Die aktuellen Entwicklungen an den internationalen Transportmärkten entwickeln sich zurzeit in eben jene Richtung, die zu erwarten stand. Nachdem die laut offizieller Lesart aufgrund von Covid bedingten Lockdowns über der chinesischen Wirtschafts- und Finanzmetropole Shanghai ein wenig gelockert worden sind, sollen nun auch die Transportnetzwerke an der Ostküste der Volksrepublik China ab Ende dieser Woche wieder geöffnet werden.
Zwei Monate sind in der Zwischenzeit ins Land gegangen, während denen sich knapp dreißig Millionen Einwohner in und um Shanghai unter einem noch deutlich strengeren Lockdown-Regime als ehedem die Einwohner der Stadt Wuhan im Winter 2020 befanden.
Eine nochmalige Ausweitung von ohnehin schon bestehenden Problemen?
Was sich auf den ersten Blick nach einer guten Neuigkeit anhört, könnte auf den zweiten Blick zu einem sich ausweitenden Problem für den Rest der Welt werden. Denn die nun an den internationalen Transport- und Containerschifffahrtsmärkten drohenden Turbulenzen könnten die Entwicklungen in den letzten beiden Jahre durchaus noch in den Schatten stellen.
Der zeitlich anhaltende Lockdown über Shanghai und die damit verbundene Verringerung der Hafenabfertigungskapazitäten haben nämlich zu einem immensen Güterrückstau und einem Rekordaufkommen an Frachtschiffen vor den ostchinesischen Hafenstädten geführt.
Nicht nur, dass diese rekordhohe Anzahl an Frachtschiffen nun erst einmal nach und nach in den Ostküstenhäfen Chinas entladen und auf dem Landweg weitertransportiert werden müssen, gesellt sich aus Perspektive der westlichen Industrieländer zudem auch die unschöne Tatsache hinzu, dass dieselben Schiffe danach mit neuer Fracht beladen und auf den Weg in die Vereinigten Staaten und nach Europa geschickt werden müssen.
An Warnungen mangelt es nicht…
Mit A.P. Møller-Maersk warnt nicht nur ein weltweit führendes Transport-, Logistik- und Containerfrachtunternehmen davor, dass mit der jetzt anlaufenden Wiedereröffnung der Wirtschaft an der Ostküste Chinas neue Turbulenzen und Probleme im Bereich der globalen Lieferketten verbunden sein werden. Auch Goldman Sachs schlägt in diese Kerbe.
Angesichts einer vielerorts gelähmten Wirtschaft in China verwunderte es kaum, dass die Containerfrachtpreise über den Verlauf der letzten Wochen eine recht deutliche Korrektur durchgemacht haben.
Dass sich diese Situation allerdings ändern würde, sobald auch nur ansatzweise ein Ausblick auf eine Normalisierung der wirtschaftlichen Aktivitäten im Reich der Mitte bestehen würde, wurde hier in den letzten Wochen das ein oder andere Mal zum Thema gemacht.
Und so zeigen zuletzt veröffentlichte Daten der Analysefirma Fearnley Securities, dass die Containerfrachtpreise sich nach deren Korrekturphase nun wieder auf dem Weg nach oben befinden.
Schon bald dürfte es abermals zu einer völlig auf den Kopf gedrehten Situation an diesen wichtigen Märkten kommen, wenn sich Shanghai und andere wichtige Wirtschaftsdrehkreuze an der chinesischen Ostküste weiter öffnen. Zusammen mit einem drastischen Anstieg der Nachfrage im Containerfrachtbereich wird es dann wohl auch zu einem erneut fulminanten Preisanstieg in diesem Sektor kommen.
Eine solche Entwicklung lässt sich beispielsweise bereits im Bereich von 40-Fuß-Containern beobachten, deren Preise für die Strecke Shanghai nach Los Angeles nach einer Korrektur in Höhe von rund dreißig Prozent wohl einen Boden gefunden und nun wieder anzusteigen scheinen.
Es wird zu Mangelerscheinungen an den Containerfrachtschiffmärkten kommen
Bei Goldman Sachs geht die Besorgnis um, dass es jetzt plötzlich erneut zu einem Mangel an Containerfrachtschiffen an den globalen Transportmärkten kommen könnte. Denn angesichts der sich an Chinas Ostküste abzeichnenden Normalisierung der Wirtschaftsaktivitäten dürfte die Nachfrage regelrecht explodieren, womit sich wieder jedermann zum selben Zeitpunkt auf (noch) zur Verfügung stehende Container sowie Transportschiffe stürzen dürfte.
Gewarnt wird davor, dass diese Entwicklung in absehbarer Zeit nicht nur die Frachtpreise an den Containerschiffsmärkten auf neue Rekordhochs zu treiben droht, sondern dass parallel zu dieser Entwicklung auch noch das zu transportierende Frachtgut im Bereich der gängigen Trans-Pazifik-Routen sinken könnte.
Resultat wären neu entstehende Lieferketten- und Logistikprobleme, die sich spätestens ab dem Spätsommer dieses Jahres dann auch wieder in den amerikanischen Seehäfen entlang der Westküste des Landes sowie in Europa bemerkbar machen werden.
Manche Kommentatoren schielen angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung zumindest schon einmal mit einem Auge auf jene im Monat November abzuhaltenden Zwischenwahlen zum Kongress in den Vereinigten Staaten.
In den USA drohen sich die Engpässe zu verschärfen – das wird nicht ohne politische Folgen bleiben
Sollten sich die Lieferkettenprobleme vor der amerikanischen Westküste und den sich an die jeweiligen Seehäfen anschließenden Inlandstransportaktivitäten tatsächlich noch einmal drastisch verschärfen, so würden neben einer vielerorts durch die Amerikaner als viel zu hoch erlebten Inflation zusätzlich vor dem Herbst und Winter auch noch eine Verschärfung von Produkt- und Güterengpässen drohen.
Es lässt sich leichterdings vorstellen, wie sich eine solche Entwicklung letztendlich an den Urnen bemerkbar machen würde, insofern wahltechnisch alles mit rechten Dingen zugehen wird. Der jüngst veröffentlichte Kino- und Streamingfilm 2000 Mules widmet sich inhaltlich voll und ganz einem (vermeintlich) begangenen Präsidentschaftswahlbetrug im Jahr 2020, um detailliert aufzuzeigen, welche Mechanismen dabei zum Einsatz gekommen sein sollen.
Der finanziell große Erfolg, der diesem höchst kontrovers diskutierten Streifen seit dessen Lancierung zuteil geworden ist, weist darauf hin, dass weite Teile der amerikanischen Gesellschaft nach wie vor nicht mit dem Thema eines vermeintlichen Wahlbetrugs im Jahr 2020 abgeschlossen haben.
Dass es aus aktueller Sicht nicht sonderlich gut für die Partei der Demokraten aussieht, lässt sich unter anderem anhand der Tatsache ableiten, dass inzwischen mehr als dreißig zu diesem Zeitpunkt noch amtierende Kongressmitglieder der Demokratischen Partei bekanntgegeben haben, im November nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen.
Gott und die Welt sind für die Inflation in den USA verantwortlich – nur der Präsident nicht
Wie dem auch sei, so lässt sich durchaus damit rechnen, dass eine nochmalige Verschärfung der Lieferkettenprobleme auch dem Weißen Haus und US-Präsident Joe Biden mächtig auf die Füße fallen wird.
Joe Biden, der mittlerweile Gott und die Welt für die in den Vereinigten Staaten grassierende Inflation verantwortlich macht, nur nicht sich selbst, würde eine solche Entwicklung wohl noch einmal anhand seiner eigenen Umfragewerte zu spüren bekommen, welche sich zum aktuellen Zeitpunkt bereits überaus bescheiden ausnehmen.
In diesem Kontext stellt sich einmal mehr auch die Frage, inwieweit die über Metropolen wie Shanghai und Teile der Hauptstadt Peking verhängten Lockdowns vielleicht gar nicht einmal so sehr etwas mit Covid selbst zu tun haben könnten.
Lockdowns als Waffe?
Ein ums andere Mal wurde hier seit letztem Jahr gemutmaßt, dass die Pekinger Regierung ein solches Mittel unter Umständen auch als Waffe einsetzen könnte, um dem Westen einen sich über den Zeitablauf mehrenden Schaden zuzufügen.
Denn deutlich ist doch geworden, dass sich die Produktionswerkbank der Welt – trotz aller Bemühungen und Anstrengungen im Sinne einer Rückholung von Produktionskapazitäten nach Japan und in Richtung der westlichen Industrieländer, auch mehr als zwei Jahre nach Ausbruch der Corona-Krise weiterhin im Reich der Mitte befindet.
Zuletzt hatten selbst einige Anrainerländer Chinas darüber geklagt, dass dort vor Ort weiter zu verarbeitende Vorprodukte ebenfalls nicht mehr angekommen seien. Unternehmen, welche zumindest einen Teil ihrer Produktionskapazitäten in diese Anrainerstaaten der Volksrepublik China verlagert haben sollten, saßen oder sitzen dort vielerorts ebenso auf dem Trockenen wie alle anderen.
Bei A.P. Møller-Maersk wird überhaupt kein Hehl daraus gemacht, dass die sogenannte No-Covid-Strategie im Reich der Mitte und die damit verbundenen Langzeit-Lockdowns im Verlauf der nächsten Monate einen spürbaren Effekt rund um den Globus zur Folge haben werden.
Wann sich der anhand der obigen Grafik sichtbar werdende Schiffsstau an der Ostküste Chinas auflösen wird, steht aus aktueller Sicht noch in den Sternen. Es sind insbesondere mit Rohstoffen beladene Schiffe, die ihre Fracht über die vergangenen Wochen schlichtweg nicht in China anzulanden und zu löschen imstande gewesen sind.
Unter Bezugnahme auf einen durch Goldman Sachs berechneten Index zur Verstopfung der Transportwege auf den Weltmeeren hat sich diese Situation seit der Bekanntgabe von neuen Wirtschaftsabriegelungen in der Volksrepublik China gegen Mitte März entspannt.
War es nur eine kurze Phase der Erholung?
Doch auch in diesem Bereich wird es sich unter aller Voraussicht nur um einen kurze Phase der Erholung gehandelt haben. Parallel zu einem absehbar deutlich anziehenden Logistik- und Transportvolumen könnte sich dann auch der Grad der Verstopfung auf den Weltmeeren auf dem Weg zu einem neuen Allzeithoch befinden.
Wenn die aktuell auf Frachtlöschung vor Chinas Seehäfen wartenden Containerschiffe erst einmal entladen und mit Ausfuhrfracht beladen sein werden, wird sich die Situation dann in den Vereinigten Staaten wohl auf maximale Weise verschärfen.
Dort dürfte es dann in wenigen Wochen zu ähnlichen Bildern wie im letzten Jahr – oder nun anhand von China zu beobachtenden Ereignissen – kommen. Sobald eine Normalisierung der Aktivitäten an der Ostküste Chinas einsetzen wird, rechnen Analysten an den internationalen Transportmärkten mit einem Zeitraum von maximal ein bis zwei Monaten, bis es zu massiven Güterfrachtrückstaus in den Vereinigten Staaten kommen wird.
Zentralbanken üben auf diese Entwicklungen keinerlei Einfluss, geschweige denn Kontrolle aus
Ob Europa hiervon ausgenommen bleiben wird, ist für den Moment abzuwarten. Es sind eben jene Entwicklungen, die sich der Kontrolle von Notenbanken, die angesichts eines solchen Umfelds nun über Zinsanhebungen entscheiden müssen, komplett entziehen.
Und weil Zentralbanken auf diese Entwicklungen keinerlei Einfluss auszuüben wissen, entziehen sich diese Ereignisse auch gänzlich den eigens einzuschätzenden Abwägungen, wann und wie oft die Leitzinsen in den jeweiligen Wirtschaftsräumen angehoben werden sollen.
Zentralbanken im Blindflug lautete kürzlich eine Überschrift, zu der sich eigentlich nur noch applaudieren lässt. Denn längst schon zeichnet sich einmal mehr ab, dass allen voran die Federal Reserve in den USA der Inflationsentwicklung hinterherläuft, weshalb zu aggressive Zinsschritte in den USA bereits in absehbarer Zeit eine Rezession auszulösen drohen.
Ob die Inflation in einem solchen Fall auf bedeutsame Weise zurückkommen würde, ist selbst an den Finanzmärkten in der Zwischenzeit zu einem hoch kontrovers diskutierten Thema geworden, da doch jene sich Zentralbanken entziehenden Problemfelder auf eine potenziell andere Entwicklung hinweisen.
Diese Zusammenfassung für CK*Wirtschaftsfacts von Roman Baudzus nimmt Bezug auf einen Bericht auf der Seite des Finanzblogs Zerohedge.
„Was heißt das für mich konkret!?“ (Roman Baudzus)
Sollte es tatsächlich zu einer hartnäckigen Stagflation kommen, so würde daraus gewiss die schlechteste aller Welten aus wirtschaftlicher Perspektive resultieren. Denn im Zuge einer stagnierenden oder gar schrumpfenden Wirtschaft würde es nicht nur zu einer deutlichen Zunahme der Arbeitslosigkeit bei tendenziell sinkenden Löhnen, sondern auch zu einem vermehrten Ausscheiden von Unternehmen aus dem Wettbewerb aufgrund von Bankrotten kommen.
Würde eine solche Entwicklung, anders als in der Vergangenheit, dieses Mal tatsächlich auch noch mit einer sich auf hartnäckig hohen Niveaus haltenden Inflation einhergehen, so könnte das abschreckende Beispiel Sri Lankas, wo momentan die Häuser von Politikern in Flammen stehen und deren Fahrzeuge durch aufgebrachte Volksmengen in Flüsse gestürzt werden, bald schon in vielen anderen Regionen unserer Erde Schule machen.
Wer angesichts solcher Aussichten noch immer daran glaubt, dass das Inflationsgespenst sich wieder auf eine recht einfache Weise zurück in seine Flasche wird bugsieren lasse, der sollte darüber nicht vergessen, dass sich die Zinsen heute – im Gegensatz zur Volcker-Ära – wegen der horrenden Schuldenberge nicht mehr auf zwanzig Prozent anheben lassen. Man sollte also vorsichtig sein, um nicht auf dem falschen Fuß erwischt zu werden!
Angemerkt sei abschließend, dass ich über die vergangenen Wochen das ein oder andere Mal darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sich an den Transport-, Schiffs- und Logistikmärkten angesichts der nun wohl abgeschlossenen Korrektur gute Kaufchancen bieten würden. Firmen wie A.P. Møller-Maersk oder Hapag-Lloyd dürften unter aller Voraussicht mit zu den größten Gewinner gehören, wenn es an deren Märkten schon bald wieder zu Turbulenzen kommen wird.
Kommentare
hat Hapag Lloyd nicht im letzten Jahr seinen Gewinn auf Kosten der Importeure verzehnfacht und ist das nicht das Unternehmen in Deutschland, was auf Grund der Tonnage-Besteuerung unter 1 Prozent Steuern auf seinen Gewinn zahlt?
Hier liegt doch das Problem. Da kann ich als kleiner Gewerbetreibender doch froh sein, dass ich auf Grund der enormen "Teuerung" der Frachtraten weniger Gewinn hatte und nur 28 Prozent an das Finanzamt zahlen musste....
Bleiben Sie gesund und halten Sie uns weiterhin auf dem Laufenden.
Schönes Wochenende!
Ich denke diese Punkte sollten auch in diesem Bericht mit einbezogen werden.