Vor wenigen Wochen berichtete ich, dass Mexikos Banken einen Vorreiter in der Erfassung und Nutzung von biometrischen Daten in der Kundenakquise und Kundenverwaltung geben werden.

Bis Frühjahr 2019 breiter Einsatz biometrischer Identifikation in der EU

Es hat nicht allzu lange gedauert, bis der Kreditkartenriese Mastercard hierauf seine eigene Initiative Preis gegeben hat. Das Unternehmen hat eine Frist festgesetzt, mit deren Erreichen es zu einem weitläufigen Einsatz von Biometriedaten zu Kundenidentifikationszwecken im EU-Raum kommen wird.

Bis April 2019 soll es so weit sein. Mastercards Identifikationskontrolle lässt sich bereits in 37 Ländern dieser Erde nutzen. Der Dienst versetzt Kreditkartenkunden dazu in die Lage, die eigene Identität mittels biometrischer Identifikationsmerkmale, zu denen Fingerabdrücke sowie Gesichts- und Iris-Scans gehören, zu ermitteln.

Mastercards biometrische Identifikationskontrolle kommt insbesondere im Hinblick auf eine Nutzung von mobilen Endgeräten bei Online-Käufen und Banktransaktionen über das Internet zum Einsatz. Bisher wird Mastercard-Kunden diese Dienstleistung auf Basis einer freiwilligen Nutzung zur Verfügung gestellt.

Noch ist die Nutzung freiwillig – Veränderungen treffen nicht nur Kunden, sondern alle mit Mastercard kooperierenden Banken

Ab April 2019 soll sich daran zunächst nichts ändern. Was sich ab diesem Zeitpunkt ändern wird, ist die Art und Weise, wie Mastercard diese Dienstleistung in der breiten Öffentlichkeit bewerben wird. Es lässt sich keineswegs ausschließen, dass eine hohe Anzahl von Kunden im EU-Raum den biometrischen Identifikationsdienst von Mastercard fortan nutzen wird.

Die sich daraus ableitenden Veränderungen werden nicht nur unter den Kreditkartenkunden von Mastercard spürbar sein. Vielmehr werden auch alle europäischen Banken betroffen sein, die Mastercard-Transaktionen anbieten oder akzeptieren.

90% der Banken befürworten den Schritt laut eigens in Auftrag gegebener Analyse

Denn mit Mastercard kooperierende Institute werden zukünftig nicht umhinkommen, als die biometrischen Identifikationsmechanismen in vollem Umfang zu unterstützen. Zu der bislang unter einer breiten Kundschaft zum Einsatz kommenden PIN- und Passwortverifikation wird sich ab April 2019 also auch der Aufbau einer biometrischen Identifikationsanalyse hinzu gesellen.

Sich auf selbst in Auftrag gegebene Forschungsanalysen beziehend, teilte Mastercard mit, dass mehr als 90% aller Bankpartner große Vorteile in der Einführung eines biometrischen Identifikationsmechanismus erkennen. Die Forschungsanalysen wurden im Auftrag von Mastercard durch die Universität Oxford betrieben.

Überraschend dürfte diese hohe Zustimmungsquote unter Mastercards Bankpartnern gewiss nicht sein. Einerseits verlagert sich das Bankengeschäft in einem immer schnelleren Tempo in den elektronischen Bereich. Alles, was sich automatisieren lässt, wird in diesem Bereich auch automatisiert.

Angeblich präferieren 93% der befragten Verbraucher die biometrische Identifikation

Gleichzeitig ist der Zugriff auf Verbraucherdaten sowohl für Banken als auch alle anderen Konzern von extrem hohem Wert. Aus der Studie der Universität von Oxford geht überdies hervor, dass eine große Mehrheit der befragten Verbraucher selbst die Präferenz hege, sich immer gläserner zu machen.

Auf 93% beläuft sich der Anteil der Studienteilnehmer, die eine baldige Einführung von biometrischen Identifikations- und Sicherheitsmerkmalen gegenüber dem bestehenden PIN- und Passwortsystem präferieren würden. Nun darf sich jedermann natürlich die Frage stellen, wie aussagekräftig dieses partielle Studienergebnis ist – und inwieweit es der Wirklichkeit stand hält.

Sind biometrische Daten tatsächlich privat oder nicht doch öffentlich und leicht zu missbrauchen?

Denn mit der Nutzung von biometrischen Daten in der Identifikationskontrolle sind bei Weiten nicht nur Vorteile verbunden. Vielmehr wird dieses Thema in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert, da die Gefahren und Risiken im Hinblick auf eine Wahrung der eigenen Anonymität und Privatsphäre mittlerweile hinlänglich bekannt sind.

Kritiker der biometrischen Identifikationskontrolle sind der Auffassung, dass die Vergabe eines Passworts privat ist. Ein Passwort werde durch die Nutzer selbst vergeben, weswegen auch nur die Nutzer selbst dieses Passwort – solange vor dem Zugriff Dritter gesichert – zu nutzen in der Lage seien.

Biometrische Daten seien im Vergleich hierzu unweigerlich öffentlich. Schließlich lassen sich mit hoch auflösenden Kameras Bilder selbst aus großer Entfernung von einem Ohr schießen. Ein Fingerabdruck ließe sich leichterdings auf einem Glas sichern. Aus diesem Grunde sei es Dritten ein Leichtes, diese Daten zu missbrauchen.

Laut Mastercard steht Bequemlichkeit, Geschwindigkeit und Einfachheit steht für die Nutzer im Vordergrund

Mastercard hat dazu konträre Ansichten und erklärt hierzu, dass die eigenen Kunden solche Bedenken nicht teilten. Unter den eigenen Kunden stünden die drei Aspekte Bequemlichkeit, Geschwindigkeit und Einfachheit der Technologienutzung im Vordergrund.

Aus diesem Grunde werde der Einsatz von Biometriedaten in der Identifikationskontrolle Vorteile für alle Mastercard-Kunden, Einzelhändler und Banken mit sich bringen. Käufe würden beispielsweise durch eine Fingerabdruckabgabe massiv vereinfacht und beschleunigt, so Mastercard.

Auch Einzelhändler, Online-Shops und Banken begrüßen die bevorstehenden Änderungen. Nicht nur die Transaktionszeiten ließen sich auf diese Weise minimieren, sondern auch die Transaktionskosten würden bedeutend sinken – ein Speck, mit dem man Mäuse fängt, und der bei den meisten unbedarften Verbrauchern und Konsumenten verfängt.

Der Kartenanbieter VISA hat seine eigenen Expertisen zu diesem Thema angestellt, und jüngst darauf verwiesen, dass Verbraucher in Indien überaus offen für die Einführung von biometrischen Identifikationsmechanismen seien.

Laut VISA-Studie haben 99% (!) der Teilnehmer in Indien Interesse an der neuen Identifikationsform

Eine durch VISA in Auftrag gegebene Studie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass 99% der Teilnehmer ihr Interesse an der zukünftigen Nutzung von mindestens einem biometrischen Identifikationsmuster im Rahmen von Bezahlvorgängen gezeigt hätten. Es fällt schwer, solche Studienergebnisse nicht mit äußerster Vorsicht zu genießen.

Schließlich haben solch kommerzielle Studien stets zum Ziel, die eigenen Pläne in einem besseren Licht dastehen zu lassen und Überzeugungsarbeit zu leisten. Eine Bewertung dessen, wie repräsentativ das Ganze letztendlich ist, überlasse ich Ihnen – bilden Sie sich ihre eigene Meinung.

Zweifel am gesunden Menschenverstand

Die Einführung von biometrischen Authentifizierungssystemen zu Zahlzwecken in Europa, Indien und Mexiko sind nur die jüngsten Beispiele für die beschleunigte Durchdringung unseres Alltagslebens mit diesen Technologien. Auch die ausgestellten Pässe der meisten Nationen dieser Erde verfügen bereits über biometrische Daten.

Bedenklich stimmt, wie bereitwillig Millionen von Menschen auf freiwilliger Basis dazu bereit zu sein scheinen, ihre digitalen Fingerabdrücke zur Verfügung zu stellen, um sich in ihre Smartphones und sonstigen digitalen Gerätschaften einzuloggen. Kritiker zweifeln am gesunden Menschenverstand dieser Nutzer.

Mangelndes Bewusstsein für Privatsphäre und Gewöhnungseffekt

Es mangele – was auch für die Bereitschaft des Hochladens von sensiblen Daten ins Internet oder in soziale Netzwerke gelte – schlichtweg an Bildung unter vielen Nutzern, die sich nicht darüber bewusst seien, welch tragende Rolle die Wahrung der eigenen Privatsphäre in einer Gesellschaft spiele, so Datenschützer.

Es sei heutzutage vielmehr zu einer Norm geworden, dass sich ein Großteil der Menschen daran gewöhnt habe, dass persönliche und sensible Daten in rauen Mengen gesammelt werden. Der Vorstoß von Mastercard beweist, dass es nicht mehr nur Regierungen und Technologiefirmen sind, die sich von der biometrischen Datenerfassung Vorteile erhoffen.

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