Seit Mitte Mai haben Vermieter an den gewerblichen Immobilienmärkten (Commercial Real Estate Markets / CRE) in den Vereinigten Staaten Tausende von Fristverzugsschreiben an ihre Mieter, die unter einem ungesehenen Einbruch ihrer Laufkundschaft leiden, ausgesendet. Unter vielen dieser Mieter mangelt es an Cashflow und Absätzen, um den eigenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.

Ladengeschäfte werden „in Quarantäne“ genommen

Bezug auf Bloomberg nehmend, handelt es sich allen voran um Restaurants, Spezialanbieter, Textilgeschäfte, Filialgeschäfte und Einkaufszentren, die ihren Mietzahlungen auf breiter Front momentan nicht mehr nachkommen können. Einige Vermieter beklagen, nun schon seit drei Monaten (!) keine Mietzahlungen mehr erhalten zu haben.

Nicht nur unter Vermietern, sondern auch unter Mietern herrsche aus diesem Grund ein Klima der nackten Angst. Immer mehr Vermieter scheinen um Mietvertragskündigungen nicht mehr herumzukommen. Vermehrt werden Ladengeschäfte nun auch „in Quarantäne“ genommen und durch die Vermieter abgeriegelt, um sich unter Umständen am Inventar der CRE-Mieter gütlich zu tun.

Nicht mal die Hälfte der fälligen Mietzahlungen wurden geleistet

Zu den größten Pleitefällen zählten in letzter Zeit J. Crew, J.C. Penney, Neiman Marcus, Modell’s Sporting Goods, Stage Stores und der Autovermieter Hertz. Auch die Betreiber einer zunehmenden Anzahl von Filialketten halten ihre Mietzahlungen in verstärktem Ausmaß zurück.

Laut aktueller Schätzungen wurden fällige Mietzahlungen im Monat April in Höhe von rund 7,4 Milliarden US-Dollar nicht geleistet. Anders ausgedrückt, wurde gerade einmal 45 % aller fälligen Mietzahlungen in besagtem Zeitraum nachgekommen, wie aus einer jüngst angestellten Analyse der CoStar Group hervorgeht.

Insolvenzanträge im Unternehmenssektor nehmen zu

Einerseits geraten die Vermieter an den CRE-Märkten selbst unter einen immer stärkeren Druck, weil sie ausstehende Kredite nicht – oder nur noch in eingeschränktem Ausmaß – bedienen können. Andererseits mahnen Beobachter die Vermieter dazu an, eine Pause im Hinblick auf die Einleitung von rigorosen Maßnahmen gegenüber ihren Mietern einzulegen.

Falls nicht, so die Warnung, werde es zu noch mehr Bankrotten unter Mietern kommen. Am vergangenen Donnerstag teilte das American Bankruptcy Institute mit, dass die Pleitewelle im heimischen Unternehmenssektor im Monat Mai an Fahrt aufgenommen habe. Inzwischen sei die Anzahl der eingereichten Insolvenzanträge auf ähnliche Niveaus wie zu Zeiten der letzten Rezession zwischen den Jahren 2007 und 2009 geklettert.

Unter Bezugnahme auf neue Daten von Epiq Global sind an Amerikas Insolvenzgerichten im Verlauf des letzten Monats insgesamt 722 Insolvenzanträge nach Chapter 11 eingegangen, was einem Anstieg von 48 % im Vergleich mit jenen 487 Insolvenzanträgen im Mai des Vorjahrs entspricht. Auf Monatsbasis legten die Insolvenzanträge nach Chapter 11 um 28 % zu.

Die Anzahl der registrierten Insolvenzanträge war so hoch wie seit Mai 2011 nicht mehr. Damals litten Teile der amerikanischen Wirtschaft noch immer unter den Nachwehen der Finanz- und Bankenkrise.

Es trifft auch größere Unternehmen

Bei Bloomberg heißt es darüber hinaus, dass im Mai 27 Unternehmen, die über ausstehende Finanzobligationen von mindestens 50 Millionen US-Dollar verfügten, Insolvenz eingereicht haben. Auch in diesem Bereich wurde inzwischen das höchste Niveau seit jenen Zeiten der großen Rezession zwischen 2007 und 2009 erreicht.

Hier ein Vergleich: Im Mai 2009 war es unter insgesamt 29 großen Unternehmen zur Einreichung eines Insolvenzantrags gekommen. Seit Beginn des laufenden Jahres haben inzwischen 98 Unternehmen mit Verbindlichkeiten in Höhe von mindestens 50 Millionen US-Dollar Insolvenz angemeldet.

Zombifizierung nach japanischem Vorbild ist in vollem Gange

Seitens einer Reihe von Rechtsexperten wird der US-Kongress inzwischen darum ersucht, die Anzahl der Insolvenzrichter im gesamten Land aufzustocken, um mit einem vorhersehbaren Anstieg der Insolvenzanträge zeitlich klar zu kommen. Hieran ändere auch eine zunehmende Aufhebung von Ausgangssperren in weiten Teilen der USA nichts.

Ein Bereich, der unter langfristigen, wirtschaftlichen Problem leiden wird, ist der Hotelsektor. Diese Entwicklung werde, so Beobachter, den gewerblichen Immobilienmarkt noch stärker in Mitleidenschaft ziehen. US-Insolvenzanwalt James Conlan von der Kanzlei Faegre, Drinker Biddle & Reath wird mit den Worten zitiert, dass es nicht nur in den USA, sondern weltweit zu einer außergewöhnlich hohen Anzahl von Insolvenzanträgen unter großen Unternehmen kommen wird.

Inzwischen hat die Federal Reserve Unternehmen in den USA dazu aufgefordert, noch mehr Schulden aufzunehmen, um den eigenen Betrieb aufrechtzuerhalten. Eine Zombifizierung der amerikanischen Wirtschaft nach japanischem Vorbild ist damit in vollem Gange. Es braucht nur zu einem weiteren Schock, der einen noch stärkeren Rückgang der Cashflows, Verkäufe und Einnahmen auslösen würde, zu kommen, um eine noch stärker wachsende Anzahl an Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb am seidenen Faden hängt, in die Insolvenz zu schicken.

Auf der einen Seite wachsen die Schulden – auf der anderen Seite können sie nicht mehr bedient werden…

Über eine gute Bonität verfügende Unternehmen haben in den USA seit dem Beginn dieses Jahres inzwischen mehr als eine Billion US-Dollar an neuen Schulden aufgenommen, was einer rekordhohen Geschwindigkeit entspricht. Finanziell schwächere Firmen konnten sich diesen „Luxus“ allerdings nicht leisten, nachdem deren Einnahmen nahezu zu einem Stillstand gekommen sind.

Die Folge? Ausstehende Schulden können nicht bedient werden, die Einreichung eines Insolvenzantrags wird immer wahrscheinlicher. Insolvenzexperten warnen davor, dass Unterstützungsprogramme der US-Regierung wie PPP Ende Juli auslaufen werden, was darauf schließen ließe, dass sich die Insolvenzen bis Jahresende nicht abschwächen werden. Und nicht nur Unternehmen seien hiervon betroffen, sondern in zunehmendem Maße auch private Haushalte.

Diese Zusammenfassung für CK*wirtschaftsfacts basiert auf einem Bericht auf der Seite des Finanzblogs Zerohedge, der inhaltlich durch Roman Baudzus ergänzt wurde.

„Was heißt das für mich konkret!?“

Konkret heißt das, dass Hoffnungen auf eine V-förmige Erholung ab dem dritten Quartal maßlos übertrieben sind, worauf auch eingehende Konjunkturdaten und die aktuellen Entwicklungen in den USA hindeuten. Vielerorts haben Geschäftsinhaber ihre Geschäfte zudem schon wieder „verrammelt“, diesmal nicht aufgrund eines Coronavirus-Lockdowns, sondern aus Angst vor Zerstörung und Vandalismus durch gewaltbereite Protestler. Unter dieser Prämisse lässt sich inzwischen auch eine W-förmige Erholung nahezu ausschließen, womit nur ein U und das allseits gefürchtete L bleiben. Es ist schwer, im aktuellen Umfeld Voraussagen über den weiteren Verlauf zu treffen. Unternehmen, die reihenweise ihren Ausblick canceln, legen Zeugnis hierüber ab.

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