An den internationalen Ölmärkten bleibt alles beim Alten. Zumindest weisen darauf jüngste Aussagen des kuwaitischen Ölministers al-Omair hin, der gestern zum Besten gab, dass sein Land im aktuellen Umfeld „keine Marktanteile verlieren möchte“. Trotz des seit Juni letzten Jahres zu beobachtenden Preisabschwungs an den Ölmärkten habe die OPEC ihre Produktion aufrechterhalten müssen, so al-Omair weiter. Rund um den Globus sind die Öllager fast bis zum Bersten gefüllt. Von „Peak Oil“ spricht ganz plötzlich niemand mehr.

Nun, diese Aussagen decken sich mit ähnlichen Statements, die sich in letzter Zeit aus Saudi-Arabien vernehmen ließen. Und damit ist unter den wichtigsten OPEC-Mitgliedern weiterhin keine Rede davon, die eigene Produktion so stark einzuschränken, um den Ölpreisen unter die Arme zu greifen.

Düstere Aussichten für US-Fracking-Industrie

Gleichzeitig leiten sich daraus auch keine guten Aussichten für Amerikas Fracking-Industrie ab, die in den Bundesstaaten Texas und South Dakota derzeit durch Massenentlassungen von sich reden macht, die in den offiziellen Jobmarktstatistiken des US-Arbeitsministerium zuletzt auf wundersame Weise in keiner Weise Berücksichtigung fanden.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Ölpreise nach den Aussagen von al-Omair gleich wieder den Rückwärtsgang einlegten. Ohnehin wies ich Sie in vorherigen Berichten zum Thema darauf hin, dass Rohöl der Marke West Texas Intermediate (WTI) nach einem temporären Preisanstieg von etwa 30% und dem Erreichen von $54 wohl wieder nach unten abkippen würde.

Diese Vermutung, die sich anhand eines Blicks auf die charttechnische Konstellation ableiten ließ, hat sich bewahrheitet. WTI sackte im gestrigen Handel in der Spitze auf bis zu $42 pro Barrel ab, womit die Gewinne aus der temporären Erholungsrallye wieder gänzlich egalisiert wurden.

Es erweckt nicht den Eindruck, als ob auch nur irgendeine der großen Ölfördernationen im aktuellen Umfeld dazu bereit wäre, die eigene Produktion zu kürzen. Trotz einer dramatisch sinkenden Anzahl von in den USA betriebenen Oil und Gas Rigs (siehe obige Grafik) wächst die Produktion dort trotz allem weiter.

Gleichzeitig sinkt die weltweite Nachfrage weiter. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dieser Situation? Antwort: Die Rohölreserven türmen sich rund um den Globus. Laut eines neuen Berichts der EIA haben die zu kommerziellen Zwecken gelagerten Rohölreserven in den OECD-Ländern nun ein Niveau erreicht, das die OECD-Ländernachfrage für einen Zeitraum von knapp einem Monat befriedigen würde.

Nicht mehr lange, bis das ehemalige Allzeithoch erreicht sein wird. Und auch in den USA befindet sich das Gesamtvolumen des in kommerziellen Öllagern bevorrateten Rohöls (unter Ausschluss der strategischen Ölreserven) auf neuen Allzeithochs. Allein in der vergangenen Woche kletterten diese Öllagervorräte um weitere 10 Millionen Barrel, wie das amerikanische Energieministerium bekannt gab.

Um die Dinge an den internationalen Ölmärkten einmal ins rechte Licht zu rücken, fördern die USA derzeit knapp 10 Millionen Barrel Rohöl pro Tag. Wie aus dem publizierten Bericht des US-Energieministeriums hervorgeht, fügten die USA in der letzten Woche also nahezu eine Tagesproduktion an Rohöl ihren kommerziellen Öllagervorräten hinzu.

Laut EIA belaufen sich diese kommerziellen US-Öllagervorräte zum aktuellen Zeitpunkt auf 458,5 Millionen Barrel Rohöl. Dies entspricht einem Anstieg von 22% gegenüber derselben Periode des Vorjahrs. Um es mit anderen Worten auszudrücken: Ende Februar saßen die USA auf kommerziellen Öllagervorräten, die einer Angebotsperiode von fast einem ganzen Monat entsprachen.

Dies ist gleichzeitig das höchste Niveau seit den 1980iger Jahren, in denen der letzte große Ölmarktabschwung für Gemetzel und Bankrotte unter Amerikas Ölförderunternehmen sorgte. Anstelle der vielerorts und noch vor kurzer Zeit beschrieenen “Peak Oil” Theorien, werden nun plötzlich Spekulationen darüber angestellt, wann den USA die Lagerkapazitäten für Rohöl ausgehen werden.

Insbesondere die Unternehmen in diesem Geschäftsfeld werden nun Dollarzeichen in den Augen haben. Dies gilt selbstverständlich auch wieder nur insoweit, solange die zugrunde liegenden Spekulationen in dieser Richtung tendieren. Fakt ist, die Lagergebühren für Erdöl in den USA in den letzten Wochen und Monaten durch die Decke schossen.

Lage im Rest der Welt verschärft sich ebenfalls

Doch dieses Phänomen lässt sich zurzeit nicht nur in den USA beobachten. Vielmehr gilt dies nahezu für die Situation auf der ganzen Welt. Egal ob es sich dabei um karibische Staaten oder den Rotterdamer Hafen handelt. Auch in China verhält sich die Lage keineswegs anders. Im Gegenteil ist China seit Spätsommer letzten Jahres dabei, seine strategischen Ölreserven in hohen Mengen aufzustocken.

Laut offizieller Angaben Pekings sei es erklärtes Ziel, die strategischen Erdölreserven auf 600 Millionen Barrel aufzustocken, was einem Gesamtvolumen von 90 Importtagen entspräche. Das Land lässt seinen Worten Taten folgen. Allein im Dezember importierte China mit über 7 Millionen Barrel pro Tag ein neues Rekordvolumen an Erdöl.

Folge ist, dass sich auch die Lager in China bis zum Bersten füllen. Dies gilt insbesondere für die Provinz Zhejiang, in der sich neben den Tanks für die strategische Lagervorhaltung auch eine ganze Reihe durch Privatunternehmen betriebener Tanks und Lager befindet. Wie es heißt, braucht es zurzeit mehr als zwei Wochen, bis die staatlichen Raffineriebetriebe ihr Gut ausliefern können.

Doch auf der anderen Seite schwächt sich Chinas Wirtschaftswachstum immer mehr ab (es ist das schwächste Wachstum innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts), was sich natürlich auch auf die Inlandsnachfrage nach Erdöl auswirkt. Nicht nur, dass Chinas Raffineriebetriebe ihre Aktivitäten zurückfahren. Sehr wahrscheinlich ist, dass China seine strategischen Erdölkäufe demnächst ebenfalls zurückfahren wird.

Inklusive China sind die asiatischen Rohölimporte seit dem Erreichen eines neuen Hochs im Dezember bis heute bereits um 5% gesunken. Im Fall von Indien reduzierten sich die Rohölimporte im Februar gar um 20% im Vergleich mit dem Vorjahr. Auch in Japan ermäßigten sich die Einfuhren um mehr als 10%.

Diese Daten von Thompson Reuters weisen darauf hin, dass sich – solange die OPEC nicht zu Förderkürzungen bereit sein wird – die Ölschwemme an den internationalen Märkten in absehbarer Zukunft noch weiter vergrößern wird. Dies gilt insbesondere im Angesicht einer weltweit schwachen Nachfrage.

Nicht nur Fracking-Unternehmen, die nun – wie zuvor vermutet – damit beginnen, bust zu gehen, sondern auch deren Investoren stehen nun vor den Ruinen der in den vergangenen Jahren in diesem Sektor aufgetürmten Schuldenberge. Wir erinnern uns. Insbesondere von der Junkbondseite droht hier eine immense Gefahr, die kein Anleger unterschätzen sollte, da der Fracking-Boom in den USA auf dem Sand rekordniedriger Zinsen und einer entsprechend dramatisch kletternden Verschuldungsorgie im Energiesektor gebaut wurde.

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