Vielmehr sind es russische Patrioten, die Putins ausweichende Taktik gegenüber Washingtons nicht enden wollenden Beleidigungen und militärischen Provokationen leid sind. Russische Patrioten wollen keinen Krieg, doch sie wollen auch nicht länger dabei zusehen, wie die Ehre ihres Landes beständig in den Schmutz gezogen wird.

Diese Leute sind der Ansicht, dass Putin in seinem Amt versagt. Manche Mitglieder dieser Gruppe behaupten gar, dass Putin selbst ein sich dem Westen anbiedernder Atlantischer Integrationist sei.

Diese sich im Hinblick auf Putin breit machende Desillusion, Hand in Hand gehend mit Putins getroffener Entscheidung, das Renteneintrittsalter anzuheben – eine aus meiner Sicht durch Russlands neoliberale Ökonomen gestellte Falle – haben Putins Zustimmungswerte just zu eben jenem Zeitpunkt beschädigt, zu dem er ein weiteres Mal durch Washington in Syrien getestet und herausgefordert wird.

In vielen meiner Kolumnen hatte ich Putin gegen Vorwürfe verteidigt, die zum Inhalt hatten, dass Russlands Staatspräsident nicht in ausreichendem Maße russisch denke und handele. Putin will den Ausbruch eines Krieges vermeiden, weil er sich darüber bewusst ist, dass ein solcher Krieg nuklear ausgetragen würde.

Die daraus resultierenden Konsequenzen wären furchtbar. Ferner ist sich Putin darüber bewusst, dass die Vereinigten Staaten und deren militärisch impotente NATO-Verbündete keinen konventionellen Krieg gegen Russland oder China führen könnten. Diese Wahrscheinlichkeit reduziert sich noch stärker, falls es zu einem Krieg gegen beide Staaten kommen sollte.

Putin weiß auch, dass die durch die USA gegen sein Land verhängten Sanktionen Washingtons europäischen Vasallen Schaden zufügen. Letzten Endes könnten sich Amerikas europäische Vasallenstaaten dazu gezwungen sehen, sich von der Bevormundung und Vorherrschaft Washingtons loszusagen und unabhängig zu machen.

Selbst unter Berücksichtigung von Russlands neuen Superwaffen, die Putin möglicherweise die Fähigkeit in die Hände spielen, den gesamten Westen ohne große Schäden in der Heimat zu zerstören, scheint Putin keinen Sinn in einer solchen Zerstörung zu sehen. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass die daraus resultierenden Konsequenzen unabsehbar wären.

Es könnte zu einem nuklearen Winter oder ähnlichen Resultaten kommen, die unseren Planeten unbewohnbar machen würden. Ich war in meinen Kolumnen zu Russland stets der Ansicht, dass Putin weise und intelligent handelt. Immerhin befindet er sich nun schon seit langer Zeit im Amt, einen Beitrag dazu leistend, unsere Welt vor dem Ausbruch eines großen Krieges bewahrt zu haben.

Obwohl ich Putins Strategie für richtig halte und ihn für seine an den Tag gelegte Coolness und seine Fähigkeit, die eigenen Emotionen stets im Griff zu haben, bewundere, gibt es trotz allem ein Problem. Die Politiker im Westen, mit denen Putin verhandelt, sind größtenteils von einem anderen Kaliber. Diese Personen haben keinerlei Respekt vor Putins Staatsmännigkeit.

Konsequenterweise wird seitens des Westens immer noch eine Schippe der Beleidigungen und Provokationen oben drauf gelegt, wenn Putin ihnen seine Wange hinhält. Blicken wir nach Syrien. Die syrische Armee hat es mit Unterstützung eines recht kleinen Teils der russischen Luftwaffe geschafft, nahezu alle syrischen Regionen (von Extremisten) zu säubern.

Es verbleibt zum aktuellen Zeitpunkt nur noch eine durch Amerika aus der Taufe gehobene und mit finanziellen Mitteln und Waffen aufgepäppelte Kraft im Land, die Washington einst zum Sturz der syrischen Regierung auserkoren hatte. Diese verbleibende Stellvertreterkraft der USA blickt nun ihrer Auslöschung entgegen.

Um diese Stellvertreterkraft in Syrien vor einer kompletten Eliminierung zu bewahren, und um Washington auch weiterhin einen Stützpunkt in Syrien zu sichern, von dem aus sich der Krieg in Syrien abermals anheizen ließe, scheint Washington vorbehaltlich schon einmal eine weitere „False Flag“ Operation in Form einer „Chemieattacke“ vorbereitet zu haben, für die die korrupten westlichen Konzernmedien dann al-Assad verantwortlich machen werden.

Präsident Trumps Nationaler Sicherheitsberater, ein wirrer, vielleicht gar irrer Neocon, hat Russland bereits mitgeteilt, dass Washington zornig auf einen Einsatz von Chemiewaffen durch Syrien und Russland gegen „al-Assads eigene Bevölkerung“ reagieren wird. In Russland ist man sich vollauf darüber bewusst, dass jedwede Chemiewaffenattacke eine durch Washington orchestrierte „False Flag“ Attacke sein wird.

All jene Elemente, die Washington einst nach Syrien entsandte, um die syrische Regierung vom Thron zu stoßen, dürften hierbei abermals eine Rolle spielen. Und in der Tat setzte der russische Botschafter in Washington der US-Regierung all jene Dinge vor wenigen Tagen auseinander.

Es lässt sich davon ausgehen, dass Putin darauf hofft, einem möglicherweise durch Washington orchestrierten Chemiewaffenangriff zuvor zu kommen, indem der russische Botschafter in den USA Offiziellen der US-Regierung eine solch potenzielle Orchestration im Detail erklärt und auseinander setzt.

Eine solche Strategie setzt voraus, dass Putin an die Fähigkeit zur Schamhaftigkeit und Integrität unter Regierungsoffiziellen in den Vereinigten Staaten glaubt. Ich bin des Glaubens, dass Putin sich in diesem Fall irrt. Schließlich habe ich ein Vierteljahrhundert mit diesen Personen verbracht. Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass diese Leute noch nicht einmal wissen, was diese Begriffe bedeuten.

Was wäre anstelle dessen geschehen, wenn Putin vor der ganzen Welt öffentlich erklärt hätte, dass jedwede Kräfte – aus welchen Reihen auch immer und wo immer lokalisiert –, die sich in Syrien einer Chemiewaffenattacke schuldig machen, vernichtet werden?

Meine persönliche Sichtweisewie auch die Sichtweise des russischen Patrioten Bogdasarow ist es, dass ein solches Ultimatum durch den Führer jenes Landes, das sich als fähig erweist, auf eine solche Erklärung auch entsprechend zu antworten, die russophoben Hitzköpfe in Washington abgekühlt hätte. Es würde von vornherein zu keiner Attacke auf Syrien kommen.

Bogdasarow und ich könnten gewiss falsch liegen. Die russischen Streitkräfte in Syrien sind mit ihren hypersonischen Waffensystemen mehr als nur ein gleichwertiger Gegner im Hinblick auf die für einen Angriff auf Syrien in Syrien versammelten und stationierten Streitkräfte Amerikas.

Wie auch immer, Amerikas Hybris kann gewiss über harte Fakten obsiegen. In diesem Fall müsste Putin die Quellen einer solchen Attacke zerstören. Indem er dies nicht im Vornherein zugibt, wahrt Putin Flexibilität. Washingtons potenzieller Angriff, wie auch dessen vorherige Attacke auf Syrien, könnte sich als gesichtswahrendes Element – und nicht als reale Attacke – erweisen.

Nichtsdestotrotz wird Russland früher oder später eine harschere Antwort auf Provokationen liefern müssen. Ich selbst bin Amerikaner. Ich bin kein Russe, und noch weitaus weniger ein russischer Nationalist. Was ich aber nicht möchte, ist, dass US-Soldaten zu Opfern des fatalen Versuchs zur Erlangung der Welthegemonie durch Washington werden.

Noch weniger möchte ich, dass US-Soldaten zu Opfern der Interessenbedienung Israels durch Washington im Mittleren Osten werden. Grund, weshalb ich glaube, dass Putin einen besseren Job im Hinblick auf hartnäckigen Widerstand gegenüber Washington machen muss, ist, dass Beschwichtigungen aus historischer Sicht nur zu weiteren Provokationen ermutigt haben.

Letztendlich kommt irgendwann der Zeitpunkt, zu dem sich nur noch zwei Optionen auftun: Aufgabe oder Kampf. Es ist weitaus klüger, diesen Prozess von Anbeginn zu stoppen, bevor ein kritischer Punkt erreicht wird. Andrei Martyanov, dessen Buch ich jüngst auf meiner Seite rezensiert habe, nahm Putin vor Kurzem in Schutz vor Vorwürfen, laut denen Putin sich im Angesicht endloser Attacken des Westens zu passiv verhalte.

Da ich dieselbe Sichtweise vertrete, kann ich Martyanov und auch The Saker nur gratulieren. Vielleicht unterscheiden wir uns in der Wahrnehmung, dass die Akzeptanz von endlosen Beleidigungen und Provokationen nur zu einem Mehr desselben ermutigt, bis es letztlich zum besagten kritischen Punkt einer Unterwerfung oder eines Kriegsausbruchs kommen wird.

Die Frage, die sich aus Sicht von Andrei Martyanov, The Saker, Putin und der russischen Regierung stellt, lautet: Wie lange wird das Hinhalten der anderen Wange noch funktionieren? Hält man dem Gegner seine andere Wange so lange hin, bis es zu einer Neutralisierung des eigenen Vorteils mittels einer Konfrontation durch den Gegner kommt?

Hält man dem Gegner seine andere Wange so lange hin, bis es zu einem Verlust der Unterstützung durch den patriotischen Teil der Bevölkerung kommt, weil die Ehre des eigenen Landes nicht verteidigt wurde? Hält man dem Gegner seine andere Wange so lange hin, bis man sich schließlich in einen Krieg oder in eine Unterwerfung gezwungen sieht?

Hält man dem Gegner die andere Wange so lange hin, bis es zum potenziellen Ausbruch eines Nuklearkriegs kommt? Ich denke, dass sowohl Martyanov als auch The Saker meine Fragen für berechtigt halten werden. Beide führen in ihren hoch informativen Publikationen mit Nachdruck aus, dass Hofhistoriker Kriege im Interesse der Sieger kausal verdrehen.

Lassen Sie uns hierüber einen kurzen Moment nachdenken. Sowohl Napoleon als auch Hitler befanden sich jeweils auf ihrem Höhepunkt, auf eine Zeit ihrer größten Erfolge blickend, die nicht durch militärische Niederlagen getrübt waren. Daraufhin marschierten beide in Russland ein, um einer vollumfänglichen Zerstörung anheim zu fallen. Warum taten sie es? Sie taten es, weil deren vorherige Erfolge sie blind für ihre eigene maßlose Arroganz und Hybris gemacht hatten.

Unter beiden Staatsmännern herrschte der Glaube an die eigene „Außergewöhnlichkeit“ vor, derselbe gefährliche Wortbegriff, in dem sich nun auch Washingtons unbeirrbarer Glaube an eine globale Vorherrschaft und Welthegemonie widerspiegelt. Zionistische Neokonservative, die in Washington die politische Macht ausüben, sind dazu fähig, denselben Fehler zu begehen, den zuvor schon Napoleon und Hitler begangen haben.

Es herrscht der fatale Glaube an „das Ende der Geschichte“ vor, und somit ein Glaube, der den Kollaps der Sowjetunion in einer Weise interpretiert, nach der die Historie Amerika als alleiniges Modell für die Zukunft auserkoren habe. Die Hybris der Washingtoner Machthaber übertrifft in ihrer Art noch jene Napoleons und Hitlers.

Wer sich mit einer solch fehl geleiteten und ideologischen Kraft konfrontiert sieht, muss sich selbst die Frage stellen, ob es sich als ausreichend erweisen wird, dem Gegner auch noch die andere Wange hinzuhalten, oder ob diese Art der Reaktion nicht zu noch mehr Provokation ermutigt und einlädt? Diese Frage muss sich die russische Regierung heute stellen.

Vielleicht wird die russische Regierung die Bedeutung der orchestrierten Lobpreisungen auf John McCain verstehen und richtig deuten. Es ist kein Normalfall, dass ein US-Senator in dieser Art und Weise nach seinem Ableben lobgepreist wird. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um jemanden mit einem solch durchschnittlichen Lebenslauf handelt.

Worauf in Washington gerade Loblieder gesungen werden, ist McCains Hass auf Russland und dessen persönliche Erfolgsbilanz als amerikanischer Kriegstreiber. Worauf in Washington gerade Loblieder gesungen werden, ist die eigene Entschlossenheit zum Krieg.

Gastbeitrag für CK*Wirtschaftsfacts / © 2018 Dr. Paul Craig Roberts / Institute for Political Economy

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