Mittlerweile scheint unter den OPEC-Ländern die Erkenntnis zu wachsen, dass die jüngst beschlossene Förderkürzungsverlängerung in Höhe von 1,8 Millionen Fass pro Tag nicht ausreichen wird, um die globalen Rohölpreise langfristig zu stabilisieren.

Interne Streitigkeiten erschweren OPEC radikalere Förderkürzungen

Seitdem Saudi-Arabien zu erkennen gegeben hat, darüber hinaus mehr tun zu wollen, um das Rohölangebot zu verknappen, sind die Ölpreise in eine neue Rallyephase eingetreten. In diesem Hinblick scheint man sich der Empfehlung von Goldman Sachs angenommen zu haben.

Wie ich berichtete, forderte Goldman die OPEC-Staaten unter Führung Saudi-Arabiens dazu auf, den Marktakteuren eine „Shock and Awe“ Therapie zu verpassen, indem noch radikalere Förderkürzungen verabschiedet werden. Natürlich ist das alles nicht so einfach.

Denn schon innerhalb der OPEC ist der Zwist unter den führenden Nationen groß. Dies hat seine berechtigten Gründe. Der OPEC-Zusammenschluss bildet schließlich kein homogenes Konstrukt, das sich auf ein Ölpreisziel einigt, das allen Mitgliedern zugutekommt.

Profitabilitätsgrenze der Förderländer sehr unterschiedlich

Dies zeigt sich allein daran, dass das weltweit siebtgrößte Förderland Venezuela einen Ölpreis von rund $100 benötigt, um gewinnbringend produzieren zu können. Dahingegen sieht sich Saudi-Arabien dazu in  der Lage, selbst zu einem Spotpreis von $25 pro Fass noch profitabel zu fördern.

Dass der Iran einerseits und der Irak andererseits darüber hinaus ihre ganz eigenen politischen und ökonomischen Interessen verfolgen, ist selbstredend. Diese Interessen – von Libyen und Nigeria einmal ganz abgesehen – unter einen Hut zu bekommen, erweist sich bereits als enorm herausfordernde Aufgabe.

Geht es dann noch darum, auch das zweitgrößte Förderland Russland mit an den Tisch zu bekommen, muss es schon zu einem Kaleidoskop von Zugeständnissen und Kompromissen kommen, um sich auf eine Linie zu einigen.

Ölpreisabsturz führt zu massiven Budgetproblemen

Alles wäre zudem einfacher, wenn selbst Länder wie Saudi-Arabien oder die UAE den Ölpreisabsturz nicht derart deutlich zu spüren bekämen. Über das massive Budgetloch der Saudis hatte ich ein ums andere Mal berichtet. Auch in den UAE, wo ich mich die letzten Wochen über aufhielt, ist nicht mehr alles Gold, was glänzt.

Einerseits sind viele Bauprojekte zum Erliegen gekommen. Am markantesten hatte ich diese Entwicklung unter anderem auf Al Reem Island in Abu Dhabi beobachten können. Andererseits führen die UAE zu Beginn nächsten Jahres erstmals in der Geschichte des Landes eine Mehrwertsteuer ein.

Gleichzeitig hatten sich die Preise für Tabakprodukte zuletzt um 100% erhöht, während Softdrinks über Nacht um 50% im Preis kletterten. Doch dazu bald mehr in einem gesonderten Vorort-Bericht.

Amerikas Fracking-Industrie vor einer weiteren Investitionswelle

Dass es einen Player auf der Welt gibt, welcher der OPEC permanent in die Fördersuppe zu spucken droht, hatte ich Ihnen ebenfalls in der Vergangenheit mehrfach ausgeführt. Namentlich handelt es sich dabei um die Vereinigten Staaten von Amerika.

Es war Total-Chef Patrick Pouyanne, der in der vergangenen Woche im Rahmen der Londoner Konferenz „Oil & Money“ erklärt hatte, dass Amerikas Fracking-Industrie vor einer weiteren Investitionswelle stünde. Hauptgrund hierfür sei, dass die meisten Produzenten nicht so bald mit fallenden Ölpreisen rechneten.

Hinzu käme, so Pouyanne, dass bei Total mit einer deutlich anziehenden Weltrohölnachfrage im laufenden Jahr gerechnet werde. In diesem Zuge werde sich die globale Ölnachfrage in 2017 um 1,6 Millionen Fass pro Tag steigern.

In den USA sicherten sich Fracking-Produzenten momentan wie wild zu rund $56 pro Fass ab, was Pouyanne als Zeichen für eine neue Investitionswelle im Rohölsektor interpretierte. Nach dem im Jahr 2014 beginnenden Verfall der globalen Ölpreise waren auch die Investitionen massiv eingebrochen.

Nach 2020 möglicherweise Angebotsengpass aufgrund geringer Investitionen in der Vergangenheit

Neue Projekte wurden in vielen Fällen auf Eis gelegt oder erst gar nicht mehr angegangen worden. Trotz der seit Beginn des Jahres 2016 einsetzenden und nach wie vor anhaltenden Ölpreiserholung könnte es aus diesem Grunde nach dem Jahr 2020 zu einem globalen Ölangebotsengpass kommen, so Pouyanne.

Laut Pouyanne sei die Quote der finalen Investitionsentscheidungen sowohl auf dem Gebiet der Exploration als auch der Produktion seit 2015 in einem zu hohen Ausmaß geschrumpft. Es brauche jedoch einige Zeit, um neue Kapazitäten an die Märkte zu bringen.

Kooperation der Saudis mit Russland ist für Überraschungen gut

Dass die OPEC unter Führung Saudi-Arabiens dazu bereit zu sein scheint, mit Russland und anderen Nicht-OPEC-Förderstaaten weiter zu kooperieren und zusammen zu arbeiten, hatte der jüngste Besuch des saudischen Königs in Moskau gezeigt.

Sehr wahrscheinlich wird es zu einer abermaligen Verlängerung der bis dato beschlossenen Förderkürzungen über das Jahr 2018 hinaus kommen – wenn nicht gar eine noch weit größere Ankündigung in der Pipeline stecken sollte.

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