Chinas Junkbondmärkte unter Druck

Wer in die Volksrepublik China blickt, könnte auf den Gedanken kommen, dass der Ausbruch einer neuen Finanzkrise vielleicht nicht mehr allzu fern in der Zukunft liegen mag, nachdem die finanzielle Schieflage und die damit verbundenen Anleiheprobleme der Firma Evergrande inzwischen auf weitere Bereiche, allen voran Chinas Junkbondmärkte, übergesprungen sind.

Investoren und Spekulanten rund um den Globus scheinen dem Braten nicht mehr so richtig über den Weg zu trauen, was zur Folge hat, dass sich der Kapitalabzug aus den chinesischen Bond- und Anleihemärkten im Verlauf der vergangenen Tage intensiviert hat.

Wie dem auch sei, es wird abzuwarten bleiben, auf welche Weise die Pekinger Staatsführung auf die finanziellen Verwerfungen an den heimischen Finanz- und Kapitalmärkten reagieren wird. Bislang zeichnen sich, anders als im Fall der finanziell angeschlagenen Huarong Group zuvor, (noch) keine staatlichen Interventionen Pekings zugunsten von Evergrande ab.

Russische Zentralbank warnt vor neuer Finanzkrise

Bei der russischen Zentralbank scheint man sich momentan ebenfalls mit der allgemeinen Stabilität an den internationalen Finanzmärkten zu beschäftigen, davor warnend, dass der Ausbruch einer neuen Finanzkrise spätestens im Jahr 2023 Realität werden könnte.

Die Welt könnte ein ähnliches Finanzdesaster wie in den Jahren 2008 und 2009 erleben, was insbesondere all den Problemen geschuldet sei, die sich über die letzten achtzehn Monate an den internationalen Märkten aufgebaut hätten.

Heißt also in der Übersetzung, dass die rücksichtslose Flutung der globalen Finanzmärkte durch die Notenbanken im Angesicht der Covid-Krise ihre Spuren hinterlassen und unter aller Voraussicht schwerwiegende Folgeprobleme verursachen werden.

Mal ganz ehrlich, bei Licht besehen hat die Finanz- und Bankenkrise in den Jahren 2007 bis 2010 eigentlich niemals wirklich aufgehört. Regierungen und Zentralbanken haben seitdem nichts anderes getan, als frisches Geld am elektronischen Fließband zu erzeugen, um Banken und Finanzmärkte über viele Jahre mit überschüssiger Liquidität zu versorgen.

Staatliche Bailouts als Dauerthema

Staatliche Bailouts sind über die vergangenen Jahre darüber hinaus zu einem Dauerthema avanciert, wodurch der Pfad für Sozialisierungen und Verstaatlichungen von ganzen Industrie- und Wirtschaftszweigen geebnet worden ist.

Wenn George W. Bush auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise einst erklärte, die Mechanismen der Marktwirtschaft ausgesetzt und temporär suspendiert zu haben, um die Marktwirtschaft „zu retten“, so heißt dies nichts anderes, als dass sich die Dinge bis zum heutigen Tage nicht mehr „normalisiert“ haben.

Wie auch? Förderlich wäre es aus meiner persönlichen Sicht gewesen, Wirtschaftsakteure, die über die vergangenen Jahre gezeigt haben, nicht wirtschaften zu können, oder die viel zu hohe Risiken eingegangen sind, ihre Verantwortung selbst übernehmen zu lassen, indem man sie hätte Bankrott gehen lassen.

Diese Bankrotte, wie im Fall von großen Banken, hätten staatlich flankiert werden können, um die größte finanzielle Not der Beschäftigten zu lindern, und toxische Finanzprodukte in staatliche Bad Banks auszulagern.

Anstelle von staatlichen Bailouts zugunsten von Konzernen in Privathand hätte der Staat vielleicht eher Kapital zur parallelen Gründung von neuen Banken mit sauberen Bilanzen zur Verfügung stellen sollen, um im selben Atemzug Aktionäre von de facto bankrotten Einheiten ihre Haircuts hinnehmen zu lassen.

Finanzsystem zunehmend instabiler

Auch Bondinvestoren wären in vielerlei Fällen nicht sonderlich gut weggekommen, und ja, es wären einige sehr schwierige Jahre gewesen, die es seit jener Zeit aus gesellschaftlicher Sicht zu durchleben gegeben hätte, doch letztendlich wäre zumindest die Möglichkeit im Sinne einer echten System(schulden)bereinigung gewahrt worden.

Menschen, die gut wirtschaften können, hätten nur auf eine solche Chance gewartet, um werthaltige Vermögenswerte von in die Pleite rasselnden Unternehmen günstig aufzukaufen und in die eigenen Aktivitäten zu integrieren.

Diese Chance wurde über die vergangene Dekade vertan, da es Politik und Zentralbanken augenscheinlich wichtiger gewesen ist, ihre „Buddies“ in der Finanzwelt sowie deren Bond- und Aktienhalter aus deren zuvor selbst verursachten Problemen herauszukaufen.

Resultat ist mit einem zeitlichen Verzug von etwas mehr als zehn Jahren, dass wir nun angesichts eines zuvor niemals vorstellbaren Moral Hazard auf eine „Alles-Blase“ blicken, während das gesamte System nicht stabiler, sondern immer instabiler geworden ist.

Darauf deutet unter anderem auch die schnelle Abfolge von neuen Krisen innerhalb der letzten Dekade hin, allen voran seien hier die Euro(schulden)-Krise, die Zypern- und Griechenland-Krise, die Repomarkt-Krise sowie eine sich verewigende Notwendigkeit zur elektronischen Gelderzeugung durch alle großen Zentralbanken genannt.

Von der weltweiten Zinsentwicklung ganz abgesehen. Milliarden von Erdenbürgern haben es mehr als zehn Jahre hingenommen, sich einer finanziellen Repression ausgesetzt zu sehen, nur um Banken und in Finanzschieflage befindlichen Konzernen – sowie deren Aktien- und Bondhaltern – mittels Steuergeldern unter die Arme zu greifen und diese „stabil“ zu halten.

Selbstverständlich schlägt diese Entwicklung auch schon längst auf die allgemeine Stabilität der Rentensysteme in den westlichen Industrieländern durch. Eigentlich alles Bewährte wurde und wird auf dem Altar einer „Rettung“ von sogenannten „systemisch wichtigen Konzernen“ geopfert, was nur bedeutet, die Quittung für diese Politik eben zu einem späteren Zeitpunkt – dafür jedoch höchst wahrscheinlich in einem noch viel krasseren Ausmaß als es hätte sein müssen – präsentiert zu bekommen.

Ein Blick auf die Eurozone

Blicken wir nur auf die Eurozone, so ist jedem aufmerksamen Beobachter mittlerweile sonnenklar, dass die sogenannten und auf einer Aufnahme von noch mehr staatlichen Schulden basierenden „Rettungsaktionen“ zugunsten einer überschaubaren Clique von Akteuren lediglich dazu geführt haben, ein Zombie-Bankensystem in der Eurozone entstehen zu lassen, das selbst dem lauesten Lüftchen irgendwann nicht mehr standhalten wird.

Was hätte sich mit den Multi-Billionen Euros, US-Dollars, Pfunds und Yens alternativ anstellen lassen, wenn die Verursacher der heutigen Probleme zumindest partiell an den entstandenen „Systemrettungskosten“ (auch durch Pleiten) beteiligt worden wären! Gewiss eine ganze Menge im Sinne der Allgemeinheit.

Doch allgemeine Prosperität und ein Verfolgen von Interessen der Allgemeinheit – heißt der Steuerzahler aller Länder – scheinen seit vielen Jahren aus dem Fokus der Politik geraten zu sein. Darauf wundern sich etablierte „Volksparteien“ dann, wenn politische Populisten und politische Splittergruppen immer größere Bevölkerungsteile von deren auf Dauerkritik am bestehenden System basierenden Äußerungen und Forderungen zu überzeugen wissen.

Warum liegt die Union in Deutschland laut aktueller Umfragen rund drei Wochen vor den Bundestagswahlen bei gerade noch einem Zustimmungswert von 19 Prozent? Vielleicht könnte es etwas damit zu tun haben, dass Kanzlerin Merkel in vielerlei Bereichen eine Wüste hinterlässt, was vor allem auch aus Sicht ihrer Partei gilt, die neben Angela Merkel keine starken Führungspersönlichkeiten, die jetzt in deren Fußstapfen treten könnten, geduldet hat.

Russische Zentralbank: Globale Verschuldung als Ursache neuer Finanzkrise

Wie dem auch sei, zurück zur russischen Zentralbank, die vor wenigen Tagen einen neuen Berichtsentwurf mit dem Titel Monetary Policy Guidelines veröffentlicht hat. Aus diesem Bericht geht hervor, dass die Weltwirtschaft in eine ähnliche Krise zu schlittern drohe wie damals in den Jahren 2008 und 2009.

Hauptgrund hierfür sei eine bedeutsame Zunahme der globalen Verschuldung, allen voran unter staatlichen Akteuren, sowie eine zunehmende Anzahl von Unternehmen, die über nur noch schwache Bilanzbücher verfügten und zudem finanziell nicht gesund seien. Heißt für mich übersetzt: Würden beispielsweise Fed und/oder EZB die Zinsen anheben – aus welchen Gründen auch immer, stünden diese Unternehmen wahrscheinlich unmittelbar vor dem Umfallen.

Grundlage des Berichtsentwurfs der russischen Zentralbank sind vier Basisannahmen, die von der Vermeidung einer erneuten Rezession (Szenario Eins) bis hin zum Ausbruch einer neuen Finanzkrise samt eines damit einhergehenden Weltwirtschaftszusammenbruchs reichen (Szenario Vier).

Während das zweite Szenario auf einer Verschlimmerung der Pandemie, mit welcher ein bedeutsamer Abschwung der Weltwirtschaft einhergehen würde, basiert, sieht das dritte Szenario zwar eine Verbesserung der allgemeinen Pandemielage vor, während die im Verlauf der letzten achtzehn Monate zur Bekämpfung der Pandemiefolgen ergriffenen Maßnahmen allerdings zu einem empfindlichen Anstieg der Inflation führen würden.

Ein Eintreten des vierten Szenarios bezeichnet die russische Zentralbank als potenziell schlimmste aller denkbaren Annahmen. Denn in diesem Fall würde eine „Normalisierung“ der Geldpolitik in den Industrieländern mit instabilen Dynamiken an den Finanzmärkten einhergehen. Resultat wäre ein Mangel an Vertrauen in die Systembestandsfähigkeit unter Investoren (und Spekulanten).

Russischer Leitzins auf Niveau der Inflation

Nicht von ungefähr hat die russische Zentralbank ihren Leitzins seit März auf 6,5 Prozent angehoben, was in etwa das Niveau der momentan offiziell ausgewiesenen Inflationsrate in der Russischen Föderation widerspiegelt. Anders als in den USA oder der Eurozone, wo die Realzinsen (Nominalzinsen abzüglich der offiziell ausgewiesenen Inflation) auch weiterhin dick im Minus notieren, hat die Bank of Russia durch die zuletzt erfolgten Zinserhöhungen in etwa mit der offiziell ausgewiesenen Inflation gleichgezogen.

Auf diese Weise hofft Zentralbank-Gouverneurin Nabiullina nicht nur die Sparer im System, und somit dem Rubel zu halten, sondern auch die allgemeine Kreditaufnahmebegeisterung an den heimischen Märkten zu minimieren. Nach wie vor verfolgt die russische Notenbank das Ziel, die heimische Inflation auf Werte um vier Prozent herunterzubringen.

Zumindest blickt der russische Staat – anders als eigentlich fast alle westlichen Pendants – auf eine nur geringe Staatsverschuldung. Darüber hinaus sind Russlands ausländische Währungs- und Goldreserven bis Anfang September auf ein neues Rekordhoch von umgerechnet 618,1 Milliarden US-Dollar geklettert.

Seit August sind diese staatlichen Reserven um etwas mehr als siebzehn Milliarden US-Dollar – oder knapp drei Prozent – angestiegen. Hierzu gehören neben Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds unter anderem auch andere hoch liquide Vermögenswerte wie ausländische Währungen sowie physische Goldbestände.

Trotz jenen durch die Corona-Krise verursachten Auswirkungen – und dem im Jahr 2020 zu beobachtenden Absturz der Rohölpreise – sind die Währungs- und Goldreserven der Russischen Föderation im vergangenen Jahr umgerechnet um mehr als vierzig Milliarden US-Dollar angestiegen, wie die Zentralbank mitteilte.

Ein wenig überraschend ist diese Entwicklung schon, da sich die russische Regierung, ähnlich wie deren Pendants in den westlichen Industrieländern, dazu gezwungen sah, heimische Unternehmen und Arbeitskräfte finanziell zu unterstützen, um das vergangene Jahr so weit wie möglich unbeschadet zu überstehen.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Behalten Sie diese Warnungen im Hinterkopf. Auch George Soros hatte erst kürzlich vor dem möglichen Ausbruch einer neuen Finanzkrise (mit Blick auf die Volksrepublik China) gewarnt. Im Fall von Soros bin ich mir allerdings nicht darüber sicher, inwieweit hier Wunsch und Wirklichkeit im Einklang miteinander stehen.

Seien Sie trotz allem ein wenig vorsichtig. In der Vergangenheit war es häufig so gewesen, dass sich die leichtesten Gewinne in der Mania-Phase relativ kurz vor dem Platzen einer Blase erzielen ließen. Dieser Punkt könnte erreicht oder vielleicht schon überschritten sein.

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