Heute soll es dann also endlich so weit sein. Die durch das Weiße Haus mit Pauken und Trompeten angekündigte Unterzeichnung eines Phase1-Handelsabkommens mit China soll am heutigen Mittwoch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Vizepremierminister Liu He erfolgen.

Noch immer stellen sich viele Beobachter die Frage, welche konkreten Vereinbarungen zwischen beiden Nationen dieses Abkommen eigentlich vorsieht? Auch die Diskussionen über deren Aussichten auf Erfolg reißen berechtigterweise nicht ab.

Sonderzölle sollen mindestens bis zur Wahl aufrecht erhalten werden

Nicht nur Studien der Federal Reserve, sondern auch eine Reihe von anderen ökonomischen Studien zu diesem Thema deuten inzwischen darauf hin, dass Sonderzölle auf die Einfuhr von Industriekomponenten und anderen Produkten aus dem Reich der Mitte sich als schädlich für Amerikas Industriewettbewerbsfähigkeit und die Arbeitsplatzsituation in den USA erwiesen haben.

Gestern berichtete Bloomberg, dass die seitens der Vereinigten Staaten erhobenen Sonderzölle in einem Gesamtumfang von 360 Milliarden US-Dollar auf chinesische Wareneinfuhren mindestens bis zum Abhalten der Präsidentschaftswahlen in den USA selbst im Angesicht des am heutigen Tage zu unterzeichnenden Phase-1-Abkommens intakt bleiben sollen.

Zollabbau frühestens zehn Monate nach Unterzeichnung von Phase Eins

Ein potenzieller Rückbau dieser in den USA erhobenen Sonderzölle hänge danach voll und ganz von dem Grad, zu dem sich die chinesische Regierung an diese Teilvereinbarung halte, ab, wie es bei Bloomberg unter Bezugnahme auf Quellen im Weißen Haus weiter hieß.

Beide Seiten hätten sich darauf verständigt, dass es nicht vor einem Ablauf von zehn Monaten nach Unterzeichnung des Phase-1-Abkommens zu einer Überprüfung der Fortschritte im bilateralen Handel zwischen beiden Ländern sowie einer voraussichtlichen Reduzierung der in den USA erhobenen Sonderzölle kommen wird.

„Großartiger Deal“ verursacht hohe Kosten!

Neue Datenveröffentlichungen deuten indes darauf hin, dass die sich aus den durch Donald Trump und dem Weißen Haus vom Zaun gebrochenen Handelskriegen ableitenden Kosten weitläufiger, höher und vor allem langfristiger zu sein scheinen als einst einmal angenommen.

Selbstverständlich heißt es seitens Donald Trumps, dass es sich im Hinblick auf die heute bevorstehende Unterzeichnung des Phase-1-Abkommens mit China um einen der „größten und großartigsten“ Handelsabkommen handele, dass jemals in der Historie des Landes unterzeichnet worden sei.

Auf welche Art der Zusagen hat sich China eigentlich eingelassen und sind diese realistisch?

Allen voran wird von China erwartet, dessen Importe aus den Vereinigten Staaten über den Zeitraum der nächsten zwei Jahre um 200 Milliarden US-Dollar zu steigern. Woraus setzen sich diese potenziellen Importsteigerungen hauptsächlich zusammen?

 

 

  • Eine Importsteigerung im Bereich der Industriegüter in einem Gesamtumfang von 80 Milliarden US-Dollar.
  • Eine Importsteigerung im Bereich der Agrarprodukte in einem Gesamtumfang von 32 Milliarden US-Dollar.

  • Eine Importsteigerung im Bereich der Energieprodukte in einem Gesamtumfang von 50 Milliarden US-Dollar.

Gleichzeitig habe sich China dazu verpflichtet, seinen heimischen Finanzdienstleistungsmarkt weiter zu öffnen und zu liberalisieren. Darüber hinaus soll der Schutz geistigen Eigentums im Reich der Mitte verbessert und ein erzwungener Transfer von technologischem Know-how an chinesische Unternehmen verboten werden.

Es heißt in den nächsten zehn Monaten also erst einmal abwarten und Tee trinken. Denn die Pekinger Regierung blickt auf eine recht lange Historie von einstmals abgegebenen Reformversprechungen, die sich niemals manifestiert haben. Des Weiteren halten viele Beobachter und Ökonomen die im Phase-1-Abkommen anvisierten Importsteigerungen von Gütern aus den USA für unrealistisch.

Globales Wachstum erholt sich nur langsam vom Handelskrieg

Die Folgen des seit mehr als achtzehn Monaten anhaltenden Handelskriegs haben sich aus Sicht der globalen Wirtschaft als massive Belastung erwiesen. In der vergangenen Woche senkte die Weltbank ihren Wachstumsausblick für die Jahre 2020 und 2021 erneut, weil es im Bereich des globalen Handels zu einer langsamer als erwarteten Erholung kommen werde.

Die in den USA gegen chinesische Wareneinfuhren erhobenen Sonderzölle zielen vor allem auf eine Besteuerung von Industriegütern und -komponenten, Halbleitern sowie Maschinen und Maschinenausrüstungsgütern ab. Die Einführung von Sonderzöllen auf Konsumprodukte wie Mobiltelefone, Laptops und Kinderspielzeuge wurde im Zuge des zu unterzeichnenden Phase-1-Abkommens abgesagt.

Handelskrieg trifft US-Industrie & Kaufkraft

Wie sich zeigt, erweist sich der sino-amerikanische Handelskrieg als einer der Schlüsselfaktoren für den weitläufigen Abschwung in Amerikas Industriegewerbe, das nun bereits seit fünf Monaten in Folge schrumpft. Hinzu gesellt sich die Tatsache, dass die Güterherstellung im Produzierenden Gewerbe der USA in sieben der letzten elf Monate gesunken ist.

Im zweiten Quartal 2019 brach die Industriegüterproduktion in den Vereinigten Staaten auf annualisierter Basis um 3,3 % ein, was dem höchsten Rückgang seit dem zweiten Quartal des Finanzkrisenjahres 2009 entsprach.

Seitdem US-Präsident Trump sein ausgegebenes Ziel „Make America Great Again“ verfolgt, um Amerikas Industriesektor zu revitalisieren, haben amerikanische Unternehmen bis dato knapp 50 Milliarden US-Dollar an Sonderzöllen in den USA bezahlt.

Nicht nur die Federal Reserve, sondern auch zahlreiche Ökonomen in der Heimat sind zu dem Ergebnis gelangt, dass die in den USA erhobenen Sonderzölle sich als großes Problem aus Sicht von vielen Unternehmen in den Vereinigten Staaten erweisen.

Die zahlreichen Kritiker der Handelspolitik von US-Präsident Trump verweisen darauf, dass es aus Sicht von heimischen Unternehmen keineswegs förderlich sei, importierte Vorprodukte, die diese Firmen händeringend benötigten, um international wettbewerbsfähig zu sein, zu besteuern, um dann vorzugeben, den amerikanischen Industriesektor politisch zu unterstützen und schützen zu wollen.

Doch die meisten der nun zur Verfügung stehenden Daten deuteten klar und deutlich darauf hin, dass das exakte Gegenteil der Fall ist. Diese in den USA erhobenen Sonderzölle wirkten sich weitläufig negativ auf die heimische Industrieproduktion und die Kaufkraft der Verbraucher in den USA aus.

Stahl- und Aluminiumzölle in Phase-1-Abkommen nicht berücksichtigt!

Eine neue Studie der Federal Reserve zu diesem Thema, die kurz vor Weihnachten publiziert wurde, zeigt, dass die seit den Jahren 2018 und 2019 in den USA erhobenen Sonderzölle in diesem Zeitraum zu einem Abbau von mehr Arbeitsplätzen im heimischen Industriesektor geführt haben als neue geschaffen worden sind.

Mit ein Grund hierfür seien auch die seitens Chinas erhobenen Vergeltungszölle in einem Gesamtumfang von 100 Milliarden US-Dollar auf amerikanische Produkteinfuhren. Des Weiteren habe die Erhebung von Stahl- und Aluminiumzöllen viele Unternehmen in den USA Millionen von US-Dollars gekostet. Kritiker bemängeln, dass Stahl- und Aluminiumzölle in dem heute zu unterzeichnenden Phase-1-Teilabkommen überhaupt nicht berücksichtigt seien.

Aus einer weiteren in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie der Federal Reserve, des U.S. Census Bureaus und der Universität von Michigan geht hervor, dass heimische Industriefirmen zuletzt unter einem massiven Rückgang ihrer Exporte gelitten haben. Eine Erhebung von Importzöllen spiele somit also eine größere Rolle im Exportsektor als bislang angenommen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Selbst wenn das Phase-1-Teilabkommen zwischen den USA und China heute unterzeichnet werden sollte, so steht bislang überhaupt noch nicht fest, auf welche Weise und ob das Reich der Mitte seine in diesem Zuge deutlich erhöhten Importzusagen allein technisch betrachtet überhaupt wird einhalten können.

Des Weiteren verweist die Beibehaltung der in den USA erhobenen Sonderzölle in einem Gesamtumfang von 360 Milliarden über einen Zeitraum der nächsten zehn Monate glasklar darauf hin, dass Donald Trump und das Weiße Haus vor den am 3. November dieses Jahres abzuhaltenden Präsidentschaftswahlen gerneRuhe an der Handelsfront zu haben scheinen wollen.

China wird in den Zustand versetzt, eine Bringschuld gegenüber den Vereinigten Staaten zu erfüllen, bevor es zu einer tatsächlichen Deeskalation im sino-amerikanischen Handelskrieg kommen könne. Dass sich Peking auf dieses Spiel einzulassen scheint, zeigt, wie sehr die politische Führung des Landes in der Heimat mittlerweile selbst unter Druck zu stehen scheint.

Lassen Sie in Handelssachen nach wie vor Vorsicht walten, denn es muss aus heutiger Sicht damit gerechnet werden, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China – vor allem im Angesicht einer nur sehr schwammig formulierten Teilvereinbarung – jederzeit wieder aufbrechen kann. Dies gilt vor allem für die Zeit nach den Präsidentschaftswahlen in den USA und einer potenziellen Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump.

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