Spätestens seitdem diese Brückenverbindung besteht, ist es kaum ein Wunder, dass findige Geschäftsleute, von denen es auf den Malediven viele gibt, die Möglichkeiten erkannt haben, die sich ihnen mittels einer Erschließung und Kommerzialisierung von Huhlu Male – wie Hulhulé im Ortsjargon genannt wird – bieten. Es folgen einige Bilder aus Male City.

 

    

    

Denn das vor der Pforte der Inselhauptstadt und nun mit Male City direkt verbundene Huhlu Male dient den betuchten Einwohnern von Male City wie auch ausländischen Touristen fortan als Ruheoase und luxuriöser Rückzugsort. Zumal jetzt auch ein direkter Zugang zur Flughafeninsel besteht.

Auf Huhlu Male sprießen Neubauten und luxuriöse Apartmentkomplexe wie Pilze aus dem Boden. Hier werden großartige Geschäfte gemacht. Denn jener Luxus, welcher der Hauptstadt Male City aufgrund des Platzmangels größtenteils verwehrt bleibt, findet sich nun auf der benachbarten und infrastrukturell angeschlossenen Insel Huhlu Male.

    

Ich habe mich am heutigen Tage mit dem maledivischen Geschäftsmann Iku zum Lunch im Beach Club von Huhlu Male verabredet. Unter der segnend heißen Mittagssonne, die jetzt fast in ihrem Zenit steht, reiht sich am ellenlangen Strand ein buntfarbener Sonnenschirm an den anderen, unter denen die Gäste sich neben kühlen Getränken hauptsächlich frische Meeresfrüchte servieren lassen.

Vom Strand und dem Meer her weht eine beständig frische Brise. Es dünkt mich, mehr über die politischen Beziehungen zwischen China und der Inselrepublik in Erfahrung zu bringen.

Iku weiß um diese Beziehungen recht gut Bescheid, schließlich ist eine seiner Schwestern eine der angesehensten Anwältinnen der Malediven, die hin und wieder auch den neuen Präsidenten in rechtlichen Dingen berät.

Ich habe mich ein wenig verspätet, eine Gepflogenheit, die unter den Inseleinwohnern in keiner Weise – wie auch in vielen anderen Ländern des globalen Südens – krumm oder übel genommen wird.

Iku hat es sich auf einem mit Kissen übersäten Strandsofa im kühlen Schatten bequem gemacht und schon einmal ein Getränk für mich mitbestellt. Ein wenig verspätet habe ich mich, da ich die Brücke der maledivisch-chinesischen Freundschaft auf einem Motorrad überquerte, von dessen Rücksitz ich die Überquerung besser fotografieren und filmen konnte.

    

Meine flüchtige Bekanntschaft mit einem Biker hat mich selbst ein wenig am Hafen von Male City warten lassen, doch auf einer Nichteinhaltung von Pünktlichkeitserwartungen basierende Probleme scheint es in diesen Gefilden der Welt schlichtweg nicht zu geben.

Nach einer herzlichen Begrüßung und ein wenig Smalltalk stelle ich Iku die Frage, wie es um die politischen Ziele, die China mit seinen Infrastrukturprojekten auf den Malediven verfolge, bestellt sei.

   

Die aktuelle Situation sei nicht einfach. Nachdem das im Norden der Malediven gelegene Sri Lanka bereits über weitläufige politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung durch China verfüge, seien die Ambitionen, die China in der südlich gelegenen Inselrepublik verfolgen mag, vor allem Indien ein großer Dorn im Auge.

In Neu-Delhi werde befürchtet, dass Peking eine Einkreisungspolitik gegenüber dem eigenen Land verfolgt, weshalb die außen- und geopolitischen Aktivitäten der Chinesen durch die Inder mit großer Aufmerksamkeit beobachtet würden. Hierbei handelt es sich um eine Aussage, die mir in zahlreichen Gesprächen zu diesem Thema durch Inder bestätigt wurde.

In jüngster Zeit hätten sich auf den Malediven Diskussionen über den potenziellen Verkauf eines gesamten Insel-Atolls an China gehäuft. Es stünde ein Betrag von $25 Milliarden im Raum. Für China ein Klacks. Für die Malediven immens viel Geld.

In Indien wüchsen indes die Befürchtungen, dass eines der nördlichsten Atolle der Malediven nur in einen weiteren Luftwaffen- und Militärstützpunkt der Chinesen im Indischen Ozean nach Vorbild der künstlich aufgeschütteten Inseln im Südchinesischen Meer umgewandelt werden könnte.

Wer das voranschreitende Seidenstraßenprojekt berücksichtige, sei durchaus dazu in der Lage, die in Indien aufkommenden Bedenken zu verstehen, die ein potenzieller Verkauf eines Malediven-Atolls an China zur Grundlage haben würde.

Immerhin sähen sich die Chinesen im Angesicht des Seidenstraßenprojekts zukünftig dazu in der Lage, viele Nationen der Region fortan nicht nur wirtschaftlich zu kontrollieren, sondern im Fall eines potenziellen Atoll-Erwerbs auch die Kontrolle über einige der wichtigsten Schiffshandelsrouten in der Welt auszuüben.

Diese Bemühungen und Aktivitäten würden nicht nur in Indien, sondern auch im Lande des großen Hegemons mit wachsender Verärgerung zur Kenntnis genommen. In den Vereinigten Staaten werde schließlich alles Erdenkliche unternommen, um gegenüber China die eigene Eindämmungspolitik fortzusetzen und zu intensivieren.

Wie es sich eigentlich kulturell verhielte, möchte ich von meinem Gesprächspartner wissen. Auf welche Art und Weise werden die Söhne des Himmels auf den Malediven betrachtet? Nun, eine Antwort auf diese Frage scheint Iku nicht schwer zu fallen.

Kulturell gäbe es zu den Chinesen kaum irgendwelche Berührungspunkte. Als größte Barriere des kommunikativen Austauschs erweise sich allein schon die Tatsache, dass die meisten auf den Malediven befindlichen Chinesen kaum über englische Sprachkenntnisse verfügten.

Ein Kommunikationsaustausch gestalte sich also per se schon als ein recht schwieriges Unterfangen. Hinzu käme, dass Chinesen häufig gerne unter sich blieben. Sie seien in ihrer Art zwar stets freundlich, doch es erweise sich als ein Ding der Unmöglichkeit, zu verstehen, was sich hinter ihrem gedanklichen Vorhang tatsächlich abspiele.

Auf den Malediven lägen die Dinge zudem auch nicht viel anders als in Indien. Man bringe den Chinesen keine sonderlich hohe Sympathie entgegen, was insbesondere daran läge, dass sie eine Art an sich hätten, die vielen Maledivern „bossig“ erscheine. Auch in diesem Punkt stimmen Ikus Ausführungen mit denen meiner indischen Gesprächspartnern überein.

Von einer maledivisch-chinesischen Freundschaft könne laut Iku keine Rede sein. Vielmehr handele es sich – wie in vielen anderen Weltregionen – um eine Beziehung, von der man sich in der Zukunft in China den Aufbau einer strategischen Partnerschaft erhoffe. Ich lasse es dabei bewenden, um über andere Dinge zu sprechen.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Ansichten dieser Art auch in Afrika, wo China in einem noch weit stärkeren Ausmaß im Bau von Infrastruktur aktiv ist, Allgemeingut sind. Ich habe derlei Statements schon sehr häufig vernommen. Auch die Afrikaner scheinen nur wenig mit den chinesischen Gepflogenheiten anzufangen, geschweige denn damit umzugehen zu wissen.

Hinter vorgehaltener Hand macht man sich in Afrika nicht selten über die Söhne des Himmels und deren Auftreten lustig, bewundert gleichzeitig aber auch deren Know-how und Baukunst, die Konstruktionsprojekte wie die maledivisch-chinesische Brücke der Freundschaft erst möglich machen.

In China werden diese Sichtweisen nur die wenigsten Beobachter kratzen. Denn solange der Rest der Welt auf China als ein Land blickt, das über üppige finanzielle Ressourcen verfügt und diese jederzeit zum Einsatz bringen kann, wird zumindest der Respekt vor dem aufstrebenden Reich der Mitte groß bleiben.

Ob dies auch noch so sein wird, wenn Chinas Schuldenblase erst einmal geplatzt sein wird, wird sich zu gegebenem Zeitpunkt zeigen. Noch streckt China seine politischen Fühler überall hin aus. Doch so richtig warm scheint es mit seinen „Partnerländern“ nicht zu werden, was sich mir auf den Malediven einmal mehr gezeigt hat.

Teil 2 und Fortsetzung des Berichtes, der am ersten Weihnachtsfeiertag erschienen ist. Eine Fortsetzung meiner Ortsberichte folgt demnächst in einem Mehrteiler: Baudzus in Afrika – In den Edelsteinminen der Taitas

Hier geht es zum ersten Teil des Berichts

 

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