Klingen diese Ausführungen für Sie danach, als ob die Eurogruppe erkannt zu haben scheint, dass Griechenlands Staatsverschuldung weder nachhaltig noch tragbar geworden ist? Also für mich hören sich diese Ausführungen nach dem exakten Gegenteil an. Ferner gehen aus dem oben verlinkten Protokoll der Eurogruppe in Sachen Schuldenerleichterungsmaßnahmen die folgenden Ausführungen hervor:

 

Auf mittelfristige Sicht beabsichtigt die Eurogruppe die Einführung eines möglichen Bouquets von weiteren Maßnahmen, die auf die erfolgreiche Lancierung des ESM-Programms folgen könnten. Diese Maßnahmen werden umgesetzt, falls ein Update in Bezug auf eine Analyse zur Tragfähigkeit der griechischen Staatsverschuldung durch die Institutionen bei Abschluss des Programms aufzeigen sollte, dass diese Maßnahmen benötigt werden, um die einst vereinbarte Bruttofinanzierungsrichtlinie zu erreichen und umzusetzen.

 

Auch dieser Absatz liest sich wie das exakte Gegenteile zu den Ausführungen des IWF. Denn seitens der Eurogruppe wird in keiner Weise zugegeben, dass die Schuldentragfähigkeit in Sachen Griechenland in keiner Weise mehr gegeben ist. Worauf hingewiesen wird, ist, dass falls es auf mittelfristige Sicht zur Feststellung einer nicht mehr gewährleisteten Tragfähigkeit der griechischen Staatsschulden kommen sollte, erst dann ein Türchen zu Gesprächen über einen Schuldenschnitt aufgestoßen würden.

Welche Daten und Informationen sind eigentlich maßgebend?

Es stellt sich aus meiner Sicht die Frage, auf welche Informationen der IWF seine eigenen Ausführungen zu diese Thema stützt. Vielleicht hat man dies beim IWF mit Verspätung erkannt. Denn wie das Wall Street Journal am Mittwochabend bekannt gab, habe ein hochrangiger IWF-Vertreter erklärt, Europa nicht mehr in Bezug auf eine Auszahlung von frischen Geldmitteln zugunsten Griechenlands zur Verfügung stehen zu können.

Grund sei, dass die Athener Kreditgeber sich bislang nicht auf einen detaillierten Plan zu einem Schuldenschnitt hätten einigen können. Viele Ökonomen und Experten kritisieren das anhaltende Hickhack um Griechenland aufs Schärfste, da es den Institutionen nur noch darum gehe, die Unterschiede der Mitgliedsländer in der Eurozone zu kaschieren und die Krise auf diese Weise unnötig in die Länge zu ziehen. Blicken Sie in der Sache noch durch? Ich nicht.

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