Im Herbst vergangenen Jahres wies ich Sie auf anstehende Veränderungen bezüglich der Zinsstrukturen in China hin. Vor drei Tagen war es dann soweit, als die People´s Bank of China ihre heimischen Banken und Kreditgeber die Order erteilte, sich anstelle des bislang führenden 1-Jahres-Zinssatzes ab sofort an der Prime Rate (die Prime Rate entspricht dem niedrigsten Zinssatz, zu dem sich Nicht-Banken von kommerziellen Geschäftsbanken Geld leihen können) zu orientieren.

Es gilt in China seit Jahresbeginn also ein neuer Referenzzinssatz für kurzfristige Darlehen. Hiermit geht der Effekt einer Zinssenkung einher, da der Referenzzinssatz von bisher 4,35% (1-Jahres-Zinssatz) auf nunmehr 4,15% (Prime Rate beziehungsweise neuer Referenzzinssatz) gesunken ist. Ob das alles so positiv ist, muss sich über den Verlauf der nächsten Wochen und Monate zeigen.

Denn ein ohnehin angeschlagenes Bankensystem wird hierdurch aufgrund von weiter sinkenden Nettozinsmargen noch stärker unter Druck geraten. Darüber hinaus kündigte die People´s Bank of China an, dass die Mindestreserveanforderungen unter kommerziellen Geschäftsbanken im Reich der Mitte ab dem 6. Januar um 50 Basispunkte oder 0,5% sinken werden.

Auf diese Weise sollen bis zu 800 Milliarden Yuan oder umgerechnet 115 Milliarden US-Dollar zum Zweck einer neuen Kreditvergabe freiwerden. Momentan befinden sich die Mindestreserveanforderungen unter großen Geschäftsbanken noch bei 13% und unter kleineren und mittelgroßen Instituten bei 11%. Die Mindestreserveanforderungen fallen im Zuge dieser Maßnahme auf den niedrigsten Wert seit Oktober 2007.

Im Rahmen einer separaten Erklärung gab die People´s Bank of China bekannt, dass die Maßnahme mit dem Ziel einhergehe, heimische Geschäftsbanken dazu anzuhalten, zukünftig zinsgünstigere Darlehen an Unternehmen zu vergeben. Was auch sonst? Einerseits geraten Chinas Geschäftsbanken aufgrund der Ausrichtung an einem neuen Referenzzinssatz unter einen erhöhten Margendruck.  Auf der anderen Seite wird das Finanzsystem abermals mit Liquidität geflutet, um die daraus resultierenden Effekte zu kompensieren.

An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass mehr als die Hälfte aller chinesischen Banken durch einen sogenannten Stresstest der Zentralbank durchgefallen sind. Es lässt sich deshalb davon ausgehen, dass die Orientierung an einem neuen Referenzzinssatz die großen Probleme in Chinas Bankensystem noch verschärfen wird. Denn eine Reihe von Instituten lässt sich selbst unter bisherigen Gesichtspunkten als insolvent bezeichnen.

Andererseits lässt sich aufgrund eben jener Voraussage damit rechnen, dass die People´s Bank of China das heimische Finanzsystem in Liquidität ertränken wird, falls das notwendig werden sollte. Halten Sie sich jedoch bitte stets vor Augen, dass durch nichts gedeckte Fiatwährungen auf eine solche Weise zerstört werden.

Als erschwerend erweisen sich die Dinge aus Sicht der People´s Bank of China aufgrund des bevorstehenden Beginns der diesjährigen Neujahrsferien (gegen Ende Januar), in deren Zuge Konteninhaber landesweit Liquidität von bis zu umgerechnet 400 Milliarden US-Dollar von ihren Konten abziehen könnten.

Zum selben Zeitpunkt bleibt der chinesische Bondmarkt zu beobachten. Denn ausgerechnet zu Beginn des Jahres 2020 werden Anleihen in einem Gesamtvolumen von umgerechnet mehr als 270 Milliarden US-Dollar auslaufen. Abzuwarten bleibt, ob die durch die People´s Bank of China angekündigten Maßnahmen das heimische Bankensystem zusätzlich destabilisieren werden. Die Gründe hatte ich weiter oben angesprochen.

Abschließend möchte ich Sie noch auf einen Bericht aufmerksam machen, welcher im November des letzten Jahres in der Global Times, dem Sprachrohr der Pekinger Regierung, publiziert wurde. In einem Kolumnenartikel wurden die Chinesen darauf eingestimmt, sich auf Nullzinsen im eigenen Land mental vorzubereiten.

Viele Analysten sind zudem der Ansicht, dass zusätzlicher Spielraum zu einer Senkung der Mindestreserveanforderung in Chinas Bankensystem bestünde. Auf eben jene Weise solle die zu beobachtende Tendenz zum Kreditabbau unter den Kleinbanken des Landes aufgefangen werden.

Dieselben Analysten weisen darauf hin, dass der in China zu beobachtende Abschwung der Wirtschaft gar nicht einmal so viel mit dem Handelskrieg mit den USA zu tun habe, sondern viel mehr Resultat einer immensen Verschuldungslage sei. Aus eben jenem Grunde müsse mit weiter anhaltenden Bankinsolvenzen, rekordhohen Zahlungsausfällen und noch mehr faul werdenden Schulden im Reich der Mitte gerechnet werden.

„Was heißt das konkret für mich?!“

Ein weiteres Mal sei empfohlen, die Lage in China aufmerksam zu beobachten, weil sich keinerlei Voraussagen treffen lassen, an welchen Ecken und Ende es in China aufgrund eines stark intransparenten Finanzsystems zu wackeln beginnen könnte.

Feststeht, dass die Gesamtverschuldung im Reich der Mitte mit mehr als 350% in Relation zum BIP alles andere als nachhaltig – noch gesund – ist. Die sich mehrenden Bankpleiten samt den auf Rekordhöhen befindlichen Zahlungsausfällen deuten darauf hin, dass im chinesischen System etwas in Schieflage zu sein scheint. Geraten Sie bitte nicht unter dieses Rad, wenn es einmal damit beginnt, sich schneller zu drehen…

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