Das Jahr 2017 hat sich für den amerikanischen stationären Einzelhandel erwartungsgemäß als verheerendstes Insolvenzjahr seit der globalen Finanzkrise vor zehn Jahren erwiesen. Die Filialschließungen und Insolvenzen unter großen Ketten haben im vergangenen Jahr sogar neue Allzeitrekorde aufgestellt.

Billiges Geld für Geister-Malls

Verwunderlich ist dies nicht, wenn man bedenkt, zu welchen Bausünden es vor Ausbruch der Finanz- und Immobilienkrise in den Vereinigten Staaten gekommen war. Das lange Zeit zu billige Geld, das die Federal Reserve den Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt hatte, floss damals zu einem guten Teil in eine massive Expansion von Malls, Einkaufszentren & Co.

Resultat ist, dass die USA trotz des anhaltenden Insolvenz-Tsunamis im stationären Einzelhandel noch immer auf teils enorme Überkapazitäten im Verkaufsflächenangebot blicken – und dies selbst mehr als zehn Jahre nach Beginn des Bereinigungsprozesses.

Insolvenzwelle soll trotz gutem Weihnachtsgeschäft weiter rollen

Bei der Firma Cushman & Wakefield sieht man sich auch im Hinblick auf das neue Jahr nicht dazu veranlasst, dem stationären Einzelhandel in den USA eine bessere Perspektive in Aussicht zu stellen. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass sich auch das Jahr 2018 als ein weiteres von Härten geprägtes Jahr für den Sektor erweisen wird.

Im laufenden Jahr könnte es gut und gerne zu noch mehr Insolvenzen und strategischen Filialschließungen kommen als im Insolvenzrekordjahr 2017, so Cushman & Wakefield. Dabei habe sich das Weihnachtsgeschäft in den USA erstmals seit vielen Jahren endlich wieder einmal als hervorragend erwiesen.

Wer die jüngst übermittelten Daten des Kreditkartenanbieters Mastercard zugrunde lege, die auf einen knapp 5%igen Umsatz- und Verkaufsanstieg in der wichtigsten Konsumsaison des Jahres hinweisen, komme nicht umhin, diese Zunahme als größten Anstieg seit dem Ende der letzten Rezession im Juni 2009 zu bezeichnen.

Wenn die Schlüsselhändler ausfallen, wird’s heftig

Diese Entwicklung werde sich im ersten und zweiten Quartal des neuen Jahres jedoch nicht fortsetzen, wie man sich bei Cushman & Wakefield überzeugt zeigt. Vielmehr beginne sich abzuzeichnen, dass es im Laufe des Jahres wahrscheinlich zu einer noch nicht einschätzbaren Anzahl von Bankrotten unter Schlüsselanbietern im amerikanischen stationären Einzelhandel kommen dürfte.

Im vergangenen Jahr reichten 36 große Filialketten in den Vereinigten Staaten einen Insolvenzantrag ein. Erfreulich wäre es, wenn diese Anzahl im laufenden Jahr nicht noch einmal erreicht würde. Veritable Gefahren drohten hingegen aus einer anderen Ecke. Falls nämlich Schlüsselhändler wie Sears das Zeitliche segnen sollten, würden sich die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Gesamtmarkt nochmals intensivieren.

Mehr als 4000 Filialschließungen für 2018 prognostiziert

In diesem Fall wäre nämlich allein bei einem Anbieter mit dem potenziellen Untergang von zusätzlichen knapp 600 Filialen im ganzen Land zu rechnen. Mit Vorbehalten werden bei Cushman & Wakefield auch Wettbewerber wie Macy´s,  Bon-Ton, J.C. Penney und Dillard´s beobachtet.

Es ließe sich keineswegs ausschließen, dass das Land einer Schließung von mehr als 1.000 Filialen im amerikanischen stationären Einzelhandel auch im Jahr 2018 ins Auge blicken könnte. Die prognostizierte Gesamtanzahl beläuft sich sogar auf mehr als 4.000 Einzelhandelsfilialen, da der anhaltende Siegeszug des Internethandels noch weit mehr Opfer zur Folge haben dürfte.

Was passiert mit den großen Einkaufszentren?

Die Amerika seit 2016 erschütternde Filialschließungswelle würde sich somit auch im Jahr 2018 nahtlos fortsetzen. Einmal ganz davon abgesehen, welche Implikationen eine solche Entwicklung für eine Aufrechterhaltung des Betriebes von großen Einkaufszentren und Shopping Malls nach sich ziehen würde.

Die Betreiber von vielen dieser Einkaufszentren sehen sich bis über beide Ohren in Schulden, deren Bedienung und Rückzahlung immer unwahrscheinlicher wird, wenn die Auslastungs- und Vermietungsquote unter Geschäften und Filialen unter eine bestimmte Schwelle rutscht.

Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, werden die in großen Einkaufszentren aktiven Kinobetreiber ihre Ticketpreise im laufenden Jahr teils deutlich anheben. Auch dies sind keine sonderlich guten Aussichten im Hinblick auf die diesjährige Frequentierung von Shopping Malls und Einkaufszentren, da Kinogänger ihre Besuche in 2018 einschränken dürften.

Schwächeres Jobwachstum und steigende Zinsen tragen sicher nicht zur Entlastung bei

Ein Hoffnungsschimmer resultiert aus der Tatsache, dass Mastercard vor kurzem einen Rekordanstieg der amerikanischen Konsumausgaben im abgelaufenen Weihnachtsgeschäft auf mehr als $800 Milliarden bekannt gegeben hatte. Immerhin beläuft sich der Anteil des Weihnachtsgeschäfts an den jährlichen Gesamtabsätzen des stationären Einzelhandels in den USA auf rund 40%.

An den Finanzmärkten wird damit gerechnet, dass die Federal Reserve ihren Leitzins im März abermals um einen Viertelprozentpunkt anheben wird. Der zuletzt für den Monat Dezember publizierte Arbeitsmarktbericht deutete darauf hin, dass sich das Jobwachstum in den USA stärker als unter Analysten erwartet am Abschwächen ist.

Allein aus dieser Entwicklung könnten dem stationären Einzelhandel in den USA im laufenden Jahr Problem erwachsen. Einen Vorgeschmack könnte der Arbeitsmarktbericht des Bureau of Labour Service (BLS) liefern, aus dem hervorging, dass Amerikas Einzelhandel trotz saisonal gut laufender Geschäfte mehr als 20.000 Arbeitsplätze abgebaut hat.

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