Die internationalen Finanzmärkte schon zuvor auf zusätzliche Zinsanhebungen einstimmend, ist es in der letzten Woche aus Sicht von vielen Akteure dann jedoch trotzdem zu einem recht überraschenden Zinsschritt der Bank of Russia gekommen, der mit einer Zinserhöhung von 75 Basispunkten oder 0,75 Prozentpunkten verbunden war.

Bank of Russia hält an vorrangigem Ziel der heimischen Inflationsbekämpfung fest

Bereits über die vergangenen Wochen und Monate hatte die russische Zentralbank deutlich gemacht, dazu bereit zu sein, eine sich hartnäckig haltende Inflation in der Heimat mit allen Mitteln bekämpfen zu wollen.

Anders als in den Vereinigten Staaten, wo Fed-Chef Jerome (Powell) Danger trotz gegenläufiger Beobachtungen noch immer darauf beharrt, es nur mit einer temporären Inflation in den USA zu tun zu haben, gesteht die russische Zentralbank ein, einer Entwicklung an der Inflationsfront ins Auge zu blicken, die alles andere als temporär sei.

In vielen Teilen des Rests der Welt sieht das momentan keineswegs anders aus, da es neben abhebenden Energie- und Rohstoffpreisen aus Perspektive vieler Schwellenländer vor allem die Lebensmittelpreise sind, deren Zunahme den Bevölkerungen dieser Länder inzwischen enorme finanzielle Probleme bereiten (blicken Sie beispielsweise nur in die Türkei).

Erinnerungen an den Arabischen Frühling

Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang zurück an das Jahr 2011, in dem sich letztmals solche Beobachtungen tätigen ließen. Damals leiteten auf neue Rekordhochs schießende Agrar- und Lebensmittelpreise unter anderem den sogenannten Arabischen Frühling mit ein, in dessen Zuge es zu politischen Umwälzungen und sogar Regierungsstürzen in Nordafrika gekommen war.

Dass die Bank of Russia ihren Leitzins seit Beginn des Zinsanhebungszyklus´ jetzt bereits zum sechsten Mal erhöht hat – und dann gleich abermals um 75 Basispunkte – auf nunmehr 7,5 Prozent sagt nicht nur eine ganze Menge darüber aus, wie eine anziehende Inflation in der Russischen Föderation (im Gegensatz zu den westlichen Industrieländern) bekämpft werden soll, sondern deutet einmal mehr auf eine autarke –und aus dem Koordinationsreigen unter anderen Notenbanken heraustretenden – Entscheidungsfindung hin.

Zuletzt hatte ich berichtet, dass eine seit dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise zwischen den großen Notenbanken koordiniert verlaufende Geldpolitik im Angesicht der aktuellen Krisen in einem immer stärkeren Ausmaß voneinander abzuweichen und sich zu entzweien scheint.

Japan hat keine Lust mehr auf Abenomics

Selbst in Japan deutet mittlerweile einiges darauf hin, dass die Bank of Japan den Höhepunkt ihrer elektronischen Gelderzeugungsorgie überschritten haben könnte, während der neue japanische Premierminister Fumio Kishida in aller Öffentlichkeit einer baldigen Abkehr vom Neoliberalismus huldigt, um Abenomics im selben Atemzug für gescheitert zu erklären.

Auf die russische Notenbank zurückkommend, so hatte Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina bereits angesichts einer Zinserhöhung um einhundert Basispunkte Ende Juli dieses Jahres davor gewarnt, dass ihre Institution unter Berücksichtigung einer hartnäckig hohen Inflation äußerst wachsam bleiben werde, um den russischen Leitzins notfalls auch weiter anzuheben.

Zu einem eben solchen Schritt war es in der vergangenen Woche gekommen, während Elvira Nabiullina trotz eines inzwischen auf 7,5 Prozent angehobenen Leitzinses die Tür für weitere Zinsanhebungen in Russland auch weiterhin sperrangelweit offen ließ.

Zukünftige Inflationserwartungen im Blickfeld der Bank of Russia

In der oben verlinkten Erklärung der Bank of Russia hieß es hierzu weiter, dass sich die russische Zentralbank nicht einmal so sehr um die aktuelle Inflationsrate in der Heimat besorgt zeige, sondern dass die Institution noch viel mehr ein aufmerksames Augenmerk auf die zukünftigen Inflationserwartungen legen würde.

Darüber hinaus bewege sich die aktuelle Inflation in der Russischen Föderation momentan auf einem Niveau, welches ehedem angestellte Prognosen übertroffen habe. Der rigide Zinsschritt hatte eine Menge Marktakteure trotz der allgemein vorherrschenden Erwartungen an eine Zinserhöhung um 25 bis fünfzig Basispunkte auf dem falschen Fuß erwischt.

Seit Mitte März, dem Beginn des Zinsanhebungszyklus´ der Bank of Russia, ist der russische Leitzins von damals 4,25 Prozent inzwischen um 325 Basispunkte auf 7,5 Prozent gestiegen. An den internationalen Finanzmärkten wird davon ausgegangen, dass die Bank of Russia in Bezug auf ihre Entscheidungen die volle Rückendeckung von Staatspräsident Wladimir Putin zu haben scheint.

Putin weiß um die mit Inflation einhergehenden Gefahren

Denn auch im Moskauer Kreml dürfte eine Bekämpfung der heimischen Inflation mit ganz oben auf der ökonomischen Agenda stehen, da vermieden werden soll, dass sich eine aufgrund von auf breiter Front steigenden Preisen zunehmend frustrierte Bevölkerung gegen die eigene Herrschaftsklasse richtet.

Es sind allen voran die Agrar- und Lebensmittelpreise, die in der Russischen Föderation mit Einverständnis der Moskauer Kreml-Regierung augenscheinlich in Schach gehalten werden sollen. Immerhin kletterte die Lebensmittelinflation in der Russischen Föderation im Monat September auf annualisierter Basis um 9,2 Prozent.

Bereits im Monat August hatte die Lebensmittelinflation in der Russischen Föderation auf Jahresbasis um 7,7 Prozent zugelegt. Es sind insbesondere die Preise für Gemüse und Früchte, die über den Sommer die mit stärksten Preisanstiege im Lebensmittelbereich verzeichneten.

Laut Notenbank-Chefin Elvira Nabiullina beobachte die Bank of Russia vor allem die Entwicklung der Milch-, Fleisch- und Gemüsepreise in der Heimat, da es sich hierbei um die mit wichtigsten Posten unter Berücksichtigung des alltäglichen Konsums handele.

Zukünftige Inflationserwartungen in Russland schon jetzt zu hoch

Deren Gewichtung im Verbraucherpreisindex sei zwar anteilig überschaubar, was jedoch nichts daran ändere, dass diese Posten eine tragende Rolle bezüglich der zukünftigen Inflationserwartungen spielten. Kletterten diese Produkte beständig im Preis, müsse damit gerechnet werden, dass die Bürger und Marktakteure auch in anderen Produktbereichen mit weiter anziehenden Preisen rechneten.

Wie Elvira Nabiullina ergänzte, seien die zukünftigen Inflationserwartungen in der Russischen Föderation bereits zum aktuellen Zeitpunkt zu hoch. Im September lag die durchschnittliche Inflationsrate in Russland bei 7,4 Prozent. Im Vormonat wurde hingegen noch ein Wert von 6,7 Prozent gemessen.

Auf Basis von vorläufigen Schätzungen soll die allgemeine Inflation in Russland im Oktober zusätzlich auf bis zu 7,8 Prozent angezogen sein, was, wie die Bank of Russia in ihrer veröffentlichten Erklärung mitteilte, nach wie vor die falsche Richtung sei. Trotz der über die letzten Monate erfolgten Zinsanhebungsschritte habe sich der Inflationsdruck noch nicht auf eine adäquate Weise minimiert.

Trotz der Zinsanhebungen hat sich der Inflationsdruck noch nicht minimiert

Würde es erst einmal zum Einsetzen von Zweitrundeneffekten kommen, sei damit zu rechnen, dass sich eine Bekämpfung der heimischen Inflation als noch schwieriger gestalten könnte. Mit ein Grund hierfür scheint zu sein, dass die heimische Nachfrage in vielerlei Bereichen nach wie vor die Produktionserweiterungskapazitäten übertrifft.

In diesem Hinblick steht die Russische Föderation auf der Welt gewiss nicht allein auf weiter Flur. Vielen Unternehmen wird es auf diese Weise erleichtert, ihre steigenden Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, was rund um den Globus mittlerweile zu teils signifikant anziehenden Preisen geführt hat.

Federal Reserve Bank scheint die Inflationsentwicklung kaum zu jucken

Anders als die Bank of Russia scheint es die Federal Reserve Bank in den Vereinigten Staaten bislang kaum zu jucken, dass die Preise in den USA auf breiter Front auf eben jene Weise – wie in der Russischen Föderation oder vielen Teilen des Rests der Welt – abheben.

Dabei legen auch insbesondere die zukünftigen Inflationserwartungen in den USA auf eine deutliche Weise zu, was nicht nur der Fed, sondern jeder Zentralbank rund um den Globus, eine Warnung sein sollte, es unter Umständen mit einer Inflationsentwicklung zu tun zu bekommen, die sich ab einem bestimmten Zeitpunkt verselbständigen könnte.

Während die Bank of Russia ihren Leitzins inzwischen in etwa auf das Niveau der offiziellen Inflationsrate im Land angehoben hat, wodurch Stimulierungsanreize eingeschränkt werden, scheint die Federal Reserve Bank keinerlei Eile dabei zu haben, den eigenen Leitzins an die offiziell ausgewiesene Inflation in den USA anzupassen.

Fed nach wie vor auf dem geldpolitischen Gaspedal

Noch immer pumpt die Fed zudem auch 120 Milliarden US-Dollar in Form von Bond- und Anleihekäufen in die heimischen Finanzmärkte, woran sich ab November etwas ändern könnte, wenn dieses QE-Programm in monatlichen Trippelschritten bis Mitte nächsten Jahres auf null sinken und auslaufen sollte.

Sie erkennen es vielleicht an meiner Schreibweise, dass ich meine berechtigten Bedenken und Zweifel im Hinblick auf die Prognosefähigkeit zum Verhalten der Fed ins Feld führe. Denn den Offenmarktausschuss der Fed kümmert es schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht, dass die kurzfristigen Zinsen bei nahe null Prozent verharren, während die offiziell in den Vereinigten Staaten ausgewiesene Inflation laut den führenden CPIs bei zwischen 5,4 und 5,9 Prozent liegt.

Korruption und inoffizielle US-Inflation schüren Zweifel an der Fed

Inoffizielle Schätzungen gehen hingegen noch von einer deutlich höheren Inflation in den Vereinigten Staaten aus, die aktuell im Bereich von zwölf bis 15 liegen soll. Es ist vor allem die Mittelklasse, oder besser gesagt die hiervon verbliebenen Reste, die durch Inflation mit am härtesten getroffen wird. Allgemein gilt, dass die Kaufkraft der Währung sinkt.

Festhalten lässt sich, dass eine aufgrund von Frontrunning- und Insiderhandelsaktivitäten unter den Mitgliedern des Offenmarktausschusses ohnehin bereits vielerorts skeptisch beäugte Federal Reserve Bank unter einen zunehmenden Beschuss durch die Bevölkerung zu kommen droht, falls deren geldpolitische Führung nicht bald Bereitschaft zu einem Umsteuern zeigen sollte.

Wladimir Putin versteht diesen drohenden und wie ein Damoklesschwert über Regierungen und Notenbanken schwebenden Aspekt wohl besser als die politischen und geldpolitischen Entscheider und Verantwortlichen in den Vereinigten Staaten und in der Eurozone.

Trotz des in der Russischen Föderation seit März anhaltenden Zinsanhebungszyklus´ läuft die Bank of Russia der Inflationsentwicklung in der Heimat noch immer hinterher. Stelle sich nun jedermann einmal vor, wie sich die Dinge aus Sicht in den USA entwickeln könnten, wo die Federal Reserve Bank noch überhaupt nichts getan oder in Sachen Inflationsbekämpfung unternommen hat und weiter ihr Narrativ über eine nur temporär anhaltende Inflation verbreitet und unter die Leute bringt, was allerdings kaum mehr jemand zu glauben bereit ist.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Wahrscheinlich aus diesem Grund, und in Antizipation der selbst gebastelten Mausefalle, in der sich die Federal Reserve Bank – oder auch die EZB - befindet, hatte Mr. „The Big Short“ Michael Burry bereits Ende Februar davor gewarnt, dass es in den USA zum Ausbruch einer Hyperinflation kommen werde.

Hingehört, denn gestern hat Twitter-Chef Jack Dorsey in dasselbe Horn geblasen, öffentlich vor einer globalen Hyperinflation warnend. Eine solch potenzielle Hyperinflation dürfte in manchen (weniger schwer verschuldeten) Nationen weniger schwer und in anderen Nationen über alle Maßen vernichtend ausfallen.

Aus der Historie ist bekannt, dass Bevölkerungen auf eine solche Weise in der Breite massiv getroffen und erschüttert worden sind, da rund neunzig Prozent aller Menschen in einer solchen Phase angesichts eines Währungszusammenbruchs alles zu verlieren drohen.

Sollten es die offiziellen Pläne vorsehen, sich mittels einer Hyperinflation Hunderten von Billionen US-Dollars an Schulden im Gesamtsystem entledigen zu wollen, um danach mittels einer (Digital-)Währungsreform nach Enteignung unzähliger Menschen den erforderlichen Reformschnitt zu tätigen, so sei gesagt, dass sich hieran anschließend wahrscheinlich nicht einfach mal so zur Tagesordnung übergehen lassen würde.

Denn eine Enteignung in einem solchen Ausmaß und das damit verbundene Elend lassen vielmehr darauf schließen, dass es in einer potenziellen Hyperinflationsphase zu schwerwiegenden Unruhen, Umstürzen, Turbulenzen und gesellschaftlichen Verwerfungen kommen dürfte, wie dies schon so oft in der Geschichte der Fall gewesen ist.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass Alisdair MacLeod in seinen beiden Beiträgen zur geldpolitischen Historie aus dem Oktober 2020 ebenfalls der Ansicht gewesen ist, dass eine galoppierende Inflation, hernach in eine Hyperinflation übergehend, aus damaliger Sicht kurz bevorstünde. An dieser Stelle sei nochmals auf diese beiden Beiträge aufmerksam gemacht.

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